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Garfield verlässt sein wohliges Zuhause. Statt Lasagne und Mitternachtssnacks zu genießen, muss der orange Kater einen Diebstahl begehen. Dabei lernt er seinen Vater kennen und erfährt endlich, was vor seiner Zeit als Hauskater geschehen ist.

Garfield - Eine Extra Portion Abenteuer (2024)

Eine Filmkritik von Niklas Michels

Eine Katze auf Umwegen

Eines Tages wird Garfield bei seinem Mitternachtssnack von zwei bedrohlichen Hunden entführt. Unerwartet triff er seinen lang verschwundenen Vater Vic. Es entpuppt sich: Hinter der Entführung steckt eine rachsüchtige Katze, welche Vic und Garfield auf eine Odyssee schickt. Ziel: ein Milch-Diebstahl. Daraus resultiert ein Abenteuer- und ein Heist-Film und vor allem eine Versöhnungsgeschichte zwischen Vater und Sohn. Doch erstmal müssen wir in die Vergangenheit – Garfields Backstory ist zu sehen. Hilflos wurde er von seinem Vater zurückgelassen; so scheint es zumindest. Er stolpert durch die dunkle Nacht und trifft Jon Arbuckle, seinen neuen Besitzer. 

Garfield ist ein Phänomen. Der 1978 gestartete Comicstrip hat ein simples Prinzip – vier Panels, zum Beispiel: Jon macht Essen; Garfield stiehlt es; Jon ist wütend; Garfield glücklich. Über Jahrzehnte baute sich aus diesen Bauklötzen einer der größten Comics der Welt. Währenddessen machte das Internet etwas völlig anderes mit dem Material. Garfield wurde zum symbolgewordenen Abziehbild der Popkultur, von Aneignung und Perversion, zur Projektionsfläche von Memes und Fan-Art, zu einem Studiumsstoff für Medien- und Kulturwissenschaftler*innen. Auf Reddit organisiert sich im Subreddit r/ImSorryJon eine gesamte Community, welche Garfield in ein fleischfressendes Monster, ein beinah Lovecraft‘sches Wesen verwandelt hat.

Von diesem unter dem Meeresspiegel treibenden Mythos der orangen Katze findet sich natürlich nichts im Film. Stattdessen präsentiert Regisseur Mark Dindal die Spitze des Eisbergs und rundet sie bis zur Unkenntlichkeit ab. Garfield ist ein Kinderfilm, der seine Pointen im Sekundentakt über die Erzählung verteilt wie ein TikTok-Feed.

Die Lasagne-verschlingende Katze verliert den Spaß am Luxus, als der Vater Vic in ihr Leben tritt. Im Verlauf des Abenteuers wandelt sich die Meinung des zurückgelassenen Katers. Aus Abneigung wird zuletzt doch Verzeihung. Diese übermäßige Inschutznahme nachlässiger Vaterfiguren ist zurzeit im Trend. Sowohl im Superhit Aftersun (2022) als auch in Georgie (2023) findet man ähnliche Versöhnungsszenen. Gerade im Kinderfilm sollten diese jedoch besser aufgefangen werden als in einem ewigen Rechtfertigungszyklus aus Ausreden, die schlussendlich lediglich mit Gleichgültigkeit verzogen werden.

Faszinierend ist der Humor des Films, nicht nur ob des Tempos. Catchphrases wie Garfields Hass auf Montage und seine Liebe zu Lasagne werden als leere Verweise in Dialogen platziert. Die tatsächlich gut-pointierten Gags sind wiederum allesamt situationell und unabhängig von den Klischees über die Hauskatze. Beinahe wirkt es wie aus Pflichtbewusstsein, dass auch die zu erwartenden Running Gags aus der Comicvorlage bedient werden. Zwar entsteht so ein Sammelsurium an charakteristischen Sprüchen, doch Garfield selbst ist kaum wiederzuerkennen. Die sonst so skrupellose Katze wird kinderfilmgerecht gezähmt. Außer seinem Appetit erkennt man kaum etwas wieder.

Positiv hervorzuheben ist die Spezifität und Lokalisierung der deutschen Sprachfassung. Nebencharaktere bekommen ulkige Dialekte verpasst und alles in allem macht der starbesetze Sprecher*innen-Cast aus zum Beispiel Hape Kerkeling und Anke Engelke einen famosen Job. Ebenso besitzen einige der auf den Diebstahl der Truppe fokussierten Szenen einen erfreulich antikapitalistischen Unterton, wenn aus einer familiengeführten Farm plötzlich ein stählernes Profit-Imperium wird, das erbarmungslos gegen seine Eindringlinge vorgeht. Die Metaphorik der ausgebeuteten Kuh als Quelle der Milch, welche nur noch Produktionsmittel ist, ist elegant gewählt.  

Doch abschließend holt der Film sich immer wieder durch seine Prämisse ein. Mittlerweile entstehen immer mehr kleine Animationsstudios, welche großartige und nicht zwingend Franchise–Filme produzieren. Ron läuft schief (2021) erzählt eine ähnliche Geschichte wie dieser Film, mischt jedoch noch eine Prise Technik-Kritik hinein und kommt dabei völlig ohne bekannte Charaktere aus. Selbiges gilt für den beeindruckenden Mars Express (2023), der zurzeit im Kino zusehen ist – jedoch an ein älteres Publikum gerichtet. Garfield – Eine extra Portion Abenteuer ist kein schlechter Film, doch wäre er paradoxerweise ein besserer ohne seine Garfield-Verpackung.

Garfield - Eine Extra Portion Abenteuer (2024)

Garfield, der weltberühmten Montage hassenden und Lasagne liebenden Wohnungskatze, steht ein wildes Abenteuer in der großen weiten Welt bevor. Nach einem unerwarteten Wiedersehen mit seinem lange verschollenen Vater – der struppigen Straßenkatze Vic – sind Garfield und sein Hundefreund Odie gezwungen, ihr perfektes Zuhause und verwöhntes Leben hinter sich zu lassen und Vic auf einem urkomischen Raubzug, bei dem für sie so einiges auf dem Spiel steht, zu begleiten.

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