The Contractor (2022)

Veteran in der Krise

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

An heroischen, mit Pathos und patriotischen Tönen aufgeladenen Soldatenfilmen mangelt es im US-amerikanischen Kino sicher nicht. Aber auch die andere, die dunkle Seite des Krieges und seine verheerenden Auswirkungen auf die Beteiligten werden zum Glück regelmäßig bebildert. Werke wie Oren Movermans "The Messenger – Die letzte Nachricht" zeigen auf schmerzhaft eindringliche Weise, welche psychischen Schäden der Dienst an der Waffe und der Einsatz in Krisenregionen mit sich bringen kann. Nach der Rückkehr ist die Seele gezeichnet – häufig ein Leben lang. Eine traurige Erkenntnis, die in Tarik Salehs "The Contractor" immer mal wieder in den Fokus rückt, am Ende allerdings doch nur ein Nebenaspekt bleibt. Hätten die Macher*innen den Weg zur Charakterstudie etwas beharrlicher beschritten, wäre der Film mehr als ein sporadisch fesselnder Routine-Thriller.

Die Aussichten auf einen überzeugenden Mix aus Psychogramm und Spannungstreifen stehen anfangs gar nicht schlecht. Immerhin führen Drehbuchautor J. P. Davis und Saleh ohne Hektik in die Geschichte und die schwierige Lage der Hauptfigur ein: James Harper (Chris Pine) gehört einer Spezialtruppe des US-Militärs an und hat sich im Ausland für seine Heimat aufgerieben. Eine schwere Knieverletzung zwingt den Soldaten jedoch zu einer Auszeit. Als er sich zurückmeldet, raubt ihm ein neuer Vorgesetzter alle Hoffnungen. Weil James ohne Erlaubnis Betäubungsmittel gegen die Schmerzen genommen hat, wird er entlassen und steht plötzlich ohne Krankenversicherung und Pensionsansprüche da. 

Wie so oft in solchen Filmmomenten plagen ihn und seine Ehefrau Brianne (Gillian Jacobs) auch noch handfeste Schulden, die das Dilemma verstärken. Nach dem ersten Schock schaut sich der Geschasste nach neuen Verdienstmöglichkeiten um und landet auf Anraten seines alten Kameraden Mike (Ben Foster, der übrigens im oben erwähnten The Messenger – Die letzte Nachricht die Hauptrolle spielt) bei der privaten Militärfirma von Rusty Jennings (Kiefer Sutherland). Für diesen begibt sich James nach Berlin, wo er zusammen mit Mike und anderen Kämpfern einen terrorverdächtigen Wissenschaftler (Fares Fares) aus dem Verkehr ziehen soll. Ein vermeintlich schnell zu erledigender Auftrag, der aber – das kennt man aus Filmen dieser Art ebenfalls – ungeahnte Fallstricke bereithält.

Dass The Contractor kein Loblied auf das Soldatentum anstimmen wird, begreift man schon im ersten Drittel. Mehr als einmal schleichen sich nämlich Bemerkungen und Hinweise ein, die etwa auf die frustrierende Situation vieler Veteranen abzielen. Nicht wenige fühlen sich mit ihren seelischen Verletzungen allein gelassen, haben Probleme sich wieder in den Alltag einzufügen und wählen in ihrer Verzweiflung irgendwann den Ausweg Selbstmord. "Am Ende sind wir alle Söldner", äußert Mike an einer Stelle und rückt seinen Beruf damit in eine schmutzige, zwielichtige Ecke. Enttäuschungen und bittere Wahrheiten brechen auch dann hervor, als James in einem Safe House mit einem Mann namens Virgil (Eddie Marsan) zusammensitzt. 

Augenblicke wie dieser könnten den Film auf eine andere Ebene heben. Letztlich scheuen die kreativen Köpfe aber davor zurück, sich zu weit von Action- und Verschwörungsroutinen zu entfernen. Jedes Mal, wenn man denkt, jetzt geht es wirklich in die Tiefe, gewinnt die Plotmechanik wieder die Oberhand. Saleh, der im Kino zuletzt mit dem stimmungsvollen Neo-Noir-Krimi Die Nile Hilton Affäre vertreten war, gelingen einige wirkungsvolle Spannungsmomente. Innovativ oder besonders erinnerungswürdig sind die Jagd- und Kampfszenen jedoch nicht. Was auch für die Intrige gilt, in die der Protagonist hineingerät. Erstaunlich ist ferner, dass einige fähige Schauspieler*innen, etwa Kiefer Sutherland, mit nichtssagenden Rollen abgespeist werden. 

Unglücklich wirkt nicht zuletzt der Versuch, der Hauptfigur über eine Vater-Backstory Profil zu verleihen. Rückblenden offenbaren, dass James von seinem Senior (Dean Ashton), einem strammen Soldaten, mit aller Macht auf den militärischen Weg eingenordet wurde. Erfahrungen, die ihn nun dazu zwingen, über das Verhältnis zu seinem eigenen Sohn (Sander Thomas) nachzudenken. Da The Contractor diese interessante Idee nicht konsequent genug verfolgt, hat sie unter dem Strich wenig Mehrwert. Den trotz vielversprechender Ansätze nur durchwachsenen Eindruck zementiert ein übereilt daherkommender Schlussakt, der die Zweifel und die Gebrochenheit Harpers in Teilen verwässert. Schade - hier wäre definitiv mehr drin gewesen. 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-contractor-2022