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Ein knallbunter Animationsfilm mit einer grauen Protagonistin, ernsten Themen und etwas viel Oberfläche.

Arkie und die Stadt des Lichts (2023)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Lass uns den Pflanzen helfen!

Auf den ersten Blick scheint Arkie nicht so ganz in diese ihre Welt zu passen. Die Zwölfjährige selbst ist eine Studie in Graustufen, mit Piratenmützchen und Augenklappe. Der eine Arm endet in einem Stumpf, an den sie wahlweise einen Haken oder andere Instrumente anhängen kann. Nur der andere Arm, eigentlich kein Arm, sondern ein Tentakel, zeigt ein wenig ins Grünbläuliche – das bindet sie dann doch an die Welt.

Denn um sie herum ist alles farbig, gelegentlich gar knallig: grün und blau und blumenbunt bei ihr daheim am Meer, wo sie mit ihrem Vater allein lebt. Neonfarben und knatschig leuchtend in der „Stadt des Lichts“ unter der großen Kuppel, wo sich Wesen aller Größen und Formen knuddeln, die runden und kurvigen Häuser so weit gen Himmel streben, dass irgendwo auf halber Höhe sich die ersten Wolken sammeln. Auf den ersten Blick jedenfalls – und das sind auch die ersten Bilder des Films – sieht es hier aus wie in einer niedlicheren und bei weitem nicht so hoffnungslosen Welt wie das Los Angeles von Blade Runner, aber ansonsten doch sehr ähnlich.

Hier harschbunte Stadt, dort heimeliges Landleben, hier Technik, dort Natur, hier Science-Fiction, dort fast schon Fantasy: Arkie und die Stadt des Lichts könnte daraus einen harten Kontrast, eine Kulturkampfstory machen, und anfangs sieht es auch danach aus. Denn Arkies Vater Blister, ein riesenhafter (und auf dem Land lebender) Kraken, hält nicht allzu viel von Maschinen, er will lieber die Kraft der Sonne nutzen, um die Pflanzen um sich herum zu hegen und zu pflegen – und wenn das nicht reicht, kann er auf seine heilenden Zauberkräfte zurückgreifen.

Aber das Idyll am Meer kann nicht ewig währen; der Filmtitel lässt schon erahnen, dass Arkie in der Stadt des Lichts landen wird, ihrem Vater auf den Spuren. Der wurde gekidnappt, weil Dr Maybee, Herrscher der Stadt, seine heilende Energie benötigt, um die DNA seiner verstorbenen Tochter wieder zum Leben zu erwecken. (Nein, nicht alles ergibt hier wirklich Sinn, wenn man es zu Ende denkt.) Gemeinsam mit einem wankelmütigen Hasen und dessen Gefährten, einem Ei mit Augen und Hut (und ziemlich bald schon einem Riss in der Schale) macht Arkie sich also auf den Weg, trifft unterwegs noch einen allwissenden Baum, und muss schließlich die Welt retten, den Maybee zieht für seine Versuche zu viel Energie aus der Sonne.

Arkie und die Stadt des Lichts ist eine Reise in eine popbunte Wunderwelt der wild-hybriden Wunderwesen. Harte Kanten und rechte Winkel gibt es hier allenfalls beim Bösewicht, ansonsten wirkt alles farbig, weich, gewachsen – und doch ein bisschen wie Plastik. Die Herkunft der Geschichte mag ihre Rolle dabei gespielt haben: Scarygirl – so der Originaltitel von Film und Vorlagen – hat schon einige Iterationen durchlaufen, war zunächst eine Graphic Novel von Nathan Jurevicius, eine Geschichte ganz ohne Worte, mit allenfalls gezeichneten Dialogen. Aus den Figuren wurde dann ein Computerspiel, und nun hat Ricard Cussó (der von zum Beispiel Combat Wombat und Der Wunschtraumbaum schon Animationserfahrung mitbrachte) daraus einen Film gemacht, der ebenfalls vor allem mit seinen Bildern überzeugen und überwältigen will.

Dass Handlung und Dialoge dabei über bekannte Versatzstücke kaum hinausgehen, fällt angesichts der Bilderflut auch zunächst kaum auf; zumal der Film so hybrid und aus unterschiedlichen Versatzstücken zusammengewachsen wirkt wie seine Protagonistin. Mit sichtbaren Nähten in den Mundwinkeln und ihrer unklar gemischten Körperlichkeit (die im übrigen ausschließlich von Maybee als Problem und Schwäche wahrgenommen wird) schwingt ein wenig „Frankenstein“ in der Erzählung mit. Aber wie schon bei Mary Shelley ist das wahre Monster der Wissenschaftler, in diesem Fall mit seinem Wahn, eine perfekte, fehlerfreie neue Tochter erschaffen zu können – und mit der Bereitschaft, dafür alles und alle anderen zu opfern.

Kein Wunder natürlich (und wenig überraschend in einem Film, der sich vor allem an ein junges Publikum wendet), dass am Ende das Gute obsiegt, das Wachstum, das Unvollkommene. Vielleicht, muss Blister gestehen, sind Maschinen allerdings doch nicht nur schlimm – Arkie hat da ja doch ein paar gute Ideen. Bleibt zu hoffen, dass die Wesen dieser Welt den nur maßvollen Einsatz von Technik beibehalten und nicht vergessen, welch rettenden Heilkräfte die Kraken besitzen.

Arkie und die Stadt des Lichts (2023)

Die junge Arkie ist kein ganz normaler Teenager: Sie trägt eine Augenklappe, hat einen Tentakelarm und ihr Vater Blister ist ein Riesenoktopus, der die Fähigkeit hat, vertrocknete Pflanzen wieder zum Leben zu erwecken. Weil sich der zwielichtige Wissenschaftler Dr. Maybee diese Kräfte zu Nutzen machen möchte, leben Blister und Arkie zurückgezogen und verborgen auf einer idyllischen Halbinsel weit weg von der geheimnisvollen Stadt des Lichts. Als ihr Versteck durch ein schiefgelaufenes Experiment auffliegt und ihr Vater von Handlangern des Schurken entführt wird, macht sich Arkie zusammen mit ihren neuen Weggefährten Bunniguru und Egg auf den langen und abenteuerlichen Weg in die große Stadt, um ihn zu befreien. Und erfährt dabei auch mehr über sich selbst, als sie gedacht hätte …

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