Valley of Love

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Durch die Wüste mit Gérard und Isabelle

Valley of Love von Guillaume Nicloux folgt vor allem den bewährten Rezepten eines Arthouse-Kinos, das immer offensichtlicher nach der Generation 50+ schielt und für eine jüngere Zuschauerschaft kaum etwas zu bieten hat. Abzulesen ist das bereits an der Besetzung mit Isabelle Huppert und Gérard Depardieu sowie an der Storyline, bei der sich ein geschiedenes Ehepaar auf posthume Anweisung ihres toten Sohnes auf eine Reise ins Death Valley macht, wo der Verstorbene an einer vorher beschriebenen Stelle seinen Erzeugern begegnen will.
Natürlich hegt vor allem der Vater, ein Schauspieler namens Gérard (auch Isabelle Hupperts Figur ist Schauspielerin, die – wen wundert’s – Isabelle heißt), Misstrauen gegen die versprochene Erscheinung aus dem Jenseits, während die Mutter des durch Selbstmord aus dem Leben Geschiedenen unbeirrt an die temporäre Wiederkehr ihres Sohnes Michael glaubt. Also heißt es von nun an warten, denn in dem Brief an seine Eltern beschreibt Michael gleich sieben Stellen und Zeiten, an denen er möglicherweise erscheinen wird.

Der Koloss und die Zierliche – schon rein äußerlich geben Isabelle Huppert und Gérard Depardieu ein höchst gegensätzliches und nicht sehr glaubwürdiges Ex-Ehepaar ab, das einzig und allein auf Geheiß des verstorbenen Sohnes wieder für eine begrenzte Zeit zusammenfindet. Das Perfide ist vor allem, wie sehr der Film mit der massigen Gestalt Depardieus spielt, diese immer wieder den Blicken des Zuschauers förmlich aufzwingt und Isabelle gleich als ersten Satz bei der Begegnung nach vielen Jahren sagt lässt: „Du bist aber dick geworden“, als ginge es darum, den Zuschauer noch extra auf diesen offensichtlichen Umstand hinzuweisen. Dass Gérard Depardieu über weite Strecken des Films zudem (die Hitze im Death Valley macht’s möglich) mit entblößtem Oberkörper durch die Szenerien stapft, verstärkt des Eindruck des Exploitativen, der sich auch aus der umstrittenen Persona des Schauspielers speist. Und so verharren die beiden Stars des französischen Kinos in Rollenklischees, die stets die Persönlichkeit des Darstellers und der Darstellerin über die Erfordernisse der von ihnen verkörperten Figuren stellen: Sie ist die überspannte Hysterikerin, die stets überlaut in ihr iPhone brüllt, er der Lebemann mit weichem Kern und gefährdeter Leiblichkeit, denn als (einzige) Backstory wird Gérard (also der Rolle, nicht dem Darsteller) noch ein schweres Krebsleiden angedichtet.

Das Exploitative dieser ebenso permanenten wie penetranten Körperbetrachtung und -zurschaustellung setzt sich in einer Nachtszene fort, in der Gérard in einer Außenanlage des Motels, in dem sie wohnen, einer missgebildeten Bediensteten begegnet, wie man sie sonst eher aus American Gothics wie den Filmen von David Lynch oder aus der Ikonographie fantastischer Filme wie Donnie Darko kennt. Die von dieser Frau gemurmelten Prophezeiungen sind ein erstes Signal dafür, dass es bei dem bislang ungerührten Vater doch zu einer Katharsis kommen könnte.

Immerhin ist der Film dann im Abspann so konsequent (es bleibt freilich eine der wenigen Konsistenten), nur die beiden Nachnamen der Schauspieler zu nennen. Was als Gag in Bezug auf das Spiel mit Rollen- und Darstellernamen gedacht ist, erweist sich mit dieser Schlussvolte als verräterisches Indiz dafür, dass sich Valley of Love voll und ganz auf die Prominenz von Huppert und Depardieu verlässt. Eine Rechnung, die in diesem Fall nicht aufgeht.

Valley of Love

„Valley of Love“ von Guillaume Nicloux folgt vor allem den bewährten Rezepten eines Arthouse-Kinos, das immer offensichtlicher nach der Generation 50+ schielt und für eine jüngere Zuschauerschaft kaum etwas zu bieten hat.
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