Doktor Proktors Pupspulver

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Ein laues Lüftchen

Meine Güte, was habe ich gehofft, dass dieser Film gelingen würde! Mit welcher Begeisterung haben sich die Kinder das Buch vorlesen lassen, in dem Jo Nesbø — welch genialer Schachzug! — seinen Titelhelden ein Pupspulver erfinden lässt, das nicht nur laute, aber perfekt geruchlose Fürze erzeugt, sondern in seiner Abwandlung als Pupsonautenpulver auch das (nicht ganz ungefährliche!) Herumfliegen per Darmwindkraft ermöglicht.
Vor allem aber ist Nesbøs Geschichte ein beglückendes Beispiel dafür, wie man ein phantasievolles, völlig irres und trotzdem nicht nur spannendes, sondern auch hintergründig witziges Kinderbuch schreiben kann, voller Sprachwitz und zauberhafter Details, ach, ich könnte jetzt noch absatzweise weiter preisen und lobsingen. Aber ich will ja hier und jetzt eigentlich den Film besprechen.

Und das fällt mir dann doch ein ganzes Stückchen schwerer, als ich gehofft hatte. Regisseur Arild Fröhlich und Drehbuchautor Johan Bogaeus haben sich viele Freiheiten mit Nesbøs Stoff genommen, was nicht schlecht sein muss, und haben auch nach einem eigenen filmischen Ton gesucht — allein, was am Ende dabei herauskommt, will hinten und vorne nicht mehr zusammenpassen.

Lise wohnt in einem Vorort von Oslo und ein wenig allein, seit ihre beste Freundin aus dem Nachbarhaus fortgezogen ist — dort zieht aber nun ein merkwürdiger, sehr kleiner Junge ein namens „Bulle — was sagt man dazu?“ Gemeinsam machen sie die Bekanntschaft von Doktor Proktor, einem etwas seltsamen, aber sehr freundlichen Erfinder, der außerdem hervorragenden Pudding herstellt. Richtig kompliziert wird das Leben aber erst durch die bösartigen Zwillingsbrüder Truls und Trym sowie ihren Vater, der mit gestohlenen Erfindungen reich und berühmt geworden ist.

Damit stimmt eigentlich der äußere Rahmen. Fröhlich setzt skurrile Personen in Szenen und Kameraeinstellungen, die sehr stark an den Filmen von Wes Anderson orientiert zu sein scheinen — es fehlt aber sehr am trockenen Humor, der sich damit  erwarten ließe, stattdessen wird alles sehr schnell sehr überkandidelt. Alles ist immer gleich neben skurril auch erheblich lächerlich, Lises Eltern zum Beispiel sind offenbar an ihrer Tochter schlicht desinteressierte Volltrottel (die Mutter bügelt ihrer Tochter die Haare). Das schmerzt umso mehr, als Nesbøs Buch sich eher in Understatement versucht und in subtilen Formen der Charakterisierung — dort legen etwa die Antworten verschiedener Figuren auf Bulles Standardselbstpräsentation „Bulle — was sagt man dazu?“ schon ihren Charakterkern frei, während Fröhlich und Bogaeus etwas hilflos dabei wirken, Bulles Gewohnheit als Grundlage für kleine Witzchen zu verwenden.

Natürlich wird reichlich gepupst, und es gibt auch die geheimnisvolle Riesenschlange („Anna Konda“) in Oslos Kanalisation — aber nichts ist hier folgerichtig, alles wirkt zusammengestoppelt. Es gibt einige bezaubernde und witzige Details, die Darsteller bemühen sich alle recht erfolgreich, und Askild Vik Edvardsen Kameraführung zum Beispiel ist gelungen — aber all das löst nicht auf, dass Doktor Proktors Pupspulver eher ein schwächelndes, streng riechendes Lüftchen ist als ein herzhaft-saftiger, aber geruchsfeier Furz.

Selbstverständlich ist es müßig, vom Film das zu erwarten, was das Buch liefert — aber zum einen enttäuscht das Ergebnis gegenüber der Vorlage doch erheblich, zum anderen gelingt den Filmemachern keine überzeugende eigene Geschichte, kein Abenteuer, das man gerne sehen und wiedersehen will.

Doktor Proktors Pupspulver

Meine Güte, was habe ich gehofft, dass dieser Film gelingen würde! Mit welcher Begeisterung haben sich die Kinder das Buch vorlesen lassen, in dem Jo Nesbø — welch genialer Schachzug! — seinen Titelhelden ein Pupspulver erfinden lässt, das nicht nur laute, aber perfekt geruchlose Fürze erzeugt, sondern in seiner Abwandlung als Pupsonautenpulver auch das (nicht ganz ungefährliche!) Herumfliegen per Darmwindkraft ermöglicht.
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Meinungen

Jannis · 06.04.2018

einfach abgefahren

@PollySees · 09.07.2015

Als Liese Bulle trifft, findet sie ihn in erster Linie seltsam. Aber schnell freunden sich das Mädchen aus extrem geordnetem Hause und der viel zu klein geratene, rothaarige Bengel miteinander an. Zusammen lernen sie Doktor Proktor kennen, einen genialen Erfinder, der so tolle Dinge, wie Pulver, das einen grün leuchten lässt, erfindet. Seine neueste Erfindung, das Pupspulver, ist zwar äußerst witzig, bringt ihm aber weder Ansehen noch finanzielle Gewinne. Bis die beiden Kinder die geniale Idee haben, das Pulver direkt an andere Kinder zu verkaufen und Dr. Proktor es sogar noch modifiziert, sodass einen der Rückstoß hoch in die Luft erhebt. Alles könnte so schön sein, gäbe es da nicht den fiesen und geldgierigen Nachbarn und dessen zwei unausstehliche fette Zwillings-Söhne. Zu Beginn mag man noch denken, dass es sich um eine geschickte Analogie oder eine Nebengeschichte handelt, die für den lustigen Titel herhalten musste. Aber nein – die menschliche Flatulenz steht tatsächlich im Mittelpunkt dieser leicht hysterischen Geschichte. Dazu sollte man allerdings erwähnen, dass es sich um völlig geruchsfreie Mega-Fürze handelt und Dr. Proktor selbst der Meinung ist, „pupsen“ ist ein viel zu triviales Wort für diesen genialen, hoch-potenten Druckausgleich. Tatsächlich funktioniert die Geschichte und bringt vor allem zu Beginn, selbst Pups-Humor- resistente Erwachsene zum Lachen. Vor allem Doktor Proktor schafft es auf liebevoll verschrobene Art, sofort die Herzen der Zuschauer zu erobern. Herauszuheben ist außerdem die sehr liebevolle, pittoreske Ausstattung, die sich bin in die kleinste Kleinigkeit zieht. Dass der dänische Film sich bewusst an die Tradition der Lindgren-Filme hält, ist in vielen Sequenzen gut zu erkennen, wobei vor allem das so Vertraute, teilweise schon am „zu oft Gesehenen“ kratzt. Aber gerade, wenn er droht, ins Banale oder allzu Alberne abzurutschen, fängt er sich mit frischen Ideen in der Inszenierung, wie z.B. eingeschobenen Stummfilm-Szenen. In seinen albernen Momenten erinnert der Film stark an „Flubber“ oder ähnliche Komödien. In seinen besten Momenten allerdings hat der Film etwas von der skurrilen Verspieltheit eines Wes Anderson. Der damit verbundene Charme lässt einen auch über die ein oder andere etwas an den Haaren herbei gezogene Nebenlinie hinwegsehen und macht ihn auch für diejenigen sehenswert, die Pupsgeräusche bei Erwachsenen nach dem dritten Mal nicht mehr zum Totlachen finden.
Kürzestrezensionen in 140 Zeichen auf Twitter @PollySees

Lea · 08.01.2015

Da uns schon das Buch beim (Vor-) Lesen Spaß gemacht hat, waren wir sehr gespannt auf die Verfilmung. Und wurden nicht enttäuscht! Der Film ist nicht nur für Kids lustig und spannend - auch wir als Eltern hatten unseren Spaß und haben an vielen Stellen lachen müssen (pupsende Katze). Gerade die etwas skurrile Ästhetik und der skandinavische Charme haben uns gefallen. Anschauen lohnt sich!