Verborgene Schönheit (2016)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Augenfällige Stümperei

Wie hat es dieser Film bloß auf die Leinwand geschafft? Wahrscheinlich vor allem, weil er einen imposanten Cast zu bieten hat. Was uns gleich zur nächsten Frage führt: Warum haben sich arrivierte Darsteller wie Will Smith, Edward Norton, Kate Winslet und Helen Mirren tatsächlich für einen derart verkorksten Stoff begeistern können? Eine Antwort lässt sich beim besten Willen nicht finden, da Verborgene Schönheit eine seltsame, um nicht zu sagen fragwürdige Erbauungsmoral mit formelhaften Drehbuchwendungen und schrecklichen Kitschanflügen verbindet. Auch wenn das neue Jahr gerade erst angebrochen ist, bewirbt sich David Frankels Melodram schon jetzt um einen Platz unter den schlechtesten Filmen, die 2017 in die deutschen Kinos kommen.

Erleben wir den Werbemanager Howard (Smith) in der Eröffnungspassage noch als eloquenten Macher, der seine Belegschaft begeistern kann, tritt uns nach einem Schnitt und einem Zeitsprung von drei Jahren nur noch ein Häufchen Elend entgegen. Angegraut, ausgemergelt und konzentriert auf ein gigantisches Dominosteingebilde, das Howard in seinem Büro errichtet hat und nun – Achtung, Metapher! – zum Einsturz bringt. Kurz darauf erfahren wir, dass er seit dem Tod seiner Tochter in einer tiefen Depression gefangen ist und seine Firma sehenden Auges auf schwere Zeiten zusteuern lässt. Seine Kollegen Whit (Norton), Claire (Winslet) und Simon (Michael Peña) sorgen sich um ihn, besonders aber um die Zukunft des Unternehmens, das sie nicht verkaufen können, weil sich ihr Freund als größter Anteilseigner widersetzt. Als die Privatdetektivin Sally Price (Ann Dowd) herausfindet, dass Howard in seiner Verzweiflung wütende Briefe an die Liebe, die Zeit und den Tod verfasst und sogar abschickt, sieht das Trio eine Chance, ihn aufgrund seiner Verfassung beruflich zu entmündigen. Ein Plan, der erst richtig ins Rollen kommt, nachdem Whit die mittellose Schauspielerin Aimee (Keira Knightley) kennengelernt hat. Die junge Frau und ihre Kollegen Raffi (Jacob Latimore) und Brigitte (Mirren) sollen Howard als Verkörperungen von Liebe, Zeit und Tod mit seinen Briefinhalten konfrontieren und dabei von Sally Price gefilmt werden, sodass die Privatermittlerin die Darsteller im Anschluss digital aus dem gedrehten Material entfernen kann.

Denkt man länger als eine Sekunde über die hoffnungslos überkonstruierte Prämisse nach, steckt man auch schon tief im dramaturgischen Dilemma, das Frankel und Drehbuchautor Allan Loeb verzapfen. Howard ist ein gebrochener Mann, der mit seiner Trauer nicht umzugehen weiß. Und seinen Kollegen fällt tatsächlich nichts Besseres ein, als ihn hinters Licht zu führen und seine Versehrtheit auszunutzen. Moralische Zweifel – vorgebracht von Claire und Aimee – klingen zwischen den Zeilen an, werden aber dadurch weggewischt, dass sich die Begegnungen mit den Schauspielern für Howard erwartungsgemäß als heilsam erweisen. Glaubhaft oder nachhaltig berührend wirkt der langsam einsetzende Prozess der Trauerbewältigung allerdings nicht, da man immer wieder über den esoterisch-verquasten Anstrich und die banalen Kalenderweisheiten des Drehbuchs stolpert. Als wäre das nicht schon ärgerlich genug, heften die Macher den Nebenfiguren auch noch individuelle Problemgeschichten an, die derart lieblos ausgearbeitet sind, dass sie keinen Funken Anteilnahme erzeugen. Den Vogel schießt der Film jedoch mit seinem hochgradig melodramatischen Finale in weihnachtlichem Ambiente ab, das zunächst mit einer lachhaft-rührseligen Überraschung aufwartet, um in den letzten Sekunden einen weiteren ‚eindrucksvollen‘ Twist anzudeuten. Was den Zuschauer packen und mitreißen soll, ruft ob des dilettantisch-manipulativen Vorgehens in erster Linie ungläubiges Kopfschütteln hervor.

Während der einstige Kassenmagnet Will Smith lange Zeit nur grimmig dreinschauen und aggressiv in die Pedale von Howards Fahrrad treten muss, sorgen die Auftritte von Altstar Helen Mirren wenigstens für kleine Lichtblicke. Dumm nur, dass die mit sichtlichem Spaß aufspielende Charaktermimin ihre Energie an ein Möchtegern-Drama verschwendet, das Themen wie ‚Tod‘ und ‚Trauer‘ für einen haarsträubenden Plot missbraucht. Wer persönlichen Schmerz auf berührend-eindringliche Weise verhandelt sehen will, sollte sich auf das bildgewaltige Fantasy-Drama Sieben Minuten nach Mitternacht (Kinostart: 04. Mai 2017) freuen, das Frankels Schmonzette trotz umfangreicher Computer-Effekte in seiner emotionalen Wirkung haushoch überlegen ist.
 

Verborgene Schönheit (2016)

Wie hat es dieser Film bloß auf die Leinwand geschafft? Wahrscheinlich vor allem, weil er einen imposanten Cast zu bieten hat. Was uns gleich zur nächsten Frage führt: Warum haben sich arrivierte Darsteller wie Will Smith, Edward Norton, Kate Winslet und Helen Mirren tatsächlich für einen derart verkorksten Stoff begeistern können?

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Meinungen

Michael Fischer · 09.02.2020

Alleine durch die enorme Themenvielfalt und wie behutsam an sie herangegangen wird, verdient der Film seine Anerkennung. Sicherlich könnten einige Dialoge etwas ausgefeilter sein. Es sehr mutig sich an solche Themen, wie der Tod, die Liebe und die Zeit in diesen als personifizierte Begrifflichkeiten heranzu wagen. Lediglich die Musik hätte etwas weniger aufdringlich ausfallen können und stört somit an manchen Stellen, indem sie versucht bedeutende Scenen maßlos zu unterstreichen. Kein Popkornkino, sondern ein sehr nachdenklicher Film. Gespickt mit zahlreichen Erklärungsversuchen was das Leben so ausmachen könnte.Vielleicht stimmt er einem etwas versöhnlicher bei den Schicksalsschlägen, die einem im Leben so begegnen. Es sollten mehr solcher Filme gemacht werden.