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In ihrem neuen Film seziert Margarethe von Trotta die toxische Liebesbeziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch und verlässt sich dabei allzu sehr auf Vicky Krieps und Ronald Zehrfeld.

Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste (2023)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Bildnis einer toxischen Liebesarbeit

Als im vergangenen Jahr der Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch mit dem Titel Wir haben es nicht gut gemacht erschien, überschlug sich das Feuilleton förmlich. Es war die Rede von einer grundlegenden Neubewertung, die man nun wohl im Falle der beiden und ihrer gescheiterten Liebesbeziehung vornehmen müsse. Allerdings haben diese jüngsten Erkenntnisse ganz offensichtlich keinen Einfluss auf Margarethe von Trottas Verfilmung der Liebesbeziehung und des Scheiterns von Ingeborg Bachmann und Max Frisch gehabt, was angesichts der Aktualität der Veröffentlichung des Briefwechsels kaum verwundert. Viel eher orientiert sich der Film an einem 2017 posthum erschienenen Buch mit dem Titel Male oscuro. Aufzeichnungen aus der Zeit der Krankheit.

In ihrem neuen Film Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste zeichnet Margarethe von Trotta diese Beziehung in der Rückschau nach. Als Ausgangspunkt der Erzählung wählt sie eine Reise in die Wüste Marokkos, die Ingeborg Bachmann (Vicky Krieps) nach dem Aus mit Frisch (Ronald Zehrfeld)mit ihrem neun Jahre jüngeren Liebhaber Adolf Opel (Tobias Resch) unternahm. Diese Reise, die sie auf Anraten ihrer Ärzte unternahm, gerät für die gebrochene Schriftstellerin zu einem Versuch, zurück zum Schreiben zu finden, was am Schluss in einer sehr sinnlichen Gruppensex-Szene mündet. Allerdings, das muss man leider auch eingestehen, ist dies eine der wenigen Sequenzen, in denen sich der Film von seinem engen Korsett befreit.

Eine andere Szene ähnlicher Natur bildete den Auftakt des Films: Eine Frau in einem grünen Nachtgewand gleitet durch einen nächtlichen, surreal wirkenden Flur hin zu einem Telefon, dessen ohrenbetäubendes Klingeln die Stille der Nacht zerfetzt. Dort angekommen, hört die Frau auf jede ihrer zärtlichen und sehnsüchtigen Fragen an ihrem Geliebten am anderen Ende der Leitung nur gellendes, höhnisches Gelächter. Natürlich ist dies nur ein Traum und doch fasst diese Szene die Essenz der toxischen Beziehung zwischen Ingeborg Bachmann und Max Frisch zusammen.

Immer wieder unterbrochen von Szenen der späteren Reise in die Wüste entfaltet der Film die Chronologie dieser Liebe von den Anfängen über die sich langsam entwickelnde Liebesbeziehung bis hin zur Ehe, die aber auf sehr schmerzhafte Weise scheitern wird. Obgleich der Briefwechsel zu einer Neubewertung der Verantwortung Max Frischs für das Scheitern der Beziehung geführt hat, sind dabei in Margarethe von Trottas Film die Rollen recht eindeutig verteilt: Auf der einen Seite die zarte, zerbrechlich wirkende Bachmann, auf der anderen Seite der massige Spießbürger Frisch, den Ronald Zehrfeld oft am Rande einer Karikatur gibt: Verkniffen, eifersüchtig, voller Kontrollzwänge, die Hände häufig vor dem Bauch haltend, an der Pfeife ziehend oder in fast schon aggressiver Weise mit einem Finger auf die Tastatur seiner Schreibmaschine einhackend. Bachmann empfindet dies als einengend und sie entflieht der Enge und Piefigkeit dieser Verbindung nach Rom, in „ihre Stadt“ und versucht dort eine offene Beziehung zu führen, ein Vorhaben, das aber an der Engstirnigkeit Frischs scheitert.

Die erdrückende Tristesse dieser Beziehung illustriert der Film (Kamera: Martin Gschlacht) mit einer zunehmend graustichigen Farbpalette, die in deutlichem Kontrast zum warmen Licht der ersten Begegnung und zur gleißenden Helligkeit der titelgebenden Reise in die Wüste steht. Allerdings verharrt auch die Inszenierung allzu oft in genau jener Schwerfälligkeit und Biederkeit, die im Film vor allem von Max Frisch ausgeht. Abgesehen davon, dass dies kaum etwas für die Faszination der beiden füreinander spürbar macht, erscheint es fast wie ein Triumph der Persona Max Frischs, dass seine Enge und seine Kontrollzwänge nicht nur die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, sondern auch diesen Film infiziert zu haben scheinen.

Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste (2023)

Der Film erzählt vom Leben der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, die in Berlin, Zürich und Rom lebte. Ebenfalls thematisiert werden ihre Beziehung zu Max Frisch, ihre Reise nach Ägypten sowie ihre radikalen Texte und Lesungen. Das Motto ihrer Literatur und ihres Lebens lautete: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“

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Meinungen

Dagmar Fend-Wunsch · 03.11.2023

Ich kann nichts zum Wahrheitsgehalt der Geschichte, die in diesem Film erzählt wird, sagen. Anfangs war ich durch den häufigen Szenenwechsel etwas verwirrt, aber mit der Zeit wurde mir die Geschichte klar. Was mir besonders gefallen hat, waren die Bilder, die Kameraeinstellungen, die Farben und Atmosphären, die Darstellung der Schauspieler... Ich genoss diesen Film in vielerlei Hinsicht.