Kein Ort ohne Dich (2015)

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Konzeptkitsch

Die Kategorie „Konzeptkitsch“ fehlt dem Kino. Dabei wäre sie für einen Film wie Kein Ort ohne Dich bitter nötig. „Konzeptart“ ist Kunst, die von einer unausgeführten Idee lebt. Bei Kein Ort ohne Dich wünscht man sich, die Macher hätten ihre Einfälle mitgeteilt und die Inszenierung weggelassen. Allein der Bericht, wie sich hier Schicksalsschläge und Glücksgeschenke zusammenballen, genügte völlig, um unendliche Tränenflüsse zu provozieren, während man über die Umsetzung den Kopf schüttelt.

Luke Collins (Scott Eastwood) lebt mit seiner Mutter auf einer Ranch und verdient sich sein Geld als professioneller Bullenreiter, was, wie in Kein Ort ohne Dich behauptet wird, etwas anderes als Rodeo sein soll. Sophia (Britt Robertson) ist Kunststudentin, hat für Cowboys eigentlich nichts übrig und begleitet doch eine Kommilitonin zum Bullenreiten. Weil sie Lukes Hut nach einem Sturz auffängt und ihr der junge Mann mit kessem Blick bedeutet, dass sie ihn behalten darf, kommen sich die beiden näher.

Er lädt sie zum Barbecue-Picknick am See ein. Bis in die Nacht plaudern sie, dann will er sie nach Hause fahren. Auf dem Weg werden sie auf ein brennendes Fahrzeug am Fuße eines Abhangs aufmerksam. Sie retten den alten Ira (Alana Alda) – und einen Korb voller Briefe. Als Ira notversorgt wird und Luke schon gegangen ist, beginnt Sophia in ihnen zu lesen. Sie handeln von der zaghaften Liebesgeschichte zwischen der kunstverliebten Wiener Emigrantin Ruth (Oona Chaplin) und dem etwas einfältigen jungen Ladenbesitzer Ira (Jack Huston), der zum großen Kummer beider zeugungsunfähig aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkehrt.

Die epistolare Rückblende in eine Parallelhandlung ist nicht nur Markenzeichen des Autors Nicholas Sparks, der die Romanvorlage lieferte, sie rettet auch den Film. Im unerklärten Wettstreit der Schauspieler-Sprößlinge verstehen es Oona Chaplin (Tochter von Geraldine Chaplin und damit Enkelin des „Tramp“) und Jack Huston (Urenkel des Charakterdarstellers Walter Huston), eigentlich abstrakt bleibende Affekte so zu verkörpern, dass man vor Rührung dahinschmilzt. Scott Eastwood dagegen erzielt mit Bizeps, Waschbrettbauch und grimassierender Imitation der Mimik seines Vaters Clint allenfalls den Sexappeal einer Unterwäschewerbung. Die gackernde Britt Robinson, der man keine Sekunde die Kunststudentin abnimmt, ist ihm als Sophia keine Stütze.

Das Drehbuch von Craig Bolton und dem Regisseur George Tillman, jr. tilgt die raffinierte Konstruktion und den charmant-rustikalen Zauber des Romans fast aus. Wenn man trotzdem weint, dann aus Trauer über eine empfindungsstarke Vergangenheit, die nicht in Form einer plausiblen Story präsent ist, aber als wirkungsvolle Idee. Was Ira und Ruth einst zustieß, ist so unendlich bewegender als das, womit Luke und Sophia hadern. Und was der alte Ira für die beiden jungen Leute in petto hat, bietet der Regisseur George Tillman, jr. zwar so mittelmäßig dar wie alles andere, ist aber schon als Gedanke eine überwältigende Liebesgabe.
 

Kein Ort ohne Dich (2015)

Die Kategorie „Konzeptkitsch“ fehlt dem Kino. Dabei wäre sie für einen Film wie „Kein Ort ohne Dich“ bitter nötig. „Konzeptart“ ist Kunst, die von einer unausgeführten Idee lebt. Bei „Kein Ort ohne Dich“ wünscht man sich, die Macher hätten ihre Einfälle mitgeteilt und die Inszenierung weggelassen.

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