The Mountain (2011)

Eine Filmkritik von Lida Bach

Eis, das Zelt und ihre Freundin Nora (Ellen Dorrit Petersen) – mehr gibt es hier oben nicht, in der Einsamkeit, auf dem Berg. Die einzigen Menschen auf der Welt könnten sie beide sein. In Ole Glaevers kargem Berlinale-Film „The Mountain“ sind Solveigh und Nora die einzigen beiden Charaktere. Vor zwei Jahren haben die beiden Frauen, die in dem harschen Drama des norwegischen Regisseurs auch ein Liebespaar sind, den Titel gebenden Berg zuletzt bestiegen. Nun sind sie gemeinsam an den Ort zurückgekehrt, der auf tragische Weise mit ihrem Leben verbunden ist.

„Wir haben nur schlechte Erinnerungen an diesen Ort.“, sagt Solveigh (Ellen Dorrit Petersen). Vielleicht treibt ihr der unbarmherzige Wind die Tränen in die Augen. Vielleicht ist sind es die Gedanken an das Schreckliche, was hier geschah. „Du erwähnst sie nie“, entgegnet Nora. Das erschütternde Erlebnis haben die Frauen in sich verborgen, wie Schnee und Wind auf dem Berg alles einfrieren. Doch die Trauer von einst bleibt bestehen, wenn sie nicht überwunden wird. Sie liegt konserviert unter der emotionalen Eisschicht wie die alte Thermoskanne. Was sich damals genau ereignet hat, das verrät The Mountain nicht. Die Thermoskanne. Ein Name, Velte, und die Beziehung der Frauen zu ihm. Mehr nicht.

Nicht die klirrende Kälte, sondern die eigene Angst scheint den Frauen frösteln zu lassen. Die Furcht im Herzen ist quälender als die Witterung. Gleichzeitig scheint die Bergwanderung auch die Funktion eines Betäubungsmittels zu haben. Die Erschöpfung macht die Sinne taub. Nur so sind Nora und Solveigh fähig, sich dem Verdrängten zu stellen. The Mountain ist ein filmisches Kammerspiel, dass den Ort des Filmtitels zum geschlossenen Raum macht.

Einander auszuweichen ist Nora und Solveigh unmöglich. Minimalistisch und rau ist Glaevers Spielfilmdebüt, fast ein Kurzfilm mit seiner Länge von kaum mehr als einer Stunde. Abweisend und dennoch von atemberaubender Schönheit ist die raue Landschaft. Ganz konzentriert sich The Mountain auf seine Figuren und die malerische Szenerie, deren Schroffheit die Marksteine der filmischen Parabel setzt. Der Berg verkörpert das unbewältigte Trauma. Der Aufstieg ist Metapher für die psychologische Reise zum Ursprung der schwellenden Konflikte des Paares. Umso näher Nora und Solveigh dem Gipfel kommen, um so strapaziöser wird der Fußmarsch.

Anstrengend ist auch der Weg durch das fordernde Psycho-Drama. Zu dünn ist die Handlung. Nicht nur den Figuren geht in der Ödnis der Atem aus, auch der Film schleppt sich trotz seiner Kürze dahin. Das Wenige, was die Figuren von sich zeigen, genügt nicht, um Anteilnahme für ihr Schicksal zu wecken. Filmisch ist The Mountain das Pendant zu Solveighs und Noras Bergtour: keine Vergnügungsreise, sondern ein Pflichtmarsch.
 

The Mountain (2011)

Eis, das Zelt und ihre Freundin Nora (Ellen Dorrit Petersen) – mehr gibt es hier oben nicht, in der Einsamkeit, auf dem Berg. Die einzigen Menschen auf der Welt könnten sie beide sein. In Ole Glaevers kargem Berlinale-Film „The Mountain“ sind Solveigh und Nora die einzigen beiden Charaktere.

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