The Road (2009)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Das Ende der Welt

Wenn man dem US-amerikanischen Schriftsteller Alan Weisman Glauben schenken darf, wäre die Erde ohne den Menschen ein wahrhaft paradiesischer Ort. In seinem Buch Die Welt ohne uns – Reise über eine unbevölkerte Welt beschreibt er, wie schnell die Natur nach dem Verschwinden der Menschheit sich wieder von den Verwüstungen der sogenannten Zivilisation regenerieren würde. Was aber zuvor passiert, bis es so weit ist, davon erzählt John Hillcoat in seinem düster-niederdrückenden postapokalyptischen Drama The Road, das auf einem bislang als unverfilmbar geltenden Buch von Cormac McCarthy beruht, das 2007 mit dem Pulitzer-Preis für Romane ausgezeichnet wurde. Trotz der ernormen Hürden, die mit dem schwierigen Stoff verbunden sind, ist der Film eine (mit kleinen Einschränkungen) ebenso imposante wie erschütternde Literaturverfilmung geworden, bei der vor allem Viggo Mortensen als Vater und Kodi Smit-McPhee eine darstellerische Glanzleistung zeigen.

Am Anfang steht eine Katastrophe und die Geburt eines Kindes: Kurz nachdem eine nicht näher umrissene Naturgewalt die Erde erschüttert und die Sonne verdunkelt hat, bekommt eine Frau (Charlize Theron) einen Sohn. Doch die anbrechenden düsteren Zeiten sind nicht gerade ideal dafür, Kinder in die Welt zu setzen. Die Sorge um das Überleben in einer unwirtlich gewordenen Welt, in der beinahe alles menschliche und tierische Leben erloschen ist, haben ihr im Laufe der Jahre jeglichen Lebensmut genommen, so dass sie schließlich freiwillig in den Tod geht, um das Elend und die Perspektivlosigkeit nicht mehr mit ansehen müssen. Ihr Mann (Viggo Mortensen), der mit dem mittlerweile rund zehn Jahre alten Sohn zurückbleibt, macht sich mit seinem Kind auf den Weg an die Küste und in den Süden in der schwachen Hoffnung, dass es dort wärmer und das Leben ein klein wenig erträglicher sein könnte. Doch die Reise ins Ungewisse gerät zu einem wahren Höllentrip, in deren Verlauf die beständige Sorge um Nahrung zu beherrschen Thema wird. Hinzu kommt die Sorge um das Kind, die den Vater antreibt: Denn was geschieht, wenn er eines Tages nicht mehr da ist, um für seinen Sohn zu sorgen? Und wie kann man in einer Welt, in der angesichts der knappen Ressourcen ein erbitterter Kampf ums Überleben begonnen hat, bei dem die wenigen Überlebenden nicht einmal mehr vor systematischem Kannibalismus zurückschrecken, einen letzten Rest Anstand, Würde und Mitmenschlichkeit bewahren?

Es ist eine wahrhaftige Schreckensvision einer Welt am Abgrund, die John Hillcoat in The Road entwirft: Unter einem bedrohlich dunklen Himmel, aus dem es fast immer regnet, ist Amerika zu einem Schlachtfeld geworden, auf dem es nur noch ums nackte Überleben geht. Ständig hallen Donnerschläge durch die Luft, erschüttern Erdbeben die Erde, die einstigen Insignien der Zivilisation wie majestätischen Highway-Brücken sind ebenso zerbrochen wie die Seelen der unbehausten Menschen, die marodierend und auf der verzweifelten Suche nach Wärme und Nahrung umherziehen und sich gegenseitig das eh nicht leichte Leben vollends zur Hölle machen.

Keine Frage: John Hillcoat sind beeindruckende und erschreckende Bilder gelungen, die an die Nieren gehen und die auch Stunden danach noch nachwirken und beschäftigen. Dies wird noch verstärkt durch den Umstand, dass die Handlung und das Ziel, das die Geschichte verfolgt von Anfang an feststehen und kaum Überraschungsmomente zu bieten haben. Gerne hätte man mehr erfahren von der langen Zeit des Zusammenlebens der Familie, bevor die Mutter freiwillig in den Tod ging, weil sie das Elend nicht mehr ertrug. Diese in eingestreuten Rückblenden erzählte Episode wird aber lediglich angerissen und bleibt insgesamt recht unkonkret.

Sehr greifbar wird die Verzweiflung vor allem durch den Revolver, den die beiden mit sich führen und der noch zwei Schuss Munition enthält. Immer wieder übt der Vater mit seinem Kind, wie es Selbstmord zu verüben habe, falls es in eine ausweglose Situation komme. Die Routine und gleichzeitige Ungeheuerlichkeit dieses „Selbstmord-Trainings“ ist einer jener Momente, die uns deutlich spüren lassen, in was für eine Welt wir hier filmisch hineingeraten sind.

Stellt sich die Frage, ob Cormac McCarthy und John Hillcoat wirklich nur eine Zukunftsvision im Sinn hatten oder ob der Film nicht vielleicht auch ein Hinweis darauf ist, dass wir genau jetzt die Grundlagen dafür legen, die Umwelt zu zerstören und mutwillig alle moralischen Werte hinter uns zu lassen. Vielleicht sind wir ja längst auf der Straße ins Nirgendwo? Das wäre dann nach all den Bildern des Schreckens das wirkliche Grauen, das uns frösteln und erschauern lässt, wenn wir diesen Film gesehen haben. Und vielleicht wäre ja die Welt ohne den Menschen, wie sie Alan Weisman beschreibt, dann doch ein besserer Ort.
 

The Road (2009)

Wenn man dem US-amerikanischen Schriftsteller Alan Weisman Glauben schenken darf, wäre die Erde ohne den Menschen ein wahrhaft paradiesischer Ort. In seinem Buch „Die Welt ohne uns – Reise über eine unbevölkerte Welt“ beschreibt er, wie schnell die Natur nach dem Verschwinden der Menschheit sich wieder von den Verwüstungen der sogenannten Zivilisation regenerieren würde.

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Meinungen

Martin Zopick · 24.02.2022

Diese Parabel von John Hillcoat ist nicht dazu angelegt, dass man sich wohlfühlt und damit wird sie auch nicht ein breites Publikum erreichen.
Es ist ein Endzeitszenario, das weder Licht am Ende des Tunnels erlaubt noch irgendeine Moral verkaufen will. Die stereotypen Figuren haben so etwas Distanziertes an sich, was die Erträglichkeit wesentlich erhöht. Die Welt ist zerstört bis über die Lebensmöglichkeit hinaus. Die Natur ist tot. Nahrungsmittelknappheit führen zu Kannibalismus, Energy ist Mangelware, dafür gibt es Müll und Schmutz im Überfluss. Eine Familie steht im Fokus. Sie besteht hier aus einem ‘Mann’ ohne Namen (Viggo Mortensen), einer ‘Frau‘ ebenfalls ohne Namen (Charlize Theron, zeitweise in leuchtenden Farben) und einem ‘Buben‘ (Kodi Smit-McPhee).
Bewaffnete Banden verunsichern die Gegend, ein alter Mann (Robert Duval) taucht auf und wenn man nicht aufpasst, kommt ein Dieb und klaut einem das letzte Hemd.
Der Mann stirbt, die Frau geht weg (Suizid) und der Bub schließt sich einem Familienverband an. Vielleicht weil es da eine ‘mütterliche‘ Frau gibt.
Trist, düster, schmutzig, gefährlich, hoffnungslos…. Soll das eine Warnung sein?

Ulrich · 15.02.2022

Ein öder Film. Ein Mann läuft mit seinem Kind durch eine Welt nach der Apokalypse. Sie begegnen dabei anderen Menschen, die sich gegenseitig umbringen und essen. Am Ende stirbt der Vater. Eine ziemlich dünne Story und eine banale These: Wenn den Menschen in existentieller Not sind, dann verhalten sie sich schlecht. Die Lobesymnen zu diesem Film sind unverständlich, den Film kann man sich sparen.

henno · 27.11.2010

die geniale romanvorlage ist natürlich nicht zu toppen und äußerst schwierig - wenn gar fast unmöglich - zu verfilmen. doch die verfilmung ist tatsächlich gelungen und leider sehr unterschätzt. hätte ein größeres publikum verdient, doch der actionverzogene zuschauer der nostigen apocalyptischen filme scheint leider keine lust mehr auf tiefe zu haben.

Marcus · 03.11.2010

Dieser Film ist nichst für depressive Menschen. Meine Frau, hatte sehr zu tun den Film zu verarbeiten.Dies soll nicht heißen das der Film schlecht ist, aber man bekommt eine leicht depressive Stimmung.
Besonders hervorzuheben ist die großartige Endzeitkulisse die dermaßen gut in Szene gesetzt ist, das man sich in die Geschichte hineingesogen wird.
Man hat das Gefühl das hinter jeder Ecke etwas lauernd könnte.
Getragen wird die Geschichte durch die großartige Schauspielleistung von den beiden Hauptakteuren die Angst und Mut zum Leben sehr gut wiederspiegeln.
Fazit: Ein Klaustrophobisch guter Film. Man muss sich aber danach aber noch ein wenig Zeit nehmen um den Film zu verarbeiten.