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In „Hit Man“ zerlegt Richard Linklater lustvoll das Auftragskiller-Narrativ – und bietet Glen Powell in der Titelrolle eine perfekte Bühne.

A Killer Romance (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Kill for a living

Alain Delon, Charles Bronson, Chow Yun-fat, Jean Reno, John Travolta, Samuel L. Jackson, Tom Cruise, Javier Bardem, Colin Farrell, Jason Statham, Michael Fassbender – all diese Stars und viele mehr haben schon Auftragsmörder verkörpert. Und nun kommt „Hit Man“ von Richard Linklater daher und behauptet, dass das ja der totale Quatsch sei, was uns in Filmen, Serien oder (Schund-)Romanen über dieses rabiate Metier erzählt wird. Dieser „Beruf“ sei schlichtweg eine Erfindung. Wer einen (vermeintlichen) Profikiller anheuere, könne sich ziemlich sein, in eine Falle der Cops getappt zu sein, die auf diesem Wege Leute überführen, die einen Menschen töten lassen wollen.

Gary (Glen Powell) ist eigentlich Philosophie- und Psychologiedozent an der Uni in New Orleans. Er lebt allein mit zwei Katzen. Eine davon trägt gerade ein Gipsbein. Das hat keinerlei Relevanz für den Plot, aber es ist ein putziges Detail, nicht wahr? Wie dem auch sei: Da das Gehalt als Lehrender eher mau ist, arbeitet Gary zusätzlich undercover für die Polizei. Ein kleiner Nebenverdienst, nichts weiter. Doch als sein Kollege Jasper (Austin Amelio) für 120 Tage suspendiert wird, muss Gary für diesen einspringen und dessen Job als (Fake-)Killer übernehmen. Er soll – während er verkabelt ist – Personen, die auf der Suche nach einem Auftragsmörder sind, dazu bringen, ihr Vorhaben ganz klar zu äußern, damit sie direkt festgenommen werden können.

Aber ist der nette, leicht spießige Gary dafür überhaupt der Richtige? Wie sich herausstellt: Ja! Denn Gary, der in seinen Kursen gerne über Nietzsche und Freud redet, entwickelt eine diebische Freude daran, für kurze, dramatische Auftritte in die sinistre Gestalt eines angeblichen Killers zu schlüpfen. Er überlegt sich immer neue Identitäten samt der dazugehörigen äußeren Erscheinung. Aufgemalte Narben und Tätowierungen, Kontaktlinsen und Zahnprothesen, Akzente und Ticks kommen virtuos zum Einsatz, um (in jeglicher Hinsicht) eine Killer-Performance abzuliefern.

Genau das trifft auch auf den Hauptdarsteller Glen Powell zu. Für die College-Komödie Everybody Wants Some!! (2016) stand er bereits für Linklater vor der Kamera; zudem war er in Nebenparts in Filmen wie Hidden Figures (2016) oder Top Gun: Maverick (2022) zu sehen. Mit seiner enorm witzigen und cleveren Darbietung in Hit Man hätte er nun indes den Aufstieg in die A-Liga mit vielen weiteren zentralen Rollen verdient. Ohne ins enervierende Overacting abzudriften, nimmt er mit seinem Charme völlig für sich ein – weshalb wir der Figur auf sämtliche bizarren Pfade folgen, die sich im Laufe des Plots ergeben.

Als Gary unter dem Pseudonym Ron der attraktiven Madison (Adria Arjona) begegnet, die ihren missbräuchlichen Gatten loswerden will, kann er sie dazu bewegen, von ihrem illegalen Plan abzuweichen und ein neues Leben zu starten. Und da sich die beiden gegenseitig extrem heiß finden, treffen sie sich erneut – obwohl Gary ahnt, dass das keine gute Idee ist. Was sich daraus ergibt, ist eine wilde Amour fou, die bei aller Absurdität erstaunlich wholesome wirkt.

Das ist zum einen der perfekten Chemie zwischen Powell und der ebenbürtig energischen Adria Arjona zu verdanken. Und zum anderen dem originellen Drehbuch, das Linklater und Powell auf Basis eines Artikels des Journalisten Skip Hollandsworth geschrieben haben. Der „somewhat true story“, auf der das Skript aufbaut, wurden selbstverständlich ein paar Wendungen hinzugefügt. Das Ergebnis ist temporeich, unterhaltsam und klug, randvoll mit herrlichen Screwball-Dialogen zwischen „Ron“ und Madison sowie skurrilem Nebenpersonal.

Linklater schafft es, sein Gespür für Romantik, das er etwa mit der Before-Trilogie (1995-2013) bewiesen hat, mit seinem lockeren Indie-Humor aus Komödien wie Confusion – Sommer der Ausgeflippten (1993) zu kombinieren und dem Auftragskiller-Kino einen seiner besten Beiträge zu bescheren. Chapeau!

Gesehen bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig.

A Killer Romance (2023)

Gary Johnson ist tagsüber Philosophieprofessor und hält seinen Studenten Vorträge über Moraltheorien. In seiner Freizeit arbeitet er als verdeckter Ermittler für die Strafverfolgungsbehörden von Houston. Als der Mann, der normalerweise die Rolle des Auftragsmörders spielt, wegen Fehlverhaltens beurlaubt wird, bittet man Gary für ihn einzuspringen, weil er dem entlassenen Kollege ein wenig ähnlich sieht. Es gelingt Gary überraschend gut, die entstandene personelle Lücke zu füllen. Seinen „Kunden“ gegenüber gibt sich Gary als zuverlässiger Killer aus, nur um diejenigen zu verhaften, die ihn anheuern.

Zu diesen Kunden gehört Madison, die unbedingt ihren Ehemann loszuwerden versucht. Ausgesprochen unprofessionell beginnt Gary, der sich bei diesem Job Ron nennt, eine Affäre mit ihr. Als er sich plötzlich mitten in einem echten Verbrechen wiederfindet, führen alle Beweise zu ihm. (Quelle: Wikipedia)

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