Tötet Emiliano Zapata!

Eine Filmkritik von Mike Swain

Mexikanische Geschichtsstunde

Noch heute wird Emiliano Zapata vielerorts in Mexiko als Volksheld gefeiert. Der schnauzbärtige Revolutionär, der sein Leben im Kampf für die Rechte der unfreien Bauern, den Peons, opferte, gilt als einer der Prototypen des lateinamerikanischen Freiheitskämpfers. Je nach Couleur der mexikanischen Regierung findet sich Zapatas Konterfei schon mal auf den offiziellen Geldscheinen, um dann gelegentlich auch wieder zu verschwinden. Zu lebendig scheinen einigen Herrschenden in Mexiko noch heute seine freiheitlichen, ja nahezu anarchistischen Gedanken. Ein Grund mehr, warum Zapata in vielen ärmeren Bevölkerungsschichten nahezu frenetisch verehrt wird.
Das schillernde Leben des Revolutionärs war schon Gegenstand einiger Verfilmungen. Erinnert sei an Elia Kazans Viva Zapata! aus dem Jahre 1952 in dem kein geringer als Marlon Brando den Revolutionär mimte. Doch hier soll die Rede von Felipe Cazals Tötet Eimilia Zapata! sein, der 1970 mit beträchtlichem Aufwand in Mexiko realisiert wurde. Cazals folgt den Spuren Zapatas, beginnend 1909 bei seinem fruchtlosen Versuch, mit friedlichen Mitteln die Landrechte von Bauern einzuklagen, deren Äcker von Großgrundbesitzern geraubt wurden. Doch unter der erbarmungslosen Diktatur von Porfirio Diaz, haben Peons noch weniger Rechte als ein Stück Vieh. Frustriert entschließt sich Zapata schließlich zum bewaffneten Aufstand gegen die Regierung. Akribisch verfolgt Regisseur Cazals Zapatas teils kriegerische, teils politische Bemühungen, sein Mexiko nach seinen reformerischen Vorstellungen zu gestalten, die schließlich 1919 mit seinem Tod in einem Hinterhalt der Regierungstruppen enden.

Tötet Emiliano Zapata! ist beeindruckend aufwendig inszeniert. Angeblich wurden für die Massenszenen über 60.000 Statisten eingesetzt. Kamermann Alex Phillips Jr. gibt dem Film jenen Hauch von Schmutz und Staub, wie man sie aus Spaghetti-Western kennt. Doch im Gegensatz zu einem Sergio Leone gelingt es Regisseur Cazals nicht, dem Film auch nur einen Hauch von Spannung oder Tiefe zu vermitteln. Das liegt vor allem daran, dass Cazals zu sehr damit beschäftigt ist, Geschichte möglichst präzise zu verfilmen. Zapata wirkt in Cazals Inszenierung wie ein steinernes Denkmal und Antonio Aguilar, der Zapata darstellt, monologisiert mindestens so enervierend wie Fidel Castro in seinen berüchtigten achtstündigen Reden. Die fehlende psychologische Tiefe der Hauptfigur macht dann auch jede Form der Identifikation für den Zuschauer nahezu möglich, was den Unterhaltungswert erheblich schmälert. Letztendlich ist Tötet Emiliano Zapata! eine sehr langatmige, teils jedoch prächtig bebilderte Geschichtsstunde auf Zelluloid, die die meisten Zuschauer jedoch vollkommen kalt lassen wird.

Tötet Emiliano Zapata!

Noch heute wird Emiliano Zapata vielerorts in Mexiko als Volksheld gefeiert. Der schnauzbärtige Revolutionär, der sein Leben im Kampf für die Rechte der unfreien Bauern opferte, gilt als einer der Prototypen des lateinamerikanischen Freiheitskämpfers.
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Meinungen

Martin Zopick · 03.07.2022

Eine Polit-Parabel vom großen Elia Kazan aus den frühen 50er Jahren. Das Drehbuch stammt vom ebenso großen John Steinbeck. Und zwei supergroße Leinwandidole spielen die Hauptrollen: Titelfigur ist Marlon Brando, seinen Bruder spielt Antony Quinn. Da musste ein Klassiker bei rauskommen.
Wir sind in Mexiko Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Regierung nimmt den rechtlosen Bauern ihr Land weg. Zapata wird ihr Anführer, obwohl er ein völlig unpolitischer Mensch ist. Politische Wirren bringen eine Revolution mit sich, d.h. auch einen Präsidentenwechsel. Der letzte hält sich mit Hilfe des Militärs an der Macht. Zapata setzt aufs falsche Pferd und geht gemeinsam mit seinem Favoriten unter. Idealisten und Populisten kämpfen um die Macht. Hier spielt Fernando (Joseph Wiseman) einen Typ, der überall und nirgends hinpasst. Ideologisch gewitzt wechselt er mehrfach die Gruppierungen.
Als Zugeständnis an den Publikumsgeschmack ist hier eine Lovestory eingebettet. Und zwar zwischen Zapata und Josefa (Jean Peters), einer Tochter aus gutem Hause, die gegen Ende die Kassandra-Rolle übernimmt.
Und es wird auch am Mythos von Zapata gestrickt, indem seine Unsterblichkeit herausgestellt wird. Man sagt ‘Er ist nicht tot. Er lebt in den Bergen.‘ Ein altgedienter General ergänzt aber ‘Ein toter Mann kann ein furchtbarer Feind sein.‘ In ausgiebigen Dialogen werden die Herrschaftsverhältnisse besprochen. Das geht auf Kosten der Spannung. Aber Altmeister Kazan schafft es immer wieder die Kurve zu kriegen und auf den Maintrack einzuschwenken. Der Kampf um Macht und Einfluss ist ein zeitloses Phänomen, das hier mit Action, Wortgefechten und Superdarstellern vorgestellt wird.