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Rasselnde Dämonen - Ein Nachruf auf Wes Craven

Ein Beitrag von Andreas Köhnemann

Sein Ziel sei es, Filme zu machen, bei denen er aufrichtig sagen könne: „Das habe ich noch nicht gesehen!“, meinte Wes Craven einst in einem Interview.

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Scream von Wes Craven
Scream von Wes Craven

Zweifelsohne ist ihm das in seiner Kino-Karriere – die recht spät, dafür aber umso furioser begann – vollauf geglückt. Denn mehr als einmal erwies sich seine Arbeit als bahnbrechend.

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(Wes Craven über das Filmemachen)

 

Wesley Earl „Wes“ Craven kam am 2. August 1939 in Cleveland/Ohio zur Welt. Seine Eltern Caroline und Paul Eugene Craven waren strenggläubige Baptisten, denen die Welt des Kinos zuwider war. Zunächst schlug er eine akademische Laufbahn ein: Er verließ seine Heimat, um am Wheaton College in Illinois englische Literatur zu studieren. Später wechselte er zur Psychologie und machte anschließend einen Master in Writing and Philosophy an der Johns Hopkins University in Baltimore. Er wurde als Dozent in Potsdam/New York tätig – bis er ganz unverhofft (durch das Frequentieren eines Programmkinos) eine Faszination für das bewegte Bild entwickelte. Der junge Mann aus dem Mittleren Westen – inzwischen Vater zweier Kinder – fasste den Entschluss, Filmemacher zu werden.

Als ihm ein Produzent vorschlug, einen Horrorfilm zu drehen, musste Craven zugeben, keinen einzigen zu kennen. Doch er bekam einen guten Tipp: „You’re a fundamentalist, you must have demons rattling around.“ Und so ließ Craven seine „rasselnden Dämonen“ frei: Nach einer Produzententätigkeit für Sean S. Cunningham (den späteren Schöpfer von Freitag der 13.) realisierte er als Writer-Director im Jahre 1972 mit Das letzte Haus links ein hartes Stück Exploitation Cinema, das man so – entsprechend der Zielsetzung des Machers – noch nicht gesehen hatte. Der Film erzählt von zwei jungen Freundinnen, die auf dem Weg zu einem Konzert gekidnappt, gequält und schließlich getötet werden. Die Gewalt erzeugt alsbald Gegengewalt; der Film wandelt sich in eine Rachegeschichte. Das letzte Haus links ist roh, nihilistisch – und „about four times as good as you’d expect“, stellte die Kritiker-Legende Roger Ebert damals fest. Letzteres liegt vor allem daran, dass Craven sein Terror-Kino für kritische Bezüge zum Vietnamkrieg zu nutzen wusste.

Auch in Hügel der blutigen Augen (1977) konfrontierte er sein Publikum mit heftiger Kost: Eine Familie gerät an einen mutierten Clan, abermals fällt die Bekämpfung der Bedrohung blutig aus. „It’s like boot camp for the psyche“, hat Craven einmal über Horrorfilme gesagt; und als Leiter dieses Boot Camps war er gnadenlos. In Dem Tode geweiht (1981) gibt es etwa eine Szene mit der jungen Sharon Stone, die allen Arachnophobiker_innen zur Abhärtung empfohlen sei.

Mit Nightmare – Mörderische Träume gelang es Craven 1984 erneut, Filmgeschichte zu schreiben. Der Klingenhandschuh-Träger Freddy Krueger (Robert Englund) wurde zu einem unverwüstlichen Teil der Popkultur; noch heute ist die Vorstellung unerhört furchteinflößend, in den eigenen Träumen heimgesucht und getötet zu werden. Die jugendliche Protagonistin Nancy Thompson (Heather Langenkamp), die mit ihrer Clique (darunter der Debütant Johnny Depp) gegen den übernatürlichen Killer kämpft, ist eine der klassischen Horror-Heroinen, die in vielen Werken des Regisseurs und Drehbuchautors zu finden sind: anfangs ängstlich und verzweifelt, im Laufe der Handlung jedoch zunehmend aktiver und couragierter.

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(Trailer zu Nightmare – Mörderische Träume)

 

Zu Nightmare III – Freddy Krueger lebt (1987) steuerte Craven das Skript bei; ferner lieferte er mit dem filmischen Delirium Die Schlange im Regenbogen (1988) oder dem originellen Genre-Beitrag Shocker (1989) weitere sehenswerte Arbeiten. Als er 1994 in Freddy’s New Nightmare ein Spiel mit der Metaebene präsentierte, war er seiner Zeit noch voraus. Das kluge Sequel, in welchem die Nancy-Darstellerin Heather Langenkamp eine fiktive Version ihrer selbst spielte (und etwa auch Robert Englund, der Produzent Robert Shaye sowie Craven selbst auftraten), wurde bisher nicht auf die Art gewürdigt, die es eigentlich verdient hätte.

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(Trailer zu Freddy’s New Nightmare)

 

Erst mit dem postmodernen Slasher Movie Scream – Schrei! (1996), dessen Skript der damalige Newcomer Kevin Williamson verfasste, wurden die selbstreferenziellen Elemente vom Publikum angenommen. Das Werk bewirkte eine Renaissance des Subgenres. Wie einst in Halloween (1978, von John Carpenter) und den zahllosen Nachahmungen gerieten Teenager fortan wieder in die Fänge maskierter Killer – nur dass sie es nun mit dem Bewusstsein taten, sich in einer klischeehaften Horrorfilm-Situation zu befinden.

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(Trailer zu Scream – Schrei!)

 

Zwischen Scream 2 (1997) und Scream 3 (2000) setzte der King of Horror mit Music of the Heart (1999) zur Abwechslung einen melodramatischen Stoff um (der Meryl Streep eine ihrer vielen Oscar-Nominierungen einbrachte); in Verflucht (2005) ließ er Christina Ricci und Jesse Eisenberg als Geschwisterpaar an den Folgen eines Werwolfbisses leiden – und in Red Eye (2005) schickte er Rachel McAdams durch einen Albtraum über den Wolken. Seine erste Rückkehr zum Teen-Horror (My Soul to Take, 2010) wurde sowohl von der Kritik als auch von den Zuschauer_innen weitgehend verschmäht; mit Scream 4 konnte er 2011 das Franchise um die Morde in Woodsboro wiederbeleben. Sidney Prescott (Neve Campbell), das Final Girl der ursprünglichen Trilogie, wird darin erneut zu einem tödlichen Spiel herausgefordert. Die Lebenswelt der Digital Natives sowie die Entwicklungen des Genres wurden clever integriert.

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(Trailer zu Scream 4)

 

Am 30. August 2015 ist Wes Craven in L.A. im Alter von 76 Jahren an den Folgen eines Gehirntumors gestorben. Die Bilder, die er geschaffen hat, haben sich jedoch auf ewig ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben.

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