Stealing Klimt

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Streit um die Bilder

Adele Bloch-Bauer ist die einzige Frau, die gleich zweimal von Gustav Klimt (1862–1918) porträtiert wurde. Diese beiden Jugendstil-Porträts zählen heute zu den berühmtesten und teuersten Kunstwerken der Welt. Die Wiener Jüdin Adele und ihr Mann Ferdinand Bloch-Bauer zählten seinerzeit zu den wichtigsten Förderern von Klimt. Die Bilder, die sich bis 1938 im Besitz der Bloch-Bauers befanden, wurden von den Nazis konfisziert. Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden sie ihren Weg in die Österreichische Galerie zu Wien, wo sie bis vor einem Jahr noch hingen. Und das würden sie sicher heute noch, hätte nicht eine der Bloch-Bauer Erben, die in Wien geborene und in Hollywood lebende Maria Altmann, einen bitteren Rechtsstreit gegen die Österreichische Regierung gewonnen.
Mit diesem Rechtsstreit, aber auch mit der Familiengeschichte der Bloch-Bauers setzt sich der Dokumentarfilm Stealing Klimt von der britischen Regisseurin Jane Chablani auf eindrucksvolle Art und Weise auseinander. Die detailreiche Dokumentation ist eine Zeitreise in das multikulturelle Wien um 1900 und in die traumatischen Jahre der Naziherrschaft, in denen die wohlhabende jüdische Familie Bloch-Bauer verfolgt und enteignet wurde. Die im Film porträtierte Maria Altmann ist einer der Nichten von Adele und Ferdinand Bloch-Bauer. Während des Krieges gelang ihr die Flucht über England nach Amerika. Seit vielen Jahren versucht sie die Klimt-Bilder aus dem Besitz ihres 1945 verstorbenen Onkels vom österreichischen Staat zurückzufordern. Dabei handelt es sich um insgesamt fünf Bilder, darunter die berühmten Porträts "Adele Bloch-Bauer I" und "Adele Bloch-Bauer II". Vor ihr lag ein langer und zäher Kampf, der schließlich 2006 vor einem Schiedsgericht endete.

Durch ihren Mut und ihre Hartnäckigkeit hat es die über 90-jährige Erbin Maria Altmann schließlich geschafft, die Rückgabe der Gemälde von der österreichischen Regierung zu erwirken. Da der Wert der fünf Bilder von Sachverständigen auf rund 300 Millionen Dollar geschätzt wurde, sah sich Österreich nicht in der Lage, die Bilder für die Österreichische Galerie zu kaufen. Alle fünf Bilder wurden in die USA gebracht und bei einer von Christie's-Auktion an verschiedene Privatsammler versteigert. Das Traurige daran: Bisher ist nur die "Goldene Adele" ("Adele Bloch-Bauer I") der Öffentlichkeit in der Neuen Galerie in New York City zugänglich. Der US-Unternehmer und Kunstmäzen Ronald S. Lauder hatte das Bild im Juni 2006 für 135 Millionen Dollar ersteigert. Der Rest hängt in den Stuben privater Sammler, verborgen den Augen der kunstinteressierten Öffentlichkeit.

Der Film räumt den Aussagen der Erbin Maria Altmann den meisten Raum ein, aber auch Rechtsanwälte, Kunsthistoriker und Journalisten melden sich zu dem Fall zu Wort. Für die österreichische Seite wollte sich niemand für Interviews zur Verfügung stellen, umso dunkler fällt das Licht auf den Gegner, umso einseitiger ist letztendlich auch die Darstellung des gesamten Rechtstreits und kann daher nur als eine einseitige Annäherung an einen Justizkrimi der Nachkriegszeit gesehen werden. Dennoch bleibt Stealing Klimt solides Dokumentarfilmkino: aufklärerisch, investigativ und informativ.

Jane Chablani ist eine preisgekrönte Dokumentarfilmerin. Sie hat sich in den vergangenen zwölf Jahren mit zahlreichen Fernseh-Dokumentationen einen Namen gemacht. Zu ihren hierzulande bekannteren Arbeiten zählen die einteilige Rekonstruktions-Dokumentation Pyramid (2002), The Pharaoh’s Revenge: Egypt’s Lost Treasure (2004) beide für Discovery Channel und Seconds from Disaster: Zeebrugge Ferry Disaster (2005) für den National Geographic Channel.

Stealing Klimt

Adele Bloch-Bauer ist die einzige Frau, die gleich zweimal von Gustav Klimt (1862–1918) porträtiert wurde. Diese beiden Jugendstil-Porträts zählen heute zu den berühmtesten und teuersten Kunstwerken der Welt.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen