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Liam Firmager porträtiert in seinem Dokumentarfilm „Suzi Q“ die Rocksängerin Suzi Quatro – und zeigt eine facettenreiche Künstlerin, in deren Leben nicht alles geradlinig und konventionell verlief.

Suzi Q (2019)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Einfach nur Rock

Cherie Currie, Ex-Mitglied der Band The Runaways, bringt es gleich zu Beginn des Dokumentarfilms „Suzi Q“ auf den Punkt, wenn sie feststellt, dass die Kids von heute Suzi Quatro nicht mehr kennen würden: „That’s a shame – because they should!“ Denn Quatro war nicht nur die erste Bassistin, die ein echter Rockstar wurde und seit 1973 weltweit mehr als 55 Millionen Platten verkauft hat; sie ist auch eine Künstlerin, die viele Widersprüche auf interessante Weise in sich vereint.

Dies zeigt sich etwa in ihren Auftritten in der Familien-Sitcom Happy Days zwischen 1977 und 1979: Dort war sie – in einer der mainstreamigsten TV-Produktionen der damaligen Zeit – als Musikerin Leather Tuscadero zu sehen und war dabei, wie ihr Co-Star Henry Winkler anmerkt, stets glaubwürdig. Im Laufe ihrer Karriere brachte sie, etwa an der Seite ihres musikalischen Kollegen Alice Cooper, den Rock ’n’ Roll mit vermeintlich biederen Formaten wie besagter US-Comedyserie oder dem Musical zusammen. Quatro spielte auf Rockkonzerten mit ebensolcher Leidenschaft wie auf einer Fernseh- oder Theaterbühne. Und sie nahm ihren Job immer sehr ernst. Musikerin beziehungsweise Künstlerin zu sein, bedeutete für sie nicht (Drogen-)Absturz und Ausschweifung, sondern die Erfüllung ihres Traums. Sie habe dafür den Großteil ihrer Jugend geopfert, sagt Quatro in einem TV-Interview auf der Höhe ihres Erfolges.

Liam Firmager widmet sich all dieser Ambivalenz in seinem dokumentarischen Porträt Suzi Q, indem auch er Widersprüche in der Darstellung des Lebens von Suzi Quatro zulässt. Etwa wenn es um deren Verhältnis zu den Schwestern Patti und Nancy geht. Mitte der 1960er Jahre hatte Patty die Garage-Rock-Band The Pleasure Seekers gegründet, in der Suzi sang; später wurde die Band in Cradle umbenannt und nahm Nancy als Sängerin auf. Als sich der Londoner Produzent Mickie Most die Band anhörte, bekundete er Interesse an einer Zusammenarbeit – allerdings nur mit Suzi. Firmager lässt bei der Schilderung der Ereignisse alle drei Frauen zu Wort kommen. Wir sehen, wie sich das Trio in einer aktuellen Aufnahme umarmt, hören in den Interview-Statements aber auch, dass die Vorkommnisse von damals Narben hinterlassen haben. Hier wird nichts beschönigt und glattgebügelt. Das familiäre Dasein, das die 1950 geborene Quatro im Detroiter Vorort Grosse Pointe zurückgelassen hat, um nach England zu gehen und schließlich ein Leben als Rockstar auf Tournee zu führen, ist nicht ohne Risse geblieben.

Und doch ist Suzi Q kein Film, der nur von Reue erzählt. Ganz im Gegenteil: Er demonstriert, dass Quatro insbesondere für andere Frauen, die es ins Musik-Business zog, eine Inspiration war (und nach wie vor sein sollte, wie Currie zu Recht einwirft). Firmager hat zahlreiche bekannte Gesichter – von Currie, Cooper und Winkler bis hin zu Joan Jett und Debbie Harry – vor die Kamera geholt; zu den Talking Heads des Werks gehören konsequenterweise auch zwei Mitglieder der Talking Heads. Es gelingt dem Film, einige entscheidende Momente in Quatros Werdegang prägnant wiederzugeben – so zum Beispiel das erste Fotoshooting, bei dem sich die junge Musikerin in ihrer Lederkluft zeigte und so zu ihrem individuellen Look fand. Man kann Currie – wenn man nicht vorher schon davon überzeugt war – am Ende des Films nur zustimmen: (Auch) die jungen Leute sollten Quatro kennen; sie ist ein verdammt cooles Vorbild!

Suzi Q (2019)

Biopic über die Rocklegende Suzie Quatro.

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