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Robin Williams: In den Nachrichten stieg die Sprecherin bei der Meldung seines Todes als Ehrung auf den Tisch. Er hat die Welt bewegt. „Robin Williams: Come Inside My Mind“ porträtiert ihn in Leben und Karriere – und vor allem in seinen in Deutschland allzu unbekannten Stand-up-Auftritten.

Robin Williams: Come Inside My Mind (2018)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Lachen als Droge

An dem Tag, an dem Tod von Robin Williams bekanntgegeben wurde, hatte ich gerade tatsächlich mit einem Text über ihn zu tun. Das ist einerseits ein fast übernatürlicher Zufall – andererseits ist es auch bezeichnend für die Schwere einer Tatsache, wenn man hinterher weiß, wo man war, zu diesem Zeitpunkt, was man getan hat.

Robin Williams‘ Tod hat, das kann man so sagen, die Welt erschüttert. Wahrscheinlich deshalb, weil er der verstorbene Beweis dafür war, dass der „traurige Clown“ eben doch kein artifizielles Klischee ist, nein: Er hat diesen archetypischen Charakter mit Leben gefüllt, über sein Dahinscheiden hinaus. Der traurige Clown: Williams brachte alle Welt zum Lachen; erinnerte sie zugleich in seinen ernsten Filmrollen an die tiefer liegenden Melancholien in der Seele des Menschen; spielte traurigerweise auch in einigen sentimentalen, unterdurchschnittlichen Machwerken mit; stellte aber vor allem immer wieder sich selbst aus, auf der Bühne, für die Öffentlichkeit, damit sein Publikum lacht.

Lachen ist eine Droge – das ist einer der Schlüsselsätze in Marina Zanovichs umfassendem Filmporträt Robin Williams: Come Inside My Mind. Williams explodierte, sobald er Zuschauer hatte; privat war er ruhiger, in sich gekehrt. Eine Ranch hatte er, Familie, Kinder, fuhr gerne Fahrrad – wenn er nicht gerade unterwegs war auf den Stand-up-Bühnen Amerikas oder auf Filmsets. Und das Wunderbare an dieser Doku ist, dass sie aus all dem vielen Archivmaterial – an die 100 Stunden – das Beste herausholt.

Williams ist in Deutschland verständlicherweise vor allem als Filmstar bekannt geworden; vielleicht vorher noch als Mork vom Ork. Seine Bühnenauftritte dagegen sind so assoziativ, so schnell, so witzig improvisiert, dass eine Übersetzung gar nicht möglich ist. Ohnehin fraglich, wie der Film untertitelt werden sollte, bei Williams‘ Geschwindigkeit kann keiner nachkommen, weder mit Lesen noch mit Aufschreiben der Übersetzung. Seine besten Gags entstehen aus dem Moment und seine Kunst ist, nie wirklich wissen zu lassen, was aus dem Moment entsteht und was nicht.

Auf der Bühne geht er ab, und allein für diese Momente lohnt sich der Film schon – doch er hat mehr zu bieten. Beispielsweise urkomische Szenen vor oder nach gefilmten Szenen – auch bei ernsten Rollen wie in One Hour Photo: Outtakes, die den puren Williams zeigen; den puren öffentlichen Williams zumindest.

Zanovich wählte ihr Material klug aus, findet die Balance zwischen direkter Anschauung und Außenbetrachtung durch viele Weggefährten, und sie lässt Williams selbst zu Wort kommen in biographischen Kommentaren. Lässt auch mutig Wegmarken weg – ikonische Williams-Filme wie Club der toten Dichter werden nur kurz angespielt, andere wie Garp und wie er die Welt sah gar nicht erwähnt; der Oscargewinn wird nur indirekt durch einen Sketch für die Sesamstraße angesprochen. Das tut dem Film keinen Abbruch, im Gegenteil: Zanovich verbreitet eben kein Wikipedia-Wissen, sondern sie versucht, so weit es geht, sich hineinzubegeben in diesen rastlosen, irrwitzigen, chaotischen, klugen, schnellen, pointenreichen und wahrscheinlich irgendwo hinten drin einsamen Kopf.

Robin Williams: Come Inside My Mind (2018)

Vor fast genau vier Jahren starb der große Komiker Robin Williams und hat bis heute eine riesige Lücke hinterlassen. In ihrem für HBO produzierte Film Robin Williams: Come Inside My Mind zeichnet Marina Zenochvich das Leben und die Karriere des Ausnahmekünstlers nach und versammelt unter anderem Kollegen wie Billy Crystal, Eric Idle, Whoopi Goldberg, David Letterman, Steve Martin, Pam Dawber, Zak Williams und viele andere mehr vor dem Kamera. 

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