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Auf „Maleika“ folgt „Pambara“, der nächste Naturfilm des Fotografen, Filmemachers und Naturschützers Matto Barfuss, der unnatürlicher kaum sein könnte.

Pambara - Brauchen wir einen Boss? (2023)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Die Wüste labert

Die Anthropomorphisierung von Tieren hat eine lange Tradition. Von Märchen über Comics bis hin zu Film und Fernsehen – überall werden Tieren unsere Fähigkeiten und Charakterzüge zugeschrieben. Selbst die dokumentarische Gattung, bei der man es am wenigsten vermuten sollte, ist davor nicht gefeit. Schon „Die Wüste lebt“ (1953) setzte auf Mitgefühl durch Vermenschlichung, gepaart mit witzigen Kommentaren und ironischem Musikeinsatz. Der deutsche Regisseur Matto Barfuss tut es Disney gleich und spielt in seinem neuesten Film abermals die Verniedlichungskarte. Doch der vermeintliche Trumpf sticht nicht.

Matto Barfuss ist ein Pseudonym. Dahinter verbirgt sich der 1970 im nordbadischen Sinsheim geborene und auf dem Bio-Bauernhof seiner Eltern aufgewachsene Matthias Huber. Huber ist Künstler, Kunstmaler, Fotograf, Filmemacher, Autor und Artenschützer. Eine Alpenüberquerung ohne Schuhe brachte ihm den Namen Matto (italienisch für „verrückt“) Barfuss ein. Mehr noch als unter diesem ist er als „Gepardenmann“ bekannt. Ende der 1990er-Jahre verbrachte er insgesamt 25 Wochen in Tansania mit der Raubkatze Diana und deren fünf Kindern. Seine Erlebnisse veröffentlichte er in einem Bildband. Und über die Gepardin Maleika, die er später über einen Zeitraum von drei Jahren mit der Kamera begleitetet, drehte er schließlich einen nach ihr benannten Kinofilm. 

Schon in Maleika (2017) vermenschlichte Barfuss die Tiere bis an die Grenze des Erträglichen. Fernsehmoderator Max Moor, der dem Film als Sprecher seine sonore Stimme lieh, schilderte den Alltag in der Wildnis nicht nur nüchtern und sachlich. Wiederholt trat er an die Stelle der Geparde, sprach mit verstellter Stimme deren vermeintliche Gefühle aus oder imaginierte gar deren Gedanken. Nett gemeint und auf die ganze Familie als potenzielles Publikum abgezielt, schoss Barfuss damit jedoch übers Ziel hinaus, denn die bedeutungsschwangere Botschaft und die dazu gezeigten Bilder bissen sich. In Pambara ist diese Grenze nun vollends überschritten. 

Barfuss lässt seinen neuen Film von einem Erdmännchen namens Eddi Erdmann erzählen. Das putzige Tierchen kommentiert das Gezeigte mit quietschender Stimme durchweg ironisch und teils ins Sarkastische kippend. Ausgangspunkt ist ein indigener Mythos, demzufolge das Böse erst mit dem Menschen auf die Welt kam (was unweigerlich an das biblische Bild des Lamms mit dem Löwen erinnert). Schon der ist großer Quatsch, weil der Mensch vom Affen abstammt und nicht umgekehrt, und das Fressen und Gefressenwerden nicht erst mit Auftauchen des Anthropos ins Erdreich Einzug hielt. Barfuss geht aber noch einen Schritt weiter.

Er setzt das Tierreich mit modernen Industrienationen gleich, um unsere Welt und alles, was derzeit darin schiefläuft, zu kommentieren. Also werden Löwen zu Bossen, die den Ton angeben, weil sie die schönste Mähne tragen und am lautesten brüllen; nichts als unfähige und faule Patriarchen, die die Frauen an ihrer Seite die Arbeit erledigen lassen. Das ist nur eins von vielen Bildern, die so bemüht und schief sind, dass man beim Zusehen und mehr noch beim Zuhören beinahe aus dem Kinosessel kippt.

Die Bilder, die Barfuss während seiner Aufenthalte in Afrika eingefangen hat, sind zweifellos sehenswert. Dass sie durch den Off-Kommentar narrativ nur leidlich zusammengehalten werden, fällt nicht allzu sehr ins Gewicht. Sie sind schlicht zu schön, um sie nicht zu genießen. Was hingegen schwer wiegt, ist der Kommentar selbst. Er tut Barfuss‘ Botschaft, aus unserer Welt eine ökologischere und nachhaltigere zu machen, keinen Gefallen, ja torpediert diese geradezu. 

Die Aussage ist ernst, der Tonfall flapsig. Das passt ebenso wenig zusammen, wie die Gleichsetzung von Tieren und Menschen angemessen ist. Auch wenn wir gern Wörter wie „Raubtierkapitalismus“ verwenden, um Auswüchse unseres Wirtschaftssystems zu beschreiben, hat das Jagdverhalten von Raubtieren nun mal nichts mit dem Kapitalismus gemein. Ein Löwe häuft keine Fleischberge an, nur um andere Löwen auszustechen. 

Was bei all den schiefen Bildern in Pambara überhaupt nicht vorkommt, ist, welche Auswirkungen der vom Mensch gemachte Kapitalismus tatsächlich auf unsere Umwelt hat. Hätte sich Matto Barfuss mal lieber darauf konzentriert!

Pambara - Brauchen wir einen Boss? (2023)

In seinem neuen Film erzählt Matto Barfuss im Stil afrikanischer Buschmänner von den Gefahren des Klimawandels und findet dabei einen ebenso überraschenden Protagonisten wie ungeahnte Erzählformen.

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Meinungen

Jens Klemichen · 17.10.2023

Eine Hahnebüchende "Story" mit willkürlich aneinander gereihten Tierfilmsequenzen die das Eintrittsgeld nicht wert sind. Schade um die Zeit.