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Nicht nur in Afrika ist China die dominierende Wirtschaftsmacht geworden. Auch im südamerikanischen Land Ecuador hat sich das Land den Zugriff auf Rohstoffe gesichert. Das systematische Vorgehen beginnt mit der Vergabe von Krediten, wie dieser Dokumentarfilm von Marc Wiese zeigt.

Mein gestohlenes Land (2021)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Chinas Macht in Ecuador

Sie kämpfen an verschiedenen Fronten gegen die Ausbeutung des südamerikanischen Landes Ecuador durch chinesische Unternehmen. Der Journalist Fernando Villavicencio berichtete über die geheimen Verträge der Regierung des früheren Präsidenten Rafael Correa mit China. Er musste sich verstecken, wurde in die Insolvenz getrieben. Die indigenen Widerstandskämpfer Paúl Jarrin und Hernán Galarza sind in den Untergrund gegangen und müssen um ihr Leben fürchten. Sie wollen mit zahlreichen Mitstreitern aktiv verhindern, dass chinesische Bergwerksunternehmen immer mehr Gold, Silber und Uran aus dem Boden holen und das Wasser vergiften.

Der deutsche Dokumentarfilmer Marc Wiese (Camp 14 – Total Control Zone) schildert, wie engagierte Journalisten, Aktivisten und Guerilleros in Ecuador einen langen, verzweifelten Kampf gegen einen übermächtigen Gegner führen. Unter Präsident Correa, der zehn Jahre lang bis 2017 an der Spitze des Staates stand, hatte das arme Land Ecuador zahlreiche Kreditverträge mit China abgeschlossen. Sie werden überteuert in Öl zurückgezahlt und ziehen weitere Verträge nach sich über die Ansiedlung chinesischer Unternehmen. Langfristige Konzessionen werden an sie vergeben, zum Beispiel zum Abbau von Mineralien. Deshalb entstehen in der unberührten Landschaft immer mehr Minen. Wer sich dagegen auflehnt oder auch nur über die nicht selten skandalösen vertraglichen Grundlagen berichtet, die China den Zugriff auf Öl, Wasserkraft und einen Großteil der Minen sichern, wird von der eigenen Regierung verfolgt und kriminalisiert.

Wieses Film ist nicht der erste dokumentarische Beitrag, der kritisch beleuchtet, wie die Natur Südamerikas zerstört und geplündert wird, um den Rohstoffbedarf weit entfernt liegender Länder zu befriedigen. Unmittelbar betroffen sind in der Regel indigene Gemeinschaften, deren Territorium vom eigenen Staat nur unzureichend geschützt wird. Die Berichte über die Rodungen der brasilianischen Amazonaswälder unter der Regierung Bolsonaro sorgen immer wieder für Schlagzeilen. In Kolumbien entstand der Dokumentarfilm La buena vida von Jens Schanze aus dem Jahr 2015, in dem es um die Umsiedlung eines indigenen Dorfs ging, das einem Steinkohle-Tagebau weichen musste. Der Rohstoff war und ist zur Ausfuhr bestimmt — nach Deutschland und in andere europäische Länder. Wiese zeigt am Beispiel Ecuadors, wie systematisch China vorgeht, um sich den langfristigen Zugriff auf Rohstoffe zu sichern. Dabei macht sich die asiatische Großmacht auch die weitverbreitete Korruption im politischen System des südamerikanischen Landes zunutze.

Nächtliche, sehr wackelige Aufnahmen mit der Handkamera führen mitten hinein in bewaffnete Kämpfe, man hört Schüsse, Steine fliegen, Sicherheitskräfte rücken mit gepanzerten Wagen an, werfen Reizgasbomben. Vermummte Indigene berichten, dass der eigene Staat sie sucht und umbringen will. Sie sind fest entschlossen, die Ausbreitung der Minen zu verhindern und es gelingt ihnen auch, eine Anlage in Schutt und Asche zu legen und die Arbeiter zu vertreiben. Oft ist die Lage sehr unübersichtlich, der Blickwinkel stark eingeengt, die Orientierung fällt beim Zuschauen schwer. Passend, aber unaufdringlich begleitet die Filmmusik von Carsten Nicolai aka Alva Noto eine Atmosphäre permanenter Gefahr. Die Komposition bekam auf dem DOK.fest München 2022 den Deutschen Dokumentarfilm-Musikpreis.

Wer sich wie diese indigenen Widerstandskämpfer oder investigativen Journalisten mit der Regierung und der chinesischen Wirtschaftsmacht im Lande anlegt, braucht außer Mut auch einen langen Atem. Unter Präsident Lenin Moreno, der seit 2017 an der Macht ist, schloss das Land weitere Verträge mit China. Der Erfolg, eine Mine gekapert zu haben, relativiere sich, sagt ein indigener Widerstandskämpfer, wenn man bedenke, dass es allein in der Provinz Azuay 832 weitere Minenprojekte gebe. Trotz einer gewissen Unübersichtlichkeit und der nur dürftig aufbereiteten Informationen, welche eben hauptsächlich von den Aktivisten selbst beigesteuert werden, ist der Film sehenswert und wichtig. Denn er schafft ein Bewusstsein dafür, wie radikal und systematisch sich der Aufstieg Chinas zur dominierenden Wirtschaftsmacht in einem verschuldeten, aber rohstoffreichen Land vollziehen kann.

Mein gestohlenes Land (2021)

Als Rafael Correa 2007 Präsident von Ecuador wird, will der Westen dem Land kein Geld mehr leihen. Stattdessen wendet sich der Präsident an China und schließt Unmengen von Deals und Verträgen ab, die dem großen asiatischen Land unter anderem Bergbau, Öl und Einfluss auf die Infrastruktur in dem kleinen südamerikanischen Land geben. Aber nicht alle Ecuadorianer sind glücklich. (Quelle: Studio Mitte)

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