Es liegt etwas Urtümliches in diesem Stoff, der gemeinhin als erste große Anti-Kriegserzählung der Moderne gilt und auch den ersten Anti-Kriegsfilm hervorgebracht hat: Im Westen nichts Neues. Auch wenn die Diskussionen um den Begriff Anti-Kriegsfilm bis heute anhält — manifestiert in den gegensätzlichen Positionen von Steven Spielberg (Jeder Film über Krieg sei ein Anti-Kriegsfilm) und Francois Truffaut (Es gebe keinen Anti-Kriegsfilm) -, so bezieht Erich Maria Remarques Roman doch klar Position: Auf dem Schlachtfeld gibt es keine Helden, nur Leid, Verlust, sinnloses Sterben und Enttäuschung statt Ehre.

Die neue Netflix-Verfilmung fängt diese Essenz nur zur Hälfte ein — vor allem das schier unendliche, zermürbende Warten im Schützengraben blendet sie aus — und füllt die andere mit visuellem Bombast auf. Ganz anders als die 92 Jahre ältere Urversion von Lewis Milestone über den deutschen Schüler Paul Bäumer (Lew Ayres), der sich im Taumel der Kriegslust für den Dienst an der Front meldet, auf Ruhm und Ehre hofft, dort aber das genaue Gegenteil vorfindet: Akte der blinden Zerstörung und des Tötens, das sinnlose Verheizen von Leben (auch denen seiner Freunde) und ein zwar ehrlicher, aber doch vor allem zweckdienlicher Kameradschaftsgeist — Verbrüderung um der psychologischen und physischen Selbsterhaltung willen.

Im Westen nichts Neues von 1930 ist bis heute ein unheimlich wirkungsvoller Film mit klarer Anti-Kriegsbotschaft; seine filmhistorische Bedeutung kommt noch on top dazu. Die bisherigen Heimkinoveröffentlichungen werden seit dem 4. November durch zwei weitere ergänzt: eine Drei-Disc-Collector’s-Edition mit Booklet, die auch erstmals die acht Minuten längere Fassung beinhaltet. Und eine Sechs-Disc-Ultimate-Edition mit erstmals allen vier deutschen Synchronfassungen, einer viragierten und diversen weiteren Fassungen sowie diversen Extras.