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„Feierabendbier“: So heißt die Kneipe von Magnus. Feierabendbier: Das ist ein volles Weizen-Glas, in das ein volles Schnapsglas versenkt wird. Feierabendbier: Das ist Ben Brummers grandioses Regiedebüt über die, die im „Feierabendbier“ ihr Feierabendbier trinken.

Feierabendbier (2018)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Kneipen-Slacker

Magnus hat einen Lebensmittelpunkt: Seine Kneipe. Und das vor allem deshalb, weil davor sein geliebter Mercedes steht, ein SEC von 1981. Im „Feierabendbier“ trifft er seine Freunde – sprich: seine Kunden. Mehr braucht er nicht. Meint er. Magnus wirkt total cool. Aber vielleicht ist er einfach nur missmutig.

Abends immer dabei: Manfred – Christian Tramitz, sozusagen der Star des Films –, ein selbsternannter Mystiker, der seine Tarotkarten sortiert oder auf einer Landkarte die psychogenetischen Kraftfelder der Obelisken von Deutschland einträgt. Ein Spinner? Sicher. Warum nicht. Der andere Kumpel: Dimi. Automechaniker und Gelegenheits-Philosophiestudent. Letzteres vor allem wegen der Weiber: Da sind lauter Studentinnen, alle auf der Suche … Nein, es ist keine Sexsucht. Sucht wäre ja, wenn man drunter leidet.

Magnus‘ Universum ist klein. Und Regisseur Ben Brummer füllt es voll aus. Mit Charakteren, die spleenig sind und ziemlich überdreht, aber eben nicht flach. Hinter jedem steckt irgendwas. Und ganz besonders hinter Magnus, dem lethargischen Barmann. Der hat Familie, die er nicht mehr besucht, er hat seine Gründe, die tief im Inneren stecken. Er hat viel verloren, nicht zuletzt wegen seines eigenen Verhaltens. Als dann sein geliebter Mercedes verschwindet, muss er in Aktion treten. Verfolgt diesen durchgeknallten Typen, der sich so sehr für den Wagen interessiert hat. Setzt seinen Freund Dimi ein – Ergebnis: Hausverbot im Swingerclub, für Dimi so was wie ein Todesurteil. Setzt diese nette Skulpturenkünstlerin ein, die Dimi mal angeschleppt hat – Ergebnis: Sie fängt was mit diesem blöden Autodieb an. Nebenbei erfährt er, dass seine Ex ihm den Sohn wegnehmen will, immerhin hat er ihn ein Jahr lang nicht besucht. Auf jeden Fall will er Bene schnappen, der ihm das Auto geklaut hat. Und vielleicht auch was mit Vivian anfangen, der Künstlerin. Und so geht in seinem wohlgeordneten, so schön heruntergedimmten Leben alles gehörig durcheinander. Und irgendwie erlaubt Magnus sich auch ein paar Einblicke in sein Innerstes.

Jetzt ist dies eine 1A-Slacker-Komödie. Das bedeutet: Sowas wie eine Moral, wie eine Charakterentwicklung, wie einen Glückspunkt als Perspektive am Horizont gibt es nicht. Erwartet auch keine der Figuren. Auch wenn sie Wünsche haben: Ficken, was das Zeug hält – das Paradies für Dimi. Oder dessen Chef, das Milchbubi, das die Autowerkstatt von den Eltern übernommen hat: Träumt von einer schwul-lesbischen Weltherrschaft. Und das Ganze wird garniert durch wahnsinnig witzige Dialoge – Manfred ist immer für einen Lacher gut mit seinem Eso-Quatsch, wenn der rückläufige Saturn die Scheiße dampfen lässt und Saturn uns fickt, dieser Oberficker von allen Planeten. Oder Vivian in der Kneipe, mit Magnus flirtend: „Ich wollte schon immer mal Sex mit einem haben, der am nächsten Tag tot ist.“ – „Probier’s doch mal im Altersheim.“

Ben Brummer hat dieses Gespür für Timing, für Charaktere, für die Atmosphäre der verlorenen Gestalten und kitzelt aus seiner quasi minimalen Handlung die maximale Dosis an Gags, an Entertainment und ja, auch an Gefühl heraus. Jeder will halt diese ganz besonderen Momente, und jeder hat vielleicht das Pech, sie im nächsten Moment kaputt zu machen. Magnus hat viele Gelegenheiten, am Rande seines Weges das eine oder andere Stück vom Glück zu finden. Und ab und zu, selten genug, bückt er sich auch danach.

Feierabendbier (2018)

Der Barkeeper Magnus (Tilman Strauß) lebt getrennt von seiner einstigen Freundin und dem gemeinsamen Sohn. Als sein Auto von Bene (James Newton) gestohlen wird, nimmt Magnus die Verfolung auf, geht dabei aber etwas zu weit. Die Designerin Vivian (Julia Dietze) und seine Kumpels Dimi (Johann Jürgens) und Manfred (Christian Tramitz) versuchen ihm zu helfen.

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