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Couchperle: Punisher: War Zone

Ein Beitrag von Mathis Raabe

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Punisher: War Zone

Zu einer Zeit, als es noch Marvel-Adaptionen mit FSK-18-Freigabe gab, wurde sich gleich dreimal an Verfilmungen der Punisher-Figur versucht. Frank Castle ist ein Antiheld in Reinform. Mit dem ikonischen Totenkopflogo auf der Brust ist seine wichtigste Überzeugung, die ihn von anderen Helden abgrenzt, dass man Bösewichten eine Kugel in den Kopf drücken sollte, damit sie auch sicher liegen bleiben. Das ist selbstverständlich fragwürdig, macht den Punisher aber seit jeher zu einer Anlaufstelle für Comic-Fans, die auf der Suche nach besonders düsteren und „erwachsenen“ Geschichten sind.

Dazu passt es gut, dass Dolph Lundgren, ein Mann mit ähnlicher Zielgruppe, 1989 der erste Punisher-Darsteller war. Er spielt eine frustrierte, müde Version der Figur, die sich mit blutunterlaufenen Augen durch einen Achtzigerjahre-Actioner voller Explosionen und Klischees kämpft. 2004 kämpft sich dann Thomas Jane durch das Regiedebüt des Drehbuchautors Jonathan Hensleigh (Jumanji, Armageddon), das John Travolta als Bösewicht und eine Kampfszene, untermalt mit La donna è mobile bieten kann, und dennoch die zähste Verfilmung ist.

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Sträflich unterschätzt ist hingegen Punisher: War Zone von 2008, ebenso wie seine Regisseurin, die Mannheimerin Lexi Alexander. Nach einer Karriere als Kickboxerin und Stuntfrau war es ihr durch eine Oscar-Nominierung für ihren Kurzfilm Johnny Flynton 2003 gelungen, in Hollywood auf sich aufmerksam zu machen. Punisher: War Zone war dann bereits ihre zweite internationale Produktion nach Hooligans. Darin spielt Elijah Wood einen jungen US-Amerikaner in London, der sich dort in einer Fankultur verliert, für die Gewalt alltäglich ist – als Adrenalinspritze und als Männlichkeitsritual. Obwohl der Film auch Szeneporträt und Drama sein will, sind die Prügeleien wie Actionschlachten inszeniert, und Alexander ist zum Zeitpunkt von Punisher: War Zone auf dem besten Weg, neben Kathryn Bigelow eine von nur wenigen weiblichen Action-Regisseurinnen zu werden. Allerdings wird der Film ein Flop. Seitdem ist es auffällig ruhig um die Regisseurin geworden – hoffentlich kein Fall von Movie Jail. Angeblich ist ein Martial-Arts-Film für Netflix in Arbeit.

Guckt man den Film heute, scheint Punisher: War Zone seiner Zeit voraus gewesen zu sein. „Ein gut gemachter schlechter Film“, schrieb damals Roger Ebert. Was er meinte, war wohl: ein guter Film, der nicht vor B-Film-typischem Exzess zurückschreckt, ähnlich wie heute die John-Wick-Reihe. Frank Castle (Ray Stevenson) lebt hier in einem tropfenden Heizungskeller unter der U-Bahn und bewegt sich durch eine nächtliche Großstadtwelt, die aussieht wie industrialisierter Film Noir. Die Figurenzeichnungen sind besonders makaber: Ein Gangsterboss, der sich selbstverliebt „Billy the Beau“ nennt, bekommt das schöne Gesicht von Glasscherben zerschnitten und muss es sich in Frankenstein-Manier wieder zusammenpuzzeln. Zur Unterstützung holt er seinen Bruder „Loony Bin Jim“ aus der Psychiatrie, der mitunter Menschen händisch Organe entfernt, um sie dann zu verspeisen. Der Punisher wiederum schafft es im Kampf mitunter, seinen Gegnern mit einem Schlag den ganzen Kopf zerplatzen zu lassen.

Dass der Film auch die fragwürdige Ideologie der Figur so deutlich wie möglich bekräftigt, lässt einen leichten Beigeschmack zurück: Ganz zum Schluss muss nochmal ein harmloser Kleinkrimineller erlegt werden. Allerdings trägt der Film — wie so viele der „Erwachsenencomics“ von Autoren wie Garth Ennis — seinen Zynismus so offen vor sich her, dass man ihn kaum erst nehmen kann: Besagtes Schlussbild passiert direkt vor einer Kirche und dem leuchtenden Slogan „Jesus Saves“. Punisher: War Zone ist eben ein Film wie ein Schlag ins Gesicht, oder natürlich: eine Kugel in den Kopf. Kantig und stumpf und dabei ein großer Spaß, auch wenn Roger Ebert es seinerzeit niemals zugegeben hätte.

Punisher: War Zone ist im Abo-Programm von Disney+ enthalten und bei den gängigen VoD-Anbietern gegen eine Leihgebühr verfügbar. 

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