Wie macht das Denis Villeneuve eigentlich? Er nimmt sich dem Plot nach einfache Genrestücke vor und macht daraus großes, anspruchsvolles Kino. Sicario ist mehr als ein Actionthriller an der Grenze zu Mexiko. Es ist auch ein Film über das Gift des organisierten Verbrechens, dass sich in die Seelen aller Menschen einschleicht. Mit Arrival hat er den wohl klügsten und dabei durchweg spannenden Sci-Fi-Film der jüngsten Vergangenheit gedreht. Nach Blade Runner 1949 kommen jetzt augenscheinlich nur noch die ganz großen Blockbuster: Mit Dune hat er sich in der Tat von seinen früheren Filmen etwas entfernt und scheint auf Sci-Fi abonniert zu sein. Dabei gibt es bei den früheren Filmen so unglaublich viel zu entdecken.

Prisoners könnte in der Tat der typische Serienkiller-Selbstjustiz-Thriller sein. Zwei Mädchen verschwinden. Die Polizei hat den Schuldigen bald gefunden: Der geistig beeinträchtigte Alex Jones (Paul Dano) soll der Täter sein. Der streitet die Tat allerdings ab und da es keine Beweise gibt, muss man ihn gehen lassen. Einer der Väter (Hugh Jackman) will die Wahrheit selbst herausfinden und überschreitet dabei Grenzen. 

Villeneuve baut sein Hollywood-Debüt aber nicht als bloßen Thriller. Prisoners ist auch eine Charakterstudie über innere Dämonen, in der geschickt mit Genreregeln gespielt wird. Die mitunter unheimliche, enorm ausgeklügelte Kameraarbeit beschwört eine lauernde Untergründigkeit herauf. Jake Gyllenhaal in der Rolle des von Selbstzweifeln zerfressenen Detective Loki lässt dabei einen Blick in die Abgründe der Seele zu, die Hugh Jackman als verzweifelter Vater auslebt. Ein Film des Dazwischen. Originell und fesselnd — bis zum verstörenden Ende.

Prisoners ist abrufbar auf Amazon Prime.