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Video on Demand: Streaming-Tipp des Tages: Berlin Alexanderplatz

Ein Beitrag von Sebastian Seidler

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Berlin Alexanderplatz (2020) von Burhan Qurbani

Literaturverfilmungen und deutsches Kino – es ist so oft ein Trauerspiel. Vor allem dann, wenn es sich um große Klassiker der Weltliteratur handelt. Da kommt einem sofort die biedere Abgestandenheit von Volker Schlöndorffs Germanistik-Kino à la Rückkehr nach Montauk in den Sinn. Da sprechen die Menschen Sätze, die derart literarisch klingen, in Szenen, die immer nach dem geschriebenen Wort aussehen und dem Text nichts hinzufügen. Tom Tykwers Süßkind-Verfilmung Das Parfum hat durch seinen Erzähler etwas unsinnlich Streberhaftes, dem ständig anzumerken ist, dass man ganz, aber auch wirklich ganz nah am Text sein will. 

Burhan Qurbani hat mit seiner Neuverfilmung von Berlin Alexanderplatz einen ganz anderen Weg eingeschlagen: unerschrocken wird da Döblins Text benutzt, zerlegt und durch eine neonfarbene Druckkammer gejagt, bis aus dem alten Buch ein Kommentar zur Gegenwart wird. Francis (Welket Bungué) ist das Pendant zu Franz Biberkopf – ein Ortloser, ein Flüchtling. Statt der Probleme der Arbeiterklasse, gibt es Rassismus, Flucht und Ausgrenzung. Bis zum 6. November steht der Film noch in der Arte-Mediathek.