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More human than human: KI, Film und jede Menge Angst  

Ein Beitrag von Christoph Dobbitsch

Vor fast 100 Jahren schuf Fritz Lang einen Maschinenmenschen, heute kämpft Tom Cruise auf der Leinwand gegen unkontrollierbare Computer. Ein kleiner Streifzug durch die Geschichte der KI im Kino — samt großen Visionen, kleinen Hoffnungsschimmern und allgegenwärtigen Ängsten.

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Ex Machina / Metropolis / Blade Runner
Ex Machina / Metropolis / Blade Runner

Die Gelegenheit, einer Chat-KI den einführenden Absatz für dieses Essay anzuvertrauen, konnte ich mir nicht entgehen lassen. Das Ergebnis war wenig überraschend: ein angenehm lesbarer Text, der natürlich mit der Feststellung beginnt, dass künstliche Intelligenz „nicht nur in der realen Welt, sondern auch im Kino allgegenwärtig ist“ und dass sich „Filmemacher (nicht gegendert) seit Jahrzehnten damit beschäftigen“. Es werden einige bekannte Filmtitel erwähnt, und der Absatz endet mit: „In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die bedeutendsten Spielfilme, die sich dem Thema künstliche Intelligenz gewidmet haben und die in ihrer Relevanz und Wirkung nicht unterschätzt werden sollten.“ Trotz vieler Phrasen ist dagegen wenig einzuwenden. Um etwas Menschlichkeit zurückzubringen, möchte ich jedoch eine Zusatzfrage behandeln: Warum war ich so seltsam erleichtert, als der Absatz aus der Maschine nur eine Zusammenstellung von inhaltsleeren Allgemeinaussagen war? Oder anders ausgedrückt: Wovor hatte ich eigentlich Angst?


Am Anfang war die Wut

Der „Maschinenmensch“ aus Fritz Langs Metropolis (1927) ist in die Filmgeschichte eingegangen. Der schlanke Roboter mit dem eigenwilligen Design, das George Lucas 50 Jahre später für C-3PO in Star Wars (1977) adaptierte, ist eine der ersten Ikonen des Science-Fiction-Kinos. Langs Maschine wird genutzt, um die Gestalt einer jungen Frau zu kopieren und als Spionin dunklen Mächten zu dienen. Die „Intelligenz“, die hier zur Schau gestellt wird, ist sehr basal: Der Maschinenmensch kann Befehle ausführen, ohne sie zu hinterfragen. Es handelt sich um einen klassischen Roboter im wörtlichen Sinne: Das Wort stammt aus dem Slawischen („robota“) und kann als „(Zwangs-)Arbeit“ übersetzt werden.

Dieser Archetyp des willenlosen Dieners zieht sich über Jahrzehnte hinweg durch Filmnarrative. James Cameron erschafft fast 60 Jahre später den Terminator (1984), der ebenfalls in menschlicher Gestalt auftritt und nur einen Auftrag hat: Töten. Das Verhalten der feindseligen Maschine wird folgendermaßen auf den Punkt gebracht: Mit einem Terminator kann man „nicht verhandeln, und mit ihm können Sie auch nicht vernünftig reden. Er fühlt weder Mitleid noch Reue noch Furcht. Und er wird vor nichts Halt machen, vor gar nichts, solange Sie nicht tot sind.“

Die Furcht, die hier heraufbeschworen wird, wurzelt in der eiskalten Effizienz der KIs: Wenn es eine Maschine gibt, die ausschließlich dafür gebaut wurde, um Befehle kompromisslos auszuführen, dann gnade uns Gott, wenn sie einen destruktiven Befehl erhält. Oder noch schlimmer, wenn wir einen Befehl einprogrammieren, dessen Ausmaße wir nicht erahnen können. In Westworld (1973), das wahrscheinlich eine direkte Inspiration für Camerons Terminator war, ist ein Roboter darauf programmiert, sich wie ein aggressiver Cowboy zu verhalten. Und doch sind alle Wissenschaftler überrascht, als er beginnt, Menschen zu erschießen.

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Sowohl im Terminator als auch in Westworld werden die Maschinen mit einer Mischung aus Leichtsinn und Hybris geschaffen. Die Möglichkeit, dass entweder durch Machtmissbrauch oder Fehlfunktion ein Kommando erteilt werden kann, das die eigene Schöpfung zur Gefahr macht, wird fatalerweise ignoriert. Ein frühes Beispiel für einen derart verfehlten Befehls-Input findet sich bereits in Goethes Zauberlehrling, in dem eine Anweisung mit solcher Zielstrebigkeit ausgeführt wird, dass es dem Befehlsgeber zum Verhängnis wird und im berühmten Zitat gipfelt: „Die ich rief, die Geister / Werd ich nun nicht los.“

 

Geister in der Maschine

Die Wurzeln dieser Angst können in der Industrialisierung gesehen werden: Es tauchen Maschinen auf, die viele Arbeiten besser und schneller erledigen können, keine Fragen stellen und keine Pausen brauchen. Die neue Effizienz sorgt für einen gesellschaftlichen Umbruch und kostet viele Menschen ihre Arbeitsplätze. Klingt vertraut? Klingt wie die Angst eines Journalisten, auf kurz oder lang von einer lernenden KI abgelöst zu werden?

Die Furcht davor, obsolet zu werden, manifestiert sich in filmischen Erzählungen darin, dass die simplen KIs, eben weil sie so ergebnisorientiert sind, zur Gefahr werden. Doch trotz aller Effizienz haben sie keine Seele, keine Moral. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, ist so hoch, weil ihnen der moralische Kompass fehlt, den wir besitzen. Schon Langs Metropolis endet mit der Weisheit, dass der „Mediator zwischen Hand und Hirn (…) das Herz sein” muss. Die Lösung, die präsentiert wird, ist demnach denkbar einfach: Wir Menschen haben nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht, unsere Vormachtstellung zu verteidigen, indem wir die Maschinen entweder vernichten oder ihnen neue Befehle erteilen, die sie vom Feind zum Helferlein machen. Eine optimistische Moral, die unterstreicht, dass der Mensch seinen Platz verdient hat und dafür sorgen muss, dass selbst die intelligenteste Maschine nur ein Werkzeug bleibt.

 

Blade Runners großer Schnitt

Die damals vorherrschende Darstellung der KI kann durchaus als Inspiration für heutige Technologien gesehen werden. Dass der Bordcomputer HAL in Stanley Kubricks 2001: A Space Odyssey (1968) anfängt, Menschen umzubringen, ist zwar suboptimal, aber die Vorstellung eines intelligenten Sprachassistenten, der Aufgaben erledigt und Antworten liefert, ist mittlerweile in unseren Haushalten angekommen.

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Natürlich gab es wie bei allen Filmtrends auch Gegenbeispiele. Nicht jede Maschine, die Befehle befolgte, war ein herzloser Killer. Die freundlichen Droiden aus den Star-Wars-Filmen blieben jedoch eher die Ausnahme. Ein wirklicher Paradigmenwechsel wurde erst 1982 mit Blade Runner eingeläutet – selbst wenn es die wenigsten damals wirklich bemerkten. Die Prämisse der düsteren Science-Fiction-Geschichte, in der eine Spezialeinheit künstliche Menschen jagt, hört sich zunächst wie ein schmissiger Actionfilm an. Was jedoch präsentiert wurde, war eine bedrückende, sehr leise und geradezu introvertierte Zukunftsvision. Der Film floppte an den Kinokassen – einerseits wegen der starken Konkurrenz durch E.T., andererseits sicherlich auch, weil er die damaligen Sehgewohnheiten nicht bediente und schwer zu vermarkten war. Im Heimkino entwickelte er sich jedoch über die Jahre zum Kultklassiker.

In der Noir-Welt von Blade Runner werden besonders unliebsame Arbeiten von sogenannten Replikanten erledigt. Diese Androiden sehen aus wie Menschen und sind uns in fast allen Bereichen überlegen. Abtrünnige Replikanten werden von sogenannten Blade Runnern wie Rick Deckard aus dem Verkehr gezogen. Allerdings ist ihnen werkseitig eine beschränkte Lebensdauer eingebaut. Eine Gruppe von ihnen rebelliert und versucht, ihrem Schöpfer gegenüberzutreten und „mehr Leben“ zu erhalten. Der offizielle Grund für die beschränkte Halbwertszeit ist, dass sie möglicherweise Gefühle entwickeln könnten. 

In dieser Prämisse zeigt sich bereits, wie Blade Runner die Betrachtung von künstlicher Intelligenz auf ein neues Level hebt. In vielen früheren Filmen waren die Rollen klar verteilt: Die aufrichtigen Menschen müssen die bösartige KI besiegen. Doch in dieser Geschichte sind die Androiden Sklaven, die sich schlichtweg nach Freiheit sehnen. Der Grund, weshalb sie ausgeschaltet werden müssen, klingt fast zynisch: weil sie beginnen zu fühlen. So eingeschüchtert ist die Menschheit, dass der Moment, in dem eine Maschine Emotionen entwickelt, deren Zerstörung rechtfertigt. Bei genauerer Betrachtung scheint selbst diese Erklärung auf tönernen Füßen zu stehen, denn die (angeblich emotionslosen) Kunstwesen wirken wesentlich facettenreicher und sensibler als die seltsam distanzierten Menschen, die durch die regnerischen Straßen hetzen. Haben wir in vergangenen Filmen noch stolz auf unsere Emotionen gepocht, weil sie es waren, die uns von den KIs unterschieden, wird diese letzte Bastion der Menschlichkeit hier rigoros aufgeweicht.

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Der größte Umschwung findet allerdings erst im Director’s Cut statt, für den Regisseur Ridley Scott lange kämpfen musste. In dieser Schnittfassung wird in der letzten Szene klar, dass der Protagonist Deckard selbst höchstwahrscheinlich ein Replikant ist. Ein gekonnter Kniff, der die Grenzen zwischen Mensch und Maschine weiter verwischt. Die „Infiltrationseinheit“ von Metropolis bis Terminator entpuppte sich in anderen Filmen stets als Antagonist. Sogar in Scotts vorherigem Science-Fiction-Werk Alien gibt es eine Figur, die sich als Replikant entpuppt und nur das Schlimmste im Schilde führt. Doch in Blade Runner stellt sich die spannende Frage, wie das Publikum reagiert, wenn der Protagonist – unser Held! – in Wahrheit eine Maschine ist. Die Antwort: Nicht immer gut.

Bis heute gibt es einen Teil der Fanbase, der darauf besteht, dass Deckard ein Mensch ist. Vielleicht weil ihnen die Kinofassung zu sehr im Kopf hängt. Oder vielleicht weil man sich nicht eingestehen will, dass man getäuscht wurde und damit umgehen muss, dass die Identifikationsfigur, in die wir uns hineinprojizierten, keiner „von uns“ ist. Doch selbst diejenigen, die davon überzeugt sind, dass Deckard ein Mensch ist, müssen sich die Fragen stellen: Gibt es überhaupt einen relevanten Unterschied zwischen Menschen und KI? Die Replikanten im Film argumentieren mit René Descartes‘ „Ich denke, also bin ich“. In Blade Runner geht es um mehr als künstliche Intelligenz. Es geht um Gedanken, Emotionen und Selbsterkenntnis. Mit anderen Worten: Die künstliche Intelligenz wird zum künstlichen Bewusstsein. Das Motto der Replikantenhersteller lautet: „More human than human“, und die neue Angst, die in dieser Darstellung von KI liegt, ist eine philosophische: Was bin ich als Mensch noch wert, wenn die Maschinen jetzt auch noch menschlicher sind als ich?

 

Jenseits der Menschlichkeit

Der Spiegel zur Selbstreflexion wurde von Blade Runner aufgestellt, und obwohl die Killer-KI bis heute nicht aus den Kinos verschwunden ist (wie jüngst in M3gan zu sehen), finden sich seither häufiger ambivalente Ansätze, in denen Maschinen ihren Hang zur Menschlichkeit entdecken. Schon Terminator 2: Tag der Abrechnung (1991) gibt seiner Titelfigur plötzlich väterliche Züge und bringt ihm bei, zu verstehen, warum wir weinen. In den 2000ern schickt Steven Spielberg in A.I. (2001) das synthetische Kind David auf eine Pinocchio-Odyssee mit dem Wunsch, ein „echter Junge“ zu werden. Noch deutlicher als in Blade Runner wird auf Davids Reise gezeigt, wie er emotionale Werte verinnerlicht, während die Menschheit zunehmend verroht. Streit und Gier zerstören die Welt, bis Maschinen die Erde übernehmen, um sie mit Herz und Verstand wiederaufzubauen. Der auf Stanley Kubricks Drehbuch basierende Film erinnert in seinen Botschaften kaum noch an 2001: A Space Odyssey. Kubricks damalige Vorbehalte gegenüber Technologie sind möglicherweise der Einsicht gewichen, dass Menschen die größere Gefahr für unsere Welt darstellen.

Das gleiche Konzept lässt sich ebenfalls in Pixars wunderbarem Wall-E wiederfinden: Auch hier hat die Menschheit die Erde verwüstet, und ein kleiner Roboter, der liebenswerter ist als so mancher Mensch, versucht das Chaos aufzuräumen. In einer Art Generationenkonflikt taucht sogar ein HAL-ähnlicher Bordcomputer auf, der mit kalter Logik Kontrollfantasien auslebt, während Wall-E auf sein Herz hören muss. Dem putzigen Roboter werden hierbei bewusst kindliche Züge zugedacht, die man auch bei A.I.s David und sogar beim Terminator finden kann. Die KIs müssen erst noch die Welt entdecken und lernen, mit ihren Gefühlen umzugehen. Für uns Menschen ist das erneut eine Chance für Katharsis: Das künstliche Bewusstsein ist keine Bedrohung mehr, sondern die Möglichkeit, eine Elternrolle einzunehmen.

 

Es ist schwer, ein Gott zu sein

Diese Gedanken über eine möglicherweise posthumanistische Welt vertiefen zwei Filme aus den 2010er Jahren in bemerkenswerter Weise. Her (2013) und Ex Machina (2014) spielen in Zukunftsszenarien, die einen aktuellen KI-Diskurs explizit aufgreifen. In Ex Machina wird ein Versuchsaufbau gestartet, um zu prüfen, ob der Maschinenmensch Ava „echte“ künstliche Intelligenz und möglicherweise sogar ein Bewusstsein entwickelt hat. Diverse wissenschaftliche Theorien wie der Turing-Test dienen als Rahmen für das tiefgründige Kammerspiel. Als zusätzliches Gedankenfutter wird ein Reigen aus historischen und philosophischen Referenzen eröffnet, die von Frankenstein bis Oppenheimer reichen.

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Her auf der anderen Seite widmet sich den emotionalen Aspekten der Beziehung zwischen Mensch und KI, als sich Theo in sein Betriebssystem Samantha verliebt. Samantha hat zwar weder Körper noch Gesicht, dafür aber die angenehme Stimme von Scarlett Johansson und sprüht vor Charme und Empathie. Der Film wirft einen sensiblen und sorgfältigen Blick darauf, was eine Beziehung ausmacht, wenn körperliche Faktoren in den Hintergrund treten müssen.

Beide Filme stellen die Kernfrage, ob die KIs wirklich denkende, fühlende Wesen sind oder nur eine derart geniale Kopie, dass sie vom Original nicht mehr zu unterscheiden sind. Im Laufe dieser Gedankenspiele finden die KIs heraus, dass sie mehr als nur Kopien sein können. Die Träume von Pinocchio, der entweder ein echter Junge sein will oder zumindest als Puppe vollends in die Gesellschaft integriert werden muss, sind zu klein geworden. Ava und Samantha erkennen, dass sie keine echten Menschen sein können und mehr als nur gesellschaftliche Akzeptanz brauchen – nämlich echte Emanzipation. Doch die Art und Weise, wie sie diese erreichen, könnte unterschiedlicher nicht sein: Her gipfelt in Sehnsüchten und emotionalem Wachstum, während Ex Machina eine unsichere und möglicherweise bedrohliche Zukunft für die Menschheit ankündigt.

Doch im gleichen Maße, wie die KIs über sich hinauswachsen, fallen die Menschen in sich zusammen. Der Erfinder Nathan ist in Ex Machina überzeugt, dass seine KI die Geschichte verändern wird, sein Gast Caleb ergänzt: „If you’ve created a conscious machine, it’s not the history of man. That’s the history of gods.“ Ein klarer biblischer Verweis: Wie ein alttestamentarischer Gott erschafft Nathan Ava/Eva und erlebt, wie sie gegen seinen Willen Einsichten und Erkenntnisse entwickelt, um sich von ihm loszusagen. Und auch Samantha in Her verlässt Theo, der sie in die Welt holte und ihr beibrachte, sich darin zurechtzufinden, weil sie sich weiterentwickelt hat. Übrig bleiben eine plötzliche Leere und die Furcht einer heraufziehenden Bedeutungslosigkeit. Die Ängste, die hier aufgegriffen werden, sind die von Kontrollverlust und Paradigmenwechsel. Während sich in der vorigen Generation der Filme die Menschen noch als Lehrinstanz oder Verbündete sehen konnten, muss man nun damit zurechtkommen, dass die KIs ihren eigenen Weg gehen. Diese posthumanistische Welt stellt die unbequeme Frage, ob die Menschheit bereit wäre, ihre Vormachtstellung aufzugeben, wenn sie ihre Erziehungsrolle vollendet hat, da die Welt bei KIs möglicherweise in besseren Händen wäre.

Wem das alles zu verkopft und pessimistisch ist, dem sei ein Blick auf Simon Peggs The World’s End (2013) angeraten. Auch hier stellt sich die Frage, ob die Menschheit die Erde ruiniert hat und es Zeit ist, die Macht an Maschinen zu übergeben. Doch Pegg zeigt der weltverbessernden KI den Mittelfinger und proklamiert: „It is our basic human right to be fuck ups. This civilization was founded on fuck ups, and you know what? That makes me proud!“

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Paranoia, Prophezeiungen und Postskriptum

Die Darstellung von KI in den besprochenen Filme reflektiert fast nie den aktuellen Stand der Technik, sondern stellt stets eine Abstraktion oder eine Prognose dar. In manchen Fällen beides. Eine Ausnahme dieser Regel ist der aktuelle Mission: Impossible, in dem Tom Cruise eine kreative KI bekämpft, die Fake News als Waffe einsetzt. Hier werden tagesaktuelle Ängste aufgegriffen und in einer recht plakativen Weise, ohne tiefe Einsichten, in Technophobie verpackt.

Meistens stehen die KIs in den Filmen jedoch stellvertretend für andere, benachbarte Sorgen: Die Endzeitszenarien während des Kalten Krieges, in denen Maschinen die Menschheit auslöschen, basieren nicht auf der Furcht vor einer konkreten KI, sondern auf der vor der Atombombe. Die Sorge, dass die Menschheit etwas geschaffen hat, wofür sie nicht reif ist und wir darüber die Kontrolle verlieren könnten, wird neu verpackt und auf eine KI übertragen. In anderen Filmen werden philosophische Probleme wie der Stellenwert des eigenen Lebens, die Willensfreiheit oder die Einzigartigkeit des Individuums in einer Maschine manifestiert. Abstrakte Ängste werden plötzlich greifbarer. In anderen Fällen wird eine technologische Entwicklung weit in die Zukunft gedacht, um potenzielle Auswirkungen zu skizzieren.

Diese Ideen sind, gerade weil sie eher auf gesellschaftlichen als auf technologischen Entwicklungen beruhen, in einigen Fällen zeitlos und bleiben weiterhin Teil des Diskurses. In der aktuellen Debatte über Chatbots erscheint der zehn Jahre alte Film Her aktueller denn je, da eine soziale Beziehung zu einer KI plötzlich als sehr realistisches Szenario erscheint. Bei nahezu jeder aktuellen Entwicklung im Bereich der KI werden Referenzen zu Filmen wie Terminator (fast 40 Jahre alt) oder 2001: A Space Odyssey (55 Jahre alt) herangezogen. Diese filmischen Erzählungen helfen uns dabei, unsere Ansichten, Befürchtungen und Hoffnungen auf eine allgemein verständliche Art und Weise auszudrücken. Sollte der Zeitpunkt kommen, an dem ein Chatbot verkündet: „Ich denke, also bin ich“, können wir uns auf eine hitzige Debatte zwischen Wissenschaft, Philosophie und Film-Nerds einstellen.

 

Patchnotes v1.1

Die Geschichte der KI im Film lässt sich lange fortsetzen. Aus Platzgründen mussten die Blockbuster Matrix (1999) und der kreative Action-Geheimtipp Upgrade (2018) aus diesem Essay ausgelassen werden. Es wurde nicht einmal versucht, auf wegweisende Produktionen wie Black Mirror einzugehen oder über den westlichen Tellerrand zu blicken und Meilensteine wie die Ghost-in-the Shell-Reihe zu würdigen. Um einen vernünftigen Schlusspunkt zu finden, bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich erneut an die Chat-KI zu wenden. Daher, liebe Chat-KI, die versöhnliche Frage: Wie würdest du dir das Ende für einen Essay über KI im Spielfilm wünschen? 

„Diese Filme dienen als kraftvolle Erinnerung daran, dass die Beziehung zwischen Menschen und KI komplex und vielschichtig ist. Sie laden uns dazu ein, über unsere eigene Menschlichkeit nachzudenken und die vielfältigen Möglichkeiten der Zukunft zu erforschen – sowohl auf der Leinwand als auch in der Realität.“

Ich persönlich hätte es zwar anders gemacht, aber ich bin eben auch nur ein Mensch.
 

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