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Ein „Big Brother“-artiges Corona-Experiment: Im Gegensatz dazu fehlt’s dem kompetent inszenierten „Draußen brennt’s“ aber an Drama.

Draussen brennt's (2024)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Spaßversuche im Lockdown

Es ist das Frühjahr 2020, Lockdown, fünf junge Leute bilden eine Corona-WG. Elena schreibt, Mia singt, Matze malt, Toni ist Schauspielerin und Pauli albert hauptsächlich rum. Die fünf filmen sich gegenseitig, trinken, spielen Kinderspiele. Verstecken, Federball, auch mal Idiotenball – mit Toaster, Mülleimer, Staubsauger. Sie blödeln, bemühen sich um Spaß. Aber das ist sichtlich und spürbar nur ein Verdecken der großen Langeweile. Ein forciert fröhliches Miteinander. Nach Kräften zwingen sie sich zur Dauerparty. Um damit auch vor sich selbst die innere Leere zu verheimlichen, die durch die Macht von außen – Covid-19 – sich auszudehnen beginnt.

Man muss zunächst festhalten: Dies ist ein Spielfilm; es sind Schauspielerinnen und Schauspieler, die die Figuren darstellen. Dass der Film zu großen Teilen dokumentarisch wirkt, liegt daran, dass mit Improvisation gearbeitet wurde, dass Regie, Protagonisten und Kameramann das Drehbuch erarbeitet haben und dass immer wieder die filminterne, hauseigene Kamera zum Einsatz kommt, die die Fünf selbst in die Hand nehmen. Es liegt aber auch daran, dass eine spielfilmtypische Dramaturgie nicht stattfindet. Dass beobachtet wird, statt von außen eine Handlung aufzuerlegen. Dass hier – scheinbar – einfach fünf Freunde versuchen, sich die Zeit zu vertreiben. Dies scheint alles gegen die Fiktion zu sprechen.

Leider geht dem Film somit in weiten Teilen auch eine Dramaturgie ab. Nichts entwickelt sich, es passiert ja kaum etwas. Ein Spielfilm als Lockdown-Projekt im Gewand größtmöglicher Authentizität: Das bedeutet leider vor allem in der ersten Hälfte viel Gelaber, viel albernes Miteinanderherummachen, viel Sprechen, ohne etwas zu sagen – es wirkt, als würden wir eine Party beobachten, die schon eine Weile im Gange ist, mit zunehmend Angetrunkenen, die sich Insiderwitze erzählen. Und man selbst gehört nicht dazu.

Zwischendurch gibt es kleine ästhetische Einfälle – Zeitlupe-Tanzszenen, einen Homemade-Videoclip zum Homemade-Song „Sekt mit Mango“ – und gegen Ende setzt sich dann der Lagerkoller durch, die Genervtheit nimmt zu, die depressiven Verstimmungen. Erst jetzt setzt eine filmische Dynamik ein, zwischen der Fassade der gewollten Fröhlichkeit und der inneren Traurigkeit, die sich Bahn bricht gegen die immerwährende Ironie im Umgang mit den Mitbewohnern, gegen das freundschaftliche, aber letztlich oberflächliche Miteinander.

Klar: Was im Film zu sehen ist, wie die Darsteller*innen spielen, das wirkt äußerst echt. Aber letztlich zu echt, weil das Geschehen kaum gestaltet ist, weil der Film wenig über das hinausweist, was er zeigt. Weil das, was erzählt wird, genau das ist, was passiert, ohne größeren Mehrwert. Schließlich haben wir alle die Lockdowns durchlebt, und viele haben sie bewältigt, auf die eine oder andere Art. Hier sehen wir fünf Leuten zu, die dies auf ihre Weise versuchen. Auch insofern kommt der Film ungefähr drei Jahre zu spät – damals wäre er immerhin ein tagesaktueller Beitrag gewesen.

Ja, es wirkt alles echt. Und diese Echtheit muss man filmisch erst einmal herstellen. Insofern ist Draußen brennt’s ein Ausweis für die Fähigkeit von Ella Haas, ihre Protagonistinnen zu führen, die Authentizität zu inszenieren. Im Ganzen aber wirkt der Film doch eher wie eine Art „Big Brother“-Variante in low budget, nur ohne quotenbedingt aufgepeitschte Konflikte.

Gesehen beim Festival Max Ophüls Preis 2024.

Draussen brennt's (2024)

Frühling 2020. Während sich die Welt im Lockdown befindet, beschließen die Freund:innen Toni, Mia, Matze, Pauli und Elena, sich in Paulis leerstehendem Elternhaus zu isolieren. Tatsächlich fühlt sich die erste Zeit in dem geräumigen Anwesen mit Garten fast unbeschwert an. Doch schon bald weicht die Euphorie der Langeweile – und Existenzängste und mentale Probleme belasten die Gruppe. Und so stehen die Fünf vor der Frage, ob die Isolation zur Stärkung oder zum Zerfall ihrer Freundschaft führen wird. (Quelle: Max Ophüls Preis 2024)

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Meinungen

Ingeborg Salomon · 25.01.2024

Das möchte ich sehr gerne sehen...klingt spannend!