Silly - Frei von Angst

Eine Filmkritik von Falk Straub

Geschlossene Gesellschaft

Nach Peter Maffay und den Brothers Keepers hat sich Regisseur Sven Halfar erneut Musikern gewidmet. Silly – Frei von Angst über die Gruppe um Rüdiger „Ritchie“ Barton, Uwe Hassbecker, Hans-Jürgen „Jäcki“ Reznicek und Anna Loos ist allerdings mehr Fan- als kritischer Dokumentarfilm.
Die Lichtstimmung steht, der Sound sitzt, als Anna Loos die Bühne betritt und die ersten Zeilen ins Mikrofon singt. Mühelos schwappt die Dynamik von der Leinwand in den Kinosaal. Man muss den mit Metaphern gespickten Befindlichkeits-Rock dieser Band nicht mögen, um zu begreifen, was sie auch knapp 40 Jahre nach ihrer Gründung in Ostberlin zu einem – mittlerweile gesamtdeutschen – Phänomen macht. Und schwups reißt einen Keyboarder Ritchie Barton mitten aus dem Mitwippen, als er seine Frontfrau korrigiert. Der vermeintliche Auftritt entpuppt sich als Probe. Sven Halfars Einstieg in seinen Dokumentarfilm enthält bereits dessen zentrale Punkte, legt er doch Beziehungsgeflechte und einen Teil der Dramaturgie offen.

Halfar erzählt die Geschichte der Kultband Silly entlang der Tournee ihres jüngsten Albums Wutfänger. Er ist bei Proben im Grünen und beim Soundcheck dabei, zeigt die Musiker vor und nach ihren Auftritten – mal in Harmonie, mal im Clinch, mal mit Gästen wie dem Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel – und begleitet sie ins Tonstudio oder zu einem Fotoshooting. Wiederholt zögert der Regisseur das erste Konzert in Frankfurt (Oder) hinaus, steigert künstlich die Spannung. Auf Archivmaterial verzichtet er beinahe ganz. Ein paar wenige Bilder erinnern an die 1996 an Krebs verstorbene Sängerin Tamara Danz, deren Platz Anna Loos zehn Jahre später einnahm. Der Rest entspringt wie so vieles in diesem Film der Erinnerung der Bandmitglieder, wenn sie sich miteinander oder mit der Kamera unterhalten – stets so locker, als ob das Aufnahmegerät gar nicht mit im Raum wäre.

Hier kommen auch die Zuschauer den Musikern unglaublich nahe. Es entstehen intime Momente, wenn Ritchie Barton und Gitarrist Uwe Hassbecker über ihre Beziehung zu Tamara Danz sprechen. (Beide waren nacheinander mit ihr zusammen, was die Gruppe in den 1980er-Jahren beinahe gesprengt hätte.) Bassist Jäcki Reznicek ruft sich tief bewegt Tamaras letzte Tage und das Versprechen ins Gedächtnis, das sie ihm seinerzeit abrang: Silly nicht mit ihr sterben zu lassen. Sven Halfar hat bereits zum zweiten Mal mit der Band gedreht, was ihm die Arbeit zweifelsohne erleichterte und es erst erlaubte, die freundschaftliche Atmosphäre aufzubauen. Gerade diese Nähe ist aber zugleich das große Manko.

Halfars Blickfeld ist eingeschränkt. Sein Film tritt nie den entscheidenden Schritt zurück, betrachtet Silly nicht von außen, ist vielmehr mit den Musikern in ihrer Tournee-Blase gefangen. Bis auf Sebastian Krumbiegels der Gruppe freundlich zugetanen Stimme gibt es keine externen Einschätzungen, weder was Sillys Bedeutung noch Qualität betrifft. Ja selbst die ständigen Gastmusiker, die nicht zum festen Kern um Barton, Hassbecker, Reznicek und Loos zählen, sind seltsam abwesend. Wenn die vier Alphatiere nach einem Auftritt angeregt diskutieren, stehlen sich die anderen schon einmal mit einer Flasche Schampus unter dem Arm aus dem Bild. Ihre Gesichter sprechen Bände, doch Halfar lässt sie nicht zur Wort kommen. All die Konflikte, die sich mehrfach andeuten und jede Musikdoku erst richtig interessant machen, bleiben in Frei von Angst unausgesprochen. Jeder scheint sich zu bremsen, um dem öffentlichen Ansehen nicht zu schaden. Eine enttäuschende Performance für einen Dokumentarfilm, der länger als manches Konzert dauert.

Silly - Frei von Angst

Nach Peter Maffay und den „Brothers Keepers“ hat sich Regisseur Sven Halfar erneut Musikern gewidmet. „Silly – Frei von Angst“ über die Gruppe um Rüdiger „Ritchie“ Barton, Uwe Hassbecker, Hans-Jürgen „Jäcki“ Reznicek und Anna Loos ist allerdings mehr Fan- als kritischer Dokumentarfilm.
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