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Jilou, Frieda und Viola teilen eine Leidenschaft: den Breakdance. Doch die drei B-Girls, die Seite an Seite batteln, stehen an einem Scheideweg. Welche Richtung werden sie einschlagen?

Dancing Heartbeats (2023)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Breaking and Entering

Am Beginn dieses Dokumentarfilms treten drei deutsche Breakdancerinnen in Mexiko gemeinsam bei einem Battle an, den sie scheinbar mühelos für sich entscheiden. Ganz am Ende gehen Jilou, Frieda und Viola getrennte Wege. Was dazwischen liegt, hätte sich kein Drehbuchautor besser ausdenken können. „Dancing Heartbeats“ zeigt nicht nur, wie viel Mühe hinter all den spektakulären Moves steckt, sondern auch, dass das Leben die besten Geschichten schreibt.

In ihrem neuen Film nimmt die Regisseurin Lisa Wagner (Fritsch’s Pfusch) drei B-Girls in den Blick. Was sie eint, sind die schwierigen Verhältnisse, aus denen sie stammen. Mal war das Geld zu Hause knapp, mal belasteten Krankheit und Tod die Familie. Das Breaken eröffnete ihnen einen Ausweg – und kostete nichts außer den Mut, seinen Körper unerschrocken auf den Asphalt zu werfen und sich in einer männerdominierten Welt durchzubeißen. 

In Dancing Heartbeats ist von dieser Männerdominanz nicht mehr viel zu sehen. Was zum einen daran liegt, dass sich die Szene gewandelt hat. Konstellationen, in denen die Protagonistinnen die einzige Frau bei einem Wettbewerb waren und eine Art „Exoten-Bonus“ genossen, gehören der Erinnerung an. Zum anderen liegt es am Fokus des Films. Bei den von Kamerafrau Julia Lemke eingefangenen Battles ist die weibliche Konkurrenz inzwischen breit aufgestellt. Anzügliche Männerblicke und dumme Sprüche hinter vorgehaltener Hand hält die Kamera allenfalls am Rand fest.

Frieda, die schon zwanzig Jahre im Geschäft ist, bringt diesen Wandel auf den Punkt. Zu Bildern, die sie beim Training mit der nächsten, wenn nicht gar übernächsten Generation zeigen, zieht sie aus dem Off Bilanz. Als sie mit dem Breaken angefangen habe, seien der Konkurrenzkampf und der gegenseitige Neid noch so groß gewesen, dass sie sich alles hätte selbst erarbeiten müssen. Inzwischen reichten Urgesteine wie sie ihr Wissen an die Jüngeren weiter – und müssten dabei zusehen, wie sie von diesen überholt werden würden.

Wie der Großteil der Gedanken, die sich Frieda, Jilou und Viola über den Breakdance, ihre Kolleginnen und sich selbst machen, sind auch diese aus dem filmischen Off vorgetragen. Lemkes Kamera folgt den dreien auf Schritt und Tritt, gleitet durch Räume und Straßen, lässt das Kinopublikum an großen Freuden und nachdenklichen Momenten teilhaben. Dabei wachsen einem die reflektierten Protagonistinnen schnell ans Herz. Im Zusammenspiel mit der Musik und den Voiceover-Worten ergibt sich ein geschmeidiger Flow, der fabelhaft zum filmischen Inhalt passt.

Noch besser als die formale Gestaltung spielen derweil die unterschiedlichen Entwicklungen der drei Frauen zusammen. Wohin ein Dokumentarfilm während der Dreharbeiten steuert, ist immer auch ein Glücksspiel, und Lisa Wagner hat den Jackpot geknackt. Während Jilou mit eisernem Willen von Erfolg zu Erfolg tanzt, einen Werbedeal mit einem Sportartikelhersteller an Land zieht und eine Teilnahme bei den Olympische Sommerspielen 2024 in Paris als nächstes großes Ziel in Angriff nimmt, geraten Frieda und Viola in Krisen. Friedas Körper streikt, Viola sucht nach dem Sinn. Beide sind gezwungen, die Ausrichtung ihres Alltags auf den Breakdance zu hinterfragen und sich neu zu orientieren. Dass Viola dafür von Berlin nach Marseille zieht und Frieda während der Covid-Pandemie unfreiwillig in Marokko strandet, beschert dem Film zusätzlich unverhoffte Perspektiven (und pittoreske Motive).

Ganz am Ende hat jede der drei Protagonistinnen einen eigenen, aufregenden Weg eingeschlagen, ist in eine neue Lebensphase eingetreten – und hat – jede für sich – die Herzen des Kinopublikums gestohlen.

Dancing Heartbeats (2023)

Wer sagt, dass Frauen nicht breaken können? Frieda, Viola und Jilou zählen zu den erfolgreichsten Frauen in der männerdominierten Breaking-Welt. „Danicng Heartbeats“ begleitet die Tänzerinnen bei ihrem harten Training, internationalen Battles und dem Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung.

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