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Couchperle: Aki Kaurismäki bei MUBI

Ein Beitrag von Joachim Kurz

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Calamari Union / Schatten im Paradies / Lichter der Vorstadt
Kaurismäki-Bilder, die mancher sofort erkennt: Calamari Union / Schatten im Paradies / Lichter der Vorstadt

In den 1990er Jahren gab es (nicht nur) in Festivalkreisen das geflügelte Wort, dass die Gebrüder Aki und Mika Kaurismäki rund 90 Prozent der finnischen Filmproduktion ausmachen. Während Mikas Filmen ein eher wechselvolles Schicksal beschieden war, ist sich Aki Kaurismäki und seinem unverwechselbaren Stil treu geblieben und es gibt nicht wenige Fans seines filmischen Schaffens, die einigermaßen glaubhaft versichern können, anhand jedes x-beliebigen Standbildes sofort zweifelsfrei feststellen zu können, ob ein Film von Aki Kaurismäki stammt oder nicht.

So viel Stilwillen und Unverwechselbarkeit ist einerseits ein Segen, kann aber andererseits auch zum Fluch werden, weil die Gefahr von Formelhaftigkeit und Redundanzen droht. Wes Anderson kann davon ein Lied singen, ein anderer skandinavischer Bruder im Geiste wie Roy Andersson (die Namensähnlichkeit ist reiner Zufall) schafft es hingegen — wenngleich bei viel niedrigerem Output — mit Leichtigkeit, dass ihm Filmkritik und Publikum gleichermaßen gewogen bleiben.

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In verwirrenden und hektischen Zeiten, in denen nicht nur filmisch anscheinend alles geht, bilden Filmemacher wie Aki Kaurismäki nicht nur wegen der Nostalgie, die seine Filme sowieso schon prägt ein dringend notwendiges Kontinuum in einem Markt, der ständig nach Neuem und nie zuvor Gesehenem giert. Erzählerisch wie ästhetisch gleichen seine frühen Filme aus der Mitte der 1980er Jahre seinem letzten Werk Fallende Blätter wie ein Ei dem anderen. Sie sind nicht zeitgebunden, sondern spielen sowohl von der Gestaltung und Narration behaupteten filmischen Zeit als auch im Empfinden des Publikums nicht in einem konkreten Jahr, ja noch nicht einmal in einer bestimmten Dekade, sondern in einer ganz eigentümlichen Zwischenzeit, die wir nur zu gerne betreten, die uns tröstet und hält und uns Sicherheit gibt. Weil hier — anders als im Leben — alles sich doch irgendwie fügt und weil dieser Weltenschöpfer seine Figuren ohne jeden Zweifel zutiefst liebt und sich um sie sorgt. 

Beim Streamingdienst MUBI gibt es ab dem 17. November eine Collection von Aki Kaurismäkis Filmen zu bewundern, die sich überwiegend auf die Anfänge des großen Finnen beschränkt. Neben den Langfilmen Lichter der Vorstadt, Vertrag mit meinem Killer, Ariel, Schuld und Sühne, Juha, Shadows in Paradise, Take Care of Your Scarf, Tatiana, Hamlet Goes Business, Calamari Union und Die Leningrad Cowboys treffen Moses wird der Schwerpunkt noch durch ein paar weitere Kostbarkeiten ergänzt: So bieten Musikvideos wie Leningrad Cowboys: These BootsLeningrad Cowboys: Those were the Days und Leningrad Cowboys: Thru the Wire einen tieferen Einstieg in das Cinematic Universe der finnischen Musikexzentriker, was von dem Dokumentarfilm Total Balalaika Show abgerundet wird, der Aufzeichnung eines Konzerts der Band im Juni 1993 mit 100 Sängern, 40 Musikern und 20 Tänzern des Alexandrow-Ensembles der Roten Armee.

Außerdem finden sich in der Sammlung noch die Kurzfilme Tavern Man, Die Gießerei, das Musikvideo Melrose: Ritch Little Bitch und Rocky VI, die die ungeheure Produktivität Kaurismäkis verdeutlichen.

Die gesamte Collection mit dem äußerst passenden Titel „Anleitung zum Menschsein“, die von Leningrad Cowboys Go America ergänzt wird, der sich sowieso im Programm befindet, ist auf der MUBI-Oberfläche hier zu finden.

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