ES (2017)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Gemeinsam stark

Nach der enttäuschenden Leinwandadaption von Stephen Kings Fantasy-Saga Der dunkle Turm durfte man mit Skepsis und Sorge der Präsentation von Es entgegenblicken, der jüngsten Verfilmung eines Romans aus der Feder des literarischen Horrorpapstes, dessen Geschichten ins Kino oft wenig zufriedenstellend übersetzt wurden. Sollte es tatsächlich wieder ein Reinfall sein? Oder ist es dem argentinischen Regisseur Andrés Muschietti (Mama) gelungen, einen mitreißenden Gruselbeitrag zu kreieren, der sich von der 1990 veröffentlichten Fernsehfassung des Stoffes abhebt? Bange Fragen, die man allerdings recht klar beantworten kann. Ein Rohrkrepierer ist die Neuinterpretation von Es ganz gewiss nicht. Vielmehr eine überraschend berührende Schauermär, die dank toller Besetzung ein nachhaltiges Coming-of-Age-Gefühl aufkommen lässt und – sicherlich gewollt – an Rob Reiners Jugendfilmklassiker Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers erinnert, der bekanntlich ebenfalls auf einer Novelle von Stephen King basiert.

Während die Romanvorlage teilweise Ende der 1950er Jahre spielt, verlagern die Filmemacher das Geschehen in die ausgehenden 1980er Jahre, da sie – so ist es im Presseheft zu lesen – von einer Zeit erzählen wollten, die sie selbst erlebt haben. Eine zweite Änderung betrifft das Alter der Protagonisten, die in der Leinwandversion ausschließlich als Kinder zu sehen sind, wohingegen das Buch zwischen der Pubertät und dem Erwachsenendasein der Hauptfiguren hin- und herspringt. Eine Annäherung an die Romankonzeption könnte in der bereits angekündigten Fortsetzung zu Es erfolgen, die für 2019 erwartet wird.

Die Zukunftsmusik soll an dieser Stelle aber nicht im Mittelpunkt stehen, sondern Muschiettis aktuelle Adaption, die den Zuschauer in die Kleinstadt Derry entführt, in der Ende der 1980er Jahre mehrere Kinder verschwinden. Erwischt hat es auch den kleinen Georgie (Jackson Robert Scott), der beim Spielen mit einem Papierschiffchen im strömenden Regen einer bösen Kreatur begegnet, die häufig in Gestalt des Clowns Pennywise (Bill Skarsgård) auftritt und den Jungen brutal in die Kanalisation zerrt. Georgies älterer Bruder Bill (Jaeden Lieberher) macht sich fortan schwere Vorwürfe und will mit seinen Freunden Richie (Finn Wolfhard), Eddie (Jack Dylan Grazer) und Stanley (Wyatt Oleff) am Anfang der Sommerferien einen Abwasserschacht vor den Toren der Stadt untersuchen, in dem er Georgie zu finden hofft. Einen Schritt weiter kommen die vier Außenseiter jedoch erst, als sie sich mit dem neu hinzugezogenen Ben (Jeremy Ray Taylor) zusammentun, der durch seine Bibliotheksrecherchen Interessantes zu berichten weiß: Offenbar wird Derry alle 27 Jahre von grausamen, mysteriösen Ereignissen heimgesucht. Verantwortlich für die Taten ist der verschlagene Gestaltenwandler, der den kleinen Georgie in die Kanalisation verschleppt hat und nun Jagd auf Bill und seine Clique macht, der sich auch die in der Schule gemobbte Beverly (Sophia Lillis) und der Afroamerikaner Mike (Chosen Jacobs) anschließen. Nur gemeinsam können sie dem bösen Wesen die Stirn bieten, das jeden Einzelnen von ihnen mit persönlichen Ängsten konfrontiert.

Dass der Film nicht vor Gewaltspitzen zurückschreckt, zeigt bereits das Aufeinandertreffen von Georgie und Pennywise zu Beginn, bei dem der hilf- und arglose Junge einen Arm verliert, bevor er komplett im Schacht verschwindet. Parallel setzt Muschietti im Einstieg aber auch atmosphärische Akzente, wenn er die allzu bekannte kindliche Angst vor einem dunklen Kellerraum souverän heraufbeschwört. Wie sehr dem Regisseur seine Protagonisten am Herzen liegen, wird schon in der feinfühlig inszenierten Beziehung zwischen Bill und seinem kleinen Bruder deutlich. Anders als viele Horrorfilme führt Es sein Publikum behutsam in das wenig rosige Leben der Kinder ein, die sich selbst liebevoll ‚Club der Verlierer‘ nennen und immer wieder unter einer lokalen Schlägertruppe zu leiden haben.

In der Luft liegt ein Hauch von Abenteuer, wenn Bill und seine Freunde auf ihren Rädern durch die Straßen flitzen und Hinweise zu entschlüsseln versuchen. Genauso mächtig ist jedoch das Gefühl der Beklemmung, das den Betrachter beim Anblick ihres beschwerlichen Alltags befällt. Erwachsene sind in der Welt des Films entweder mit sich selbst beschäftigt und überfordert oder aber auf perfide Weise übergriffig. Bills Eltern erweisen sich nach Georgies Verschwinden nicht als Stützen. Eddies Mutter zieht ihren Sohn bewusst zu einem Hypochonder heran. Und Beverly hat einen sadistischen Vater, der sich regelmäßig an ihr vergeht. Harte Schicksale, denen der Film aufrichtiges Interesse schenkt, anstatt sie reißerisch auszuschlachten.

Ein gutes Gespür beweisen Muschietti und seine Mitstreiter bei der Zusammenstellung des Kinderensembles, das eine tolle Gruppendynamik und eine erstaunliche Natürlichkeit an den Tag legt und so kleinere Drehbuchmängel vergessen macht. Unglaublich charismatisch ist vor allem Sophia Lillis, die Beverlys Selbstbewusstsein und ihre verletzliche Seite mit voller Wucht in den Kinosaal transportiert. Eine echte Entdeckung, von der man sicherlich noch einiges hören wird.

Angesichts der mitunter höchst eindringlichen und unheimlichen Szenen aus dem Alltag der jungen Menschen – Stichwort: Blutfontäne – hätte der Film gut und gerne auf einige klassische Schockmomente verzichten können. Dass Muschietti das Horroreinmaleins genau studiert hat, belegen gruselige Passagen wie eine außer Kontrolle geratene Diashow und nette Reverenzen an bekannte Schauerwerke (etwa Nicolas Roegs Mystery-Klassiker Wenn die Gondeln Trauer tragen). Manchmal wirken die Buh-Effekte aber auch arg trashig und plump. Nichtsdestotrotz ist es schön, endlich mal wieder sagen zu können, dass eine King-Adaption größtenteils spannende Unterhaltung bietet und noch dazu die Ängste Heranwachsender ernst nimmt.
 

ES (2017)

Nach der enttäuschenden Leinwandadaption von Stephen Kings Fantasy-Saga „Der dunkle Turm“ durfte man mit Skepsis und Sorge der Präsentation von „Es“ entgegenblicken, der jüngsten Verfilmung eines Romans aus der Feder des literarischen Horrorpapstes, dessen Geschichten ins Kino oft wenig zufriedenstellend übersetzt wurden. Sollte es tatsächlich wieder ein Reinfall sein?

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Meinungen

Chris · 17.10.2017

Also ich fand ihn richtig gut, ich kenne die Original fassung aus den 90ern und sie sind im großen und ganzen bei der Original Fassung geblieben, aber die Geschichte ist Rund, die effekte sind gut, Piep Piep Ritchie ist genau so lustig und der Clown ist gut gewählt es ist kein Tim Curry aber ähnlich gruselig. Schaut es euch an und genießt die Gänsehaut aus der Vergangenheit.

Maus · 09.10.2017

Der Film war sehr enttäuschend und hat nichts mit einem Horrorfilm zu tun.Ich würde Ihn auch nicht weiterempfehlen.Die Zusammenhänge passten auch teilweise gar nicht zusammen. Der Clown kam vor wie eine Puppe aus einer Comedy geschnitten.