American Assassin (2017)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Die Tücke der Rache

Eine leicht wackelnde Handykamera filmt am Strand von Ibiza. Dort macht Mitch Rapp (Dylan O’Brien) seiner Verlobten Katrina (Charlotte Vega) gerade einen Antrag, und er will diesen Moment unbedingt festhalten. Sie sagt ja, sie sind glücklich und Mitch macht sich auf den Weg zur Bar, um Drinks zu besorgen. Als er diese gerade geordert hat – „stark, aber nicht zu stark“ –, wird der Strandclub von Terroristen angegriffen. Sie schießen wahllos in die Menge, alle laufen schreiend durcheinander. Mitch indes kennt nur ein Ziel: er will seine Verlobte retten. Inmitten des Kugelhagels rennt er zurück zum Strand, aber er kann nur noch mitansehen, wie sie erst durch einen Schuss verletzt und dann von einem der Attentäter erschossen wird.

Daraufhin springt American Assassin 18 Monate weiter. Mitch lebt wieder in Rhode Island und verfolgt einen ausgeklügelten Plan: Er hat sich mit Mixed Martial Arts fit gemacht und in ein islamistisches Netzwerk eingeschlichen. Auf diese Weise will er den Verantwortlichen für den Anschlag, dessen Bild ihn in seinen Träumen verfolgt und er in den Nachrichten gefunden hat, endlich ausschalten. Aber natürlich ist ihm die CIA bereits auf den Fersen – und nicht nur das: CIA Deputy Director Irene Kennedy (Sanaa Lathan) sieht in ihm den perfekten Kandidaten für ein streng geheimes Projekt namens Orion, in dem Spezialisten im Töten von Feinden der USA ausgebildet werden Also stellt sie ihn vor vollendete Tatsachen: Dieses Projekt ist der einzige Weg, der für ihn an einem Gefängnisaufenthalt vorbeiführt. Zwar ist der Ausbildungsleiter Stan Hurley (Michael Keaton) von dem emotionalen und instabilen Mitch nicht überzeugt, aber Befehl ist Befehl. Damit beginnt Mitch Rapps Ausbildung – und schon bald wird er nach Europa auf seinen ersten Einsatz geschickt.

American Assassin erzählt die Geschichte eines Mannes, der aus persönlichen Motiven zum Rächer wird – und der in der zweiten Hälfte des Filmes auf verschiedene andere Rachebegehren stößt, gegen einzelne Personen, gegen Politiker, gegen Regierungen oder gar gegen ganze Länder. Aber diese werden nicht weiter ausgeführt, weil sich der Film dann letztlich doch nicht traut, von den persönlichen Motiven abzuweichen. Deshalb hat auch Mitchs Verlobte, die noch nicht einmal einen Nachnamen erhält, keinerlei andere Funktion, als ihm ein Motiv und einen schwachen Punkt zu verleihen, der bei Bedarf von Feinden wie Vertrauten gedrückt wird. Sie ist eine von vielen schematischen angelegten Figuren, bei denen es immerhin bei der CIA-Agentin Annika (Shiva Negar), die lange Zeit ebenfalls als typische weibliche Emotionsbringerin angelegt ist, noch eine kleine Wende gibt.

Auch sind die Actionszenen in diesem schematischen Reißer schön anzusehen: Es wird rasant gekämpft, bei Brutalitäten und Folterungen die Kamera auch schon einmal direkt auf die Hand gehalten, der gerade die Fingernägel herausgerissen werden, die Verfolgungsjagden sind schnell und schnittig und am Ende steht dann eine Atombombenexplosion, die tatsächlich erschütternd anzusehen ist. Dabei besteht gerade in der ersten Hälfte ein großer Reiz darin, dass Mitch Rapp ein Außenseiter ist, der sich seine Kampftechniken weitgehend selbst beigebracht hat. Deshalb reagiert er anders als trainierte Navy Seals oder andere Elitekämpfer.

Jedoch können auch die schön gestalteten Actionszenen nicht darüber hinwegtäuschen, dass American Assassin ein grundlegendes Problem hat. Der mögliche Auftakt zu einer neuen Actionthrillerreihe basiert auf der Mitch-Rapp-Romanreihe von Vince Flynn. Jedoch gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Romanreihe beginnt, nachdem Mitchs Verlobte bei dem Lockerbie-Anschlag 1988 ums Leben gekommen ist. Der Film aber setzt im Hier und Jetzt an, ohne aber die veränderte Wahrnehmung der Rolle der USA oder moralische wie rechtliche Zweifel an den Handlungen der CIA zu berücksichtigen. Dadurch durchzieht den Film ein Patriotismus, der die Augen vor einem zentralen Handlungsmoment verschließt: In der Geschichte, die hier erzählt wird, muss ein wütender Amerikaner, der Muslime töten will, nun gegen einen anderen wütenden Amerikaner kämpfen, der von einem dritten Amerikaner quasi geschaffen wurde. Darin steckt grundsätzlich sehr viel Ironie. Aber diese Doppelbödigkeit lässt der Film nicht zu, dafür ist er viel zu sehr davon überzeugt, dass letztlich nur die Amerikaner die Welt retten können. Und wer interessiert sich da schon für die Gefahren einer atomaren Verseuchung in Europa?
 

American Assassin (2017)

Eine leicht wackelnde Handykamera filmt am Strand von Ibiza. Dort macht Mitch Rapp (Dylan O’Brien) seiner Verlobten Katrina (Charlotte Vega) gerade einen Antrag, und er will diesen Moment unbedingt festhalten. Sie sagt ja, sie sind glücklich und Mitch macht sich auf den Weg zur Bar, um Drinks zu besorgen. Als er diese gerade geordert hat – „stark, aber nicht zu stark“ –, wird der Strandclub von Terroristen angegriffen.

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