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In „What Happens Later“ lässt Meg Ryan als Regisseurin und Hauptdarstellerin mit David Duchovny an ihrer Seite die Welt der Nineties-RomComs wieder aufleben.

What Happens Later (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Willa & Bill – schlaflos am Flughafen

Zu Beginn von „What Happens Later“ sehen wir CGI-Eiskristalle, die vom Himmel fallen und zu tänzeln anfangen. Schon hier wird deutlich: Dieser Film möchte uns in eine märchenhafte Welt entführen, in der dem Natürlichen immer auch etwas Magisches innewohnt. Wir befinden uns an einem US-Regionalflughafen; draußen braut sich ein heftiger Schneesturm zusammen. Eine kleine LED-Werbetafel verkündet das Wort „RomCom“ – doch rasch wird entnervt der Stecker gezogen.

Die Hingabe an den Zauber der Romantik auf der einen Seite und der ironisch-abgeklärte Meta-Kommentar auf der anderen Seite – zwischen diesen beiden Polen siedelt Meg Ryan den Ton ihrer zweiten Regiearbeit What Happens Later an. Als Schauspielerin ist Ryan seit dem modernen Klassiker Harry und Sally (1989) eine Ikone des Subgenres. Sie widmet ihren Film der 2012 verstorbenen Autorin und Regisseurin Nora Ephron, die nicht nur das geniale Skript zu Ryans endgültigem Kino-Durchbruch verfasste, sondern auch die Werke Schlaflos in Seattle (1993) und e-m@il für Dich (1998) schuf. Ryan knüpft dramaturgisch und inszenatorisch an die Tradition dieser Beziehungskomödien an, überträgt deren Konflikte aber auf einen späteren Lebensabschnitt.

Willa (verkörpert von Ryan) und William, genannt Bill (David Duchovny), stranden unabhängig voneinander an besagtem Flughafen. Die beiden hatten seit 25 Jahren keinen Kontakt mehr miteinander; auf dem College waren sie einst ein Paar. Durch das Unwetter verzögern sich ihre Anschlussflüge, und so lassen sie in Gesprächen die Vergangenheit Revue passieren und geben einander ein Update über ihre jeweilige aktuelle Situation – zunächst eher oberflächlich, dann jedoch immer ehrlicher.

Der Film spielt mit Elementen, die den „Meant to be“-Charakter solcher Geschichten ausmachen. So teilen sich die Hauptfiguren „zufällig“ den gleichen Nachnamen und heißen dadurch beide „W. Davis“. Sie müssen also füreinander bestimmt sein, richtig? Zudem findet die Handlung an einem Schalttag statt – einem „magical day“, wie die esoterisch veranlagte Willa bemerkt. Auch die Ansagen über den Airport-Lautsprecher nehmen mehr und mehr surreale Züge an. Das Setting eines alsbald leeren und obendrein relativ kleinen Flughafens scheint dem dynamischen Schauplatz New York City, der als Kulisse in den genannten Vorbildern dient, zu widersprechen. Ryan nutzt allerdings viele Möglichkeiten, um für Abwechslung und für ein urbanes Flair zu sorgen – wenn Willa und Bill etwa mehrmals ihren Standort wechseln, sich über die Laufbänder bewegen, in einem Café und in einer Bar sitzen.

„Have you ever wondered what if…?“ Diese Frage schwebt über dem Wiedersehen des Ex-Paares. In seinen Dialogduellen ist das Werk oft locker-leicht; insbesondere in der Schilderung von Willas Backstory wartet der Film aber auch mit melancholischen Momenten auf. Im schicken Anzug und mit leicht sarkastischer Attitüde gibt David Duchovny einen überzeugenden Leading-Man. Vor allem ist What Happens Later jedoch das große Comeback von Meg Ryan. Mit weißem Maxikleid und langem schwarzen Mantel betritt sie ihre selbstgeschaffene Bühne und präsentiert darauf ihr raumgreifendes Spiel, das seit 1989 nichts von seinem Charme verloren hat. Wenn Willa mit ihrem Gepäck hantiert, wenn sie pikiert auf die Aussagen ihres Gegenübers reagiert und beherzt mit den unerfreulichen Widerfahrnissen um sie herum umzugehen versucht, ist Ryan ganz in ihrem Element.

„Bring that back!“, ruft Willa an einer Stelle verärgert. What Happens Later bringt die klassische RomCom zurück auf die Leinwand, allerdings nicht in dem verzweifelten Modus, in dem das Blockbuster-Kino zuweilen auf der Retrowelle zu reiten versucht, sondern bedacht und reflektiert. Uns wird, wie der Titel verrät, gezeigt, was später, also nach dem gängigen Happy End einer Romanze passieren kann. Das ist nicht so bitter wie die Demontage einiger alter Held:innen der Filmhistorie in den Fortsetzungen bekannter Reihen; dennoch ist es bittersüß. Meg Ryan darf jederzeit wieder zurückkommen – ob als RomCom-Queen oder in einer vollkommen anderen Rolle, ob vor oder hinter der Kamera.

What Happens Later (2023)

Über Nacht am Flughafen eingeschneit – so haben sich Bill (David Duchovny) und Willa (Meg Ryan) ihr Wiedersehen nicht vorgestellt. Als mit den Erinnerungen an ihre große Liebe am College auch längst erloschen geglaubte Gefühle zurückkommen, liegt ein Hauch von Magie in der Luft.

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