Meanwhile in Mamelodi

Eine Filmkritik von Kirsten Kieninger

Fußball und Family Business

Solche Protagonisten muss man erst einmal finden: sympathisch und unbefangen vor der Kamera, mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen und Witz ausgestattet und mit einer Geschichte, die es sich zu erzählen lohnt. Regisseur Benjamin Kahlmeyer hat sie gefunden: in der Extension 11 der Township Mamelodi in Pretoria. Und wenn „zufällig“ dort gerade auch noch die WM stattfindet, dann ist das ein guter Grund für Dreharbeiten in Südafrika – auch wenn es sich bei dem Filmprojekt „nur“ um den Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg handelt.
Die Rechnung ist im Falle von Meanwhile in Mamelodi voll aufgegangen, er wurde in den Deutschen Wettbewerb Dokumentarfilm in Leipzig eingeladen und hat dort das Premierenpublikum mit leichter Hand und verschmitztem Witz überzeugt.

Großen Anteil daran hat Protagonist Steven, der Familienvater, der mit Frau und Kindern in seinem kleinen Shack in Mamelodi lebt und als seine Lebensphilosophie „Business machen“ kundtut. Und „Business“ macht er unermüdlich: ob er neue Lampen an seiner kleinen Laden-Baracke anbringt, seine zwei Neffen zur Mitarbeit im Verkauf antreibt, über Expansion nachdenkt (vom „little business“ zum „little bit bigger business“) oder seine Familie samt pubertierender Tochter und mental kranker Frau managt.

Steven ist ein sympathisches Stehaufmännchen und seine 17-jährige Tochter Moskito kommt ganz nach ihm: Selbstbewusst sieht sie sich der neuen Post-Apartheid-Generation zugehörig. Gegen den Willen ihrer Familie, aber unterstützt von ihrem Vater, spielt sie Fußball. Sie geht aufs Gymnasium, will sich bis sie 21 ist noch von Jungs fernhalten und giggelt mit ihrer besten Freundin bei jeder Gelegenheit. Steven lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen, auch nicht durch die Tatsache, dass er seinen Kleinsten wegen einer ins Ohr gerutschten Perle ins Krankenhaus fahren muss. Das sind eben die kleinen Herausforderungen des Alltags, aus denen das Leben besteht. Und das Leben schert sich wenig darum, ob gerade Fußball-WM ist oder nicht.

Folgerichtig hat hat Regisseur Benjamin Kahlmeyer die Entscheidung getroffen, die WM nur nebenbei, am Rande, zum Thema das Films zu machen. Eher sogar gar nicht zum Thema, sondern nur zum (Zeit-)Rahmen, in dem seine Protagonisten glänzen können.

Man spürt das große Vertrauen, das dem Filmteam entgegengebracht wurde in der spielerischen Offenheit, die die Protagonisten vor der Kamera ausstrahlen und die der Regisseur auch für kleinere Inszenierungen und Verdichtungen genutzt hat, um beobachtete Situationen nochmals für die Kamera herzustellen. Diese Herangehensweise geht nahtlos in der spielerischen Leichtigkeit des Films auf, die Protagonisten (allen voran Steven) liefern wahre Kabinettstückchen vor laufender Kamera. Man schaut ihnen einfach sehr gern zu, unter anderem auch deshalb, weil die Bilder von außergewöhnlicher Strahlkraft sind, denn das Licht der südafrikanischen Wintersonne fließt fast surreal anmutend mit in die knalligen Bildkompositionen hinein.

Meanwhile in Mamelodi ist also kein Fußball-Film – obwohl er durchaus die Euphorie vermittelt, die während der WM in Afrika geherrscht hat und auch etliche Vuvuzelas aller Größen und Tonlagen zu Gehör bringt. Vielmehr ist dieser mitreißende Dokumentarfilm ein farbenprächtiges Kaleidoskop des südafrikanischen Township-Alltags, ein herzliches Portrait einer sehr sympathischen Familie und eine Hymne auf Leichtigkeit und Lebensfreude – unter allen Umständen.

Meanwhile in Mamelodi

Solche Protagonisten muss man erst einmal finden: sympathisch und unbefangen vor der Kamera, mit einer gesunden Portion Selbstvertrauen und Witz ausgestattet und mit einer Geschichte, die es sich zu erzählen lohnt. Regisseur Benjamin Kahlmeyer hat sie gefunden: in der Extension 11 der Township Mamelodi in Pretoria.
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