Alle Katzen sind grau

Eine Filmkritik von Kirsten Kieninger

Dem eigenen Vater auf der Spur

Unscharfe Bilder bilden den Auftakt. Partyrausch, verwischte Wahrnehmung und tanzende Gestalten. Mittendrin eine Frau, die sich gehen lässt, im Dirndl mit blonder Zopf-Perücke. Eine Bildsequenz, die sich zu Anfang nicht einordnen lässt, doch das Dirndl und die Perücke tauchen sogleich wieder auf: Zwei Mädchen platzen so verkleidet in ein Abendessen ihrer Eltern mit Freunden – und bringen die Mutter total aus dem Konzept. Derweil sitzt vor dem Haus ein Mann im Auto, der dem älteren der Mädchen nachzuspionieren scheint…
Der belgische Spielfilm Alle Katzen sind grau verbindet Coming-of-Age-Story, Detektiv-Geschichte und Vergangenheits-Verdrängungs-Drama. Klingt anstrengend und konstruiert? Ist es zum Glück nicht. Mit ihrem Langfilmdebüt ist Savina Dellicour, deren Filmhochschulabschlussfilm Ready 2002 als Bester fremdsprachiger Film bei den Student Oscars nominiert war, ein runder und unterhaltsamer Film gelungen.

Im Fokus des Films steht die 16-jährige Dorothy (Manon Capelle). Sie ahnt, dass der Vater nicht ihr leiblicher Vater ist, doch die Mutter (Anne Coesens) blockt Nachfragen beharrlich ab. Zusammen mit ihrer besten Freundin begibt sie sich auf Identitätssuche. Und heuert ausgerechnet den Mann an, der sie die ganze Zeit schon beobachtet und fotografiert. Er ist Privatdetektiv, hat allerdings ganz persönliche Gründe für sein Interesse an ihr. Denn er ist der leibliche Vater, den die Mutter von der Tochter fernhalten will.

Keine Angst, das war jetzt kein Spoiler, denn diese Tatsache ist dem Zuschauer recht bald klar, Dorothy allerdings recht lange nicht. Die Geschichte entwickelt geschickt einige anrührend-komische Momente aus dieser Wissens-Diskrepanz.

Der Film hält mit Leichtigkeit die Waage zwischen Humor, Drama und Rührung und schafft es, allen drei Hauptakteuren und ihrer eigenen Geschichte in dieser dramaturgisch gut gebauten Dreiecksgeschichte gerecht zu werden: Dem Teenager-Mädchen auf der Suche nach Identität, dem einsamen Privatdetektiv mit Sehnsucht nach Familie und schließlich auch der Mutter, die sich der verdrängten Vergangenheit stellen muss. Keiner der drei wird auf bloßes Klischee reduziert.

Es liegt auch an der Besetzung, dass Alle Katzen sind grau, für gerade mal 1,4 Millionen Euro produziert, so gut funktioniert: Der Privatdetektiv wird gespielt von Bouli Lanners, in Belgien ein Star und auch hierzulande z.B. durch Eldorado von 2008 bekannt, diesen tragikomisch-schrägen Roadmovie in dem er die Hauptrolle spielt und auch Regie führte.

Der bärtige, leicht bullige Kerl hat eine sympathische Präsenz irgendwo zwischen Underdog und unbedingt vertrauenswürdigem Typen, die er auch als Privatdetektiv in Alle Katzen sind grau verströmt. Die Chemie im Zusammenspiel mit Manon Capelle, die als Dorothy ihr bemerkenswertes Debüt vor der Kamera gibt, stimmt. Man schaut den beiden gerne zu, wie sie um die großen Gewissheiten des Lebens ringen in diesem kleinen, feinen Langfilmdebüt. Und zu guter Letzt hat das Drehbuch auch noch eine überraschende Wendung in der Hinterhand.

Alle Katzen sind grau

Unscharfe Bilder bilden den Auftakt. Partyrausch, verwischte Wahrnehmung und tanzende Gestalten. Mittendrin eine Frau, die sich gehen lässt, im Dirndl mit blonder Zopf-Perücke. Eine Bildsequenz, die sich zu Anfang nicht einordnen lässt, doch das Dirndl und die Perücke tauchen sogleich wieder auf: Zwei Mädchen platzen so verkleidet in ein Abendessen ihrer Eltern mit Freunden – und bringen die Mutter total aus dem Konzept.
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