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Fundstücke

Nächster Schritt: Kino? Zum KI-Kurzfilm "The Safe Zone"

Ein Beitrag von Christian Neffe

„The Safe Zone“ heißt der, laut dem Team dahinter, erste Kurzfilm, der mithilfe künstlicher Intelligenz geschrieben und inszeniert wurde. Das Resultat ist weniger interessant als die Entstehungsgeschichte dahinter, die zeigt, was da noch auf das Medium zukommen könnte.

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Künstliche Intelligenz — KI — ist überall. In unseren Handys, unseren Autos, auf den Webseiten, die wir besuchen, und inzwischen auch in der Welt der Kunst. Seit vergangenem Jahr findet sich im Netz eine Flut an Bildern, die von Bildgeneratoren erstellt wurden, und auch der Film scheint langsam, aber sicher zu einem Medium zu werden, in dem KIs nicht nur thematisiert, sondern zunehmend auch in die Arbeitsprozesse einbezogen werden könnten. Eines der jüngsten und hoch interessanten Beispiele dafür: der Kurzfilm The Safe Zone, laut seinen Erschaffern der erste Film „written and directed by Artificial Intelligence“.

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Diese Verben-Kombination verwundert erst einmal. „Written“ — kann man sich zusammenreimen. Aber „directed? Wie soll eine KI den Regieposten übernehmen? Aaron Kemmer, neben Richard Juan Produzent des Films, gibt darüber auf Twitter Auskunft.

Beginnen wir von vorn. Ein Filmskript zu schreiben, so Kemmer, sei für Programme wie ChatGPT schon lange kein Problem mehr. Aus der Anweisung, Story-Ideen zu entwickeln, die viral gehen können und für ein fünfminütiges Video reichen, erstellte die KI aus dem Nichts mehr als 100 Prämissen. Die besten davon sollte sie zu einem vollständigen Skript weiterentwickeln, wobei innerhalb einer Stunde rund 50 Drehbücher entstanden, inklusive Dialogen und Szenenbeschreibungen. Kemmer: „This took months of work down to 1 hour.“ Am Ende wählte das Team ein fertiges Drehbuch aus.

Der simple, darauf folgende Befehl: „Now create a step by step shot list“. Und das tat die KI: Sie erstellte eine Liste aller Kameraeinstellungen und dessen, was sie zeigen sollen. Die erste Reaktion des zuständigen Kameramanns Odyssey Flores: „Holy Shit, is this tech real?“ Gefolgt von einer Bitte nach mehr Details, die das Tool auf entsprechende Anweisung lieferte: die Kameraposition, den Winkel innerhalb des Sets, die Position der Darsteller*innen, die Farben und Lichtstimmung sowie die einzusetzenden Linse und der Fokuspunkt des Bildes. Und das für alle 22 Einstellungen.

Nachdem die Schauspieler*innen gefunden waren, fragte man das Programm nach Vorschlägen für die Outfits der Figuren und ließ sich von einer anderen KI auf Grundlage der bisherigen Regieanweisungen Bildideen für den Dreh machen — ein Storyboard also. Am Ende standen 50 Seiten mit ausführlichen Anweisungen für den Dreh, den die Crew entsprechend umsetzte. Das Ergebnis: ein 6 Minuten, 38 Sekunden langer Film über drei Menschen, die in ihrem Wohnzimmer auf dem Fernseher Zeuge davon werden, wie KIs die Welt übernehmen — und sich darum streiten, wer nun wen retten würde.

Das Ergebnis ist zwar reichlich unterwältigend — The Safe Zone ist jedoch einer dieser Filme, deren Entstehungsprozess wesentlich interessanter als das Resultat ist. Und der so einige Schlussfolgerungen zulässt. Etwa die, dass KIs inzwischen auch schon verstanden haben, wie eine effektive, wenn auch nicht besonders ästhetische Bildsprache aussieht. Oder dass sie, im Gegensatz dazu, die Dynamik in zwischenmenschlichen Interaktionen nicht wirklich hinbekommen. Oder auch dass der menschliche Faktor bei der Auswahl, Weiterentwicklung und Realisierung des Stoffes nicht ersetzt werden kann — zumindest noch nicht. Denn so schnell, wie die Entwicklung in den vergangenen Jahren vorangeschritten ist, muss das nicht mehr lange so bleiben. Nächster Meilenstein dann: ein 90-Minüter.

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