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In ihrer Romanverfilmung „Das Zimmer der Wunder“ schickt Lisa Azuelos eine Mutter auf eine ungewöhnliche Mission zur Rettung ihres Sohnes.

Das Zimmer der Wunder (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Aktion Wunscherfüllung

Oft erzählt das Kino von den unmöglich erscheinenden Dingen, die Eltern zu tun bereit sind, um ihre Kinder zu retten. Dies kann in Form eines Melodrams geschildert werden, wie in George Millers „Lorenzos Öl“ (1992), oder als Thriller, wie in Pierre Morels96 Hours“ (2008), oder als animierte Komödie, wie im Pixar-Abenteuer „Findet Nemo“ (2003).

Auch die französische Regisseurin Lisa Azuelos widmet sich in ihrem neuen Film Das Zimmer der Wunder diesem Thema. Das Drehbuch von Juliette Sales und Fabien Suarez basiert auf dem gleichnamigen Roman von Julien Sandrel aus dem Jahr 2018. Im Mittelpunkt steht die alleinerziehende Thelma (Alexandra Lamy), deren Sohn Louis (Hugo Questel) eines Morgens durch einen LKW von seinem Skateboard gerissen und dabei schwer verletzt wird. Fortan liegt der Jugendliche im künstlichen Koma; sein Zustand wird als kritisch eingestuft.

In seinem Zimmer entdeckt Thelma ein Notizheft mit Zeichnungen, in dem Louis eine Liste mit Dingen angefertigt hat, die er „vor dem Ende der Welt“ erledigen will. Zu diesen Punkten gehört, sich bei seiner Mitschülerin Amara (Clara Caneshe) zu entschuldigen. Zudem wolle er erfahren, wer sein Vater ist. Und er träume davon, sein Skateboard von einem berühmten Manga-Zeichner signieren zu lassen. Thelma fasst den Entschluss, diese Wünsche peu à peu zu erfüllen und Louis davon zu berichten, um an dessen Lebenswillen zu appellieren.

Während sich einige Punkte auf der Liste recht leicht abhaken lassen, erweisen sich andere als deutlich schwieriger und aufwendiger. So lebt beispielsweise besagter Manga-Künstler gänzlich abgeschieden in Japan. Thelma reist fortan für ihren Sohn durch die Welt; neben Japan zählen Portugal und Schottland zu den Zielen.

Azuelos, die sich in ihren (bisher auch selbst geschriebenen) Werken, etwa LOL (2009) und Ausgeflogen (2019), schon häufiger mit Mutter-Tochter-Beziehungen auseinandergesetzt hat, zeigt hier nun eine innige Verbindung zwischen Mutter und Sohn. Zu Beginn wird glaubhaft der Alltag von Thelma und Louis eingefangen. Louis wehrt sich gegen das Mobbing auf dem Schulhof und bekommt Ärger dafür; Thelma arbeitet in einer Lagerhalle und hofft, sich beruflich weiterentwickeln zu können, indem sie Englisch lernt. In den Sequenzen im Krankenhaus wird wiederum eine kammerspielartige Atmosphäre aufgebaut, die von Alexandra Lamys einfühlsamer Performance lebt.

Die Inszenierung schwankt zwischen realitätsnahen Momenten und märchenhaften Motiven. Insbesondere wenn Thelma auf Reisen geht, hält das Surreale Einzug. Dass das Ganze nicht ins Kitschige abdriftet, ist neben Lamys Interpretation auch den Nebenfiguren und dem dadurch entstehenden filmischen Kosmos zu verdanken. Von der patenten Großmutter Odette (Muriel Robin) über den Dauerstudenten Étienne (Xavier Lacaille), der gelegentlich auf Louis aufpasst, bis zu den Pflegekräften im Krankenhaus – sie alle tragen dazu bei, Das Zimmer der Wunder zu einer runden Geschichte mit viel Empathie zu machen.

Das Zimmer der Wunder (2023)

Es reicht ein Schicksalsmoment, um alles im Leben zu verändern – das erfährt Karrierefrau Thelma (Alexandra Lamy) am eigenen Leib, nachdem ihr Sohn nach einem Unfall ins Koma gefallen ist. Als sie das Tagebuch ihres Sohnes findet, der eine Liste geschrieben hat mit „10 Dingen, die zu tun sind, bevor die Welt untergeht“, beginnt sie, diese nach und nach abzuarbeiten, in der Hoffnung, ihren Sohn ins Leben zurück zu holen, indem sie ihm davon erzählt.

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