The Tomorrow War (2021)

Zukunft braucht zupackenden Helden

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

„Aber eins braucht die Welt jetzt ganz dringend: Wissenschaftler. Wir dürfen nicht aufhören, zu forschen. Denn so löst man Probleme.“ Diese Sätze könnten ein Kommentar zur Corona-Pandemie sein, in der Virologen und andere Experten plötzlich zu den gefragtesten Personen überhaupt avancierten. Bezogen ist der Appell, der von Dan Forester (Chris Pratt), dem Protagonisten des Science-Fiction-Blockbusters „The Tomorrow War", stammt, jedoch auf eine Alien-Invasion, die die Menschheit an den Rand der Auslöschung bringt. Die Worte des Biologielehrers klingen schön, werden von der weiteren Handlung allerdings schnell relativiert. Natürlich treten in einem Film, in dem Chris Pratt die Hauptrolle spielt (und als ausführender Produzent fungiert), wissenschaftliche Erkenntniswege deutlich hinter krachenden Actionkaskaden zurück.

Die von The Lego Batman Movie-Regisseur Chris McKay inszenierte und Drehbuchautor Zach Dean (Cold Blood – Kein Ausweg, keine Gnade) entworfene Untergangsvision, die ursprünglich in den Kinos starten sollte, dann aber an Amazon abgetreten wurde, kommt mit einem Zeitreisekniff um die Ecke, der unweigerlich Erinnerungen an James Camerons Science-Fiction-Klassiker Terminator oder auch Terry Gilliams verstörend-bizarren Seuchenthriller 12 Monkeys weckt.

Während eines Spiels der Fußballweltmeisterschaft im Dezember 2022 tauchen auf einmal mitten im Stadion aus einer seltsamen Lichtwolke mehrere bewaffnete Soldat*innen auf, die dem Jahr 2051 entstammen, und eine dringende Bitte an die Bevölkerung der Gegenwart richten: Da die Erde in der Zukunft von mörderischen Aliens, den sogenannten White Spikes, überrannt wird und das Schicksal unserer Spezies am seidenen Faden hängt, braucht es jede Hilfe. So viele Menschen wie möglich sollten mittels einer speziellen Teleportationstechnik durch die Zeit reisen und den Kampf gegen die angemessen unheimlich designten Invasoren unterstützen.

Zeuge dieses leicht trashig wirkenden Aufrufes wird auch der vor dem Fernseher sitzende Dan, dem erst wenige Minuten zuvor ein spannendes Jobangebot durch die Lappen gegangen ist und der, wie er seiner Tochter Muri (Ryan Kiera Armstrong) zerknirscht gesteht, gerne etwas Bedeutungsvolles in seinem Leben leisten würde. Wie praktisch, dass er ausgerechnet jetzt von einer außerirdischen Bedrohung erfährt! Bereits im Jahr 2023 wird der einst im Irak dienende Pauker eingezogen, um seinen Teil zur Rettung der Welt beizutragen. Für einen Moment fragt man sich, ob The Tomorrow War dem Vorschlag von Dans Gattin Emmy (Betty Gilpin) folgen könnte, die als Therapeutin nur zu gut weiß, wie viele Zwangsrekrut*innen in der Zukunft sterben oder aber traumatisiert zurückkehren. Was für einen Film bekämen wir zu Gesicht, wenn sich Dan seiner Verantwortung entziehen und mit seiner Familie flüchten würde?

Weil der Lehrer jedoch seinen Mann stehen muss, geht es für ihn nach einer konfrontativen Begegnung mit seinem ungeliebten Vater James (unterbeschäftigt: J.K. Simmons) schon bald in das verwüstete Miami des Jahres 2051. Dort soll er mit einem vor allem aus Kriegsamateuren bestehenden Haufen das Personal einer Forschungseinrichtung in Sicherheit bringen, wie ihn eine wissenschaftlich ausgebildete Soldatin (Yvonne Strahovski), die in der Zukunft lebt, instruiert.

Dans eingangs zitiertes Eintreten für die besondere Funktion der Forschung spielt zwar im weiteren Verlauf noch einmal eine Rolle. Mit Beginn seines Einsatzes präsentiert sich der Familienvater aber als zupackender, wehrhafter Anführer, der in erster Linie die Waffen sprechen lässt. Wie wenig die Macher*innen dann doch für andere Lösungen übrighaben, unterstreicht ein markiger Spruch, den James Forester gegen Ende raushaut. Reden ist Silber, Schießen ist Gold – auf diese Formel kann man seine Aussage eindampfen.

Dass The Tomorrow War ein altmodisches, unreflektiertes Heldenbild propagiert, mutet schon etwas seltsam an. Ärgerlich ist aber auch, auf welche Weise der Film seine eigentlich Potenzial besitzende Prämisse verschenkt. Da, wo sich tatsächlich einmal spannende Aspekte auftun – etwa die psychischen Schäden der Eingezogenen oder die sich angeblich formierende Antikriegsbewegung – schauen Regisseur McKay und Drehbuchautor Dean hastig weg. Als hätten sie Angst, ihre mit zahlreichen Logiklöchern gespickte, wie der Parcours eines Computerspiels anmutende Handlung durch zu viele Fragen und Seitenblicke zu schwächen.

Den nicht immer überzeugend getricksten Actionsequenzen kann man eine gewisse Wucht attestieren. Besonders ideen- und variantenreich sind sie aber nicht geraten. Das Etikett „uninspiriert“ verdient sich nicht zuletzt ein familiärer Erzählbogen, der für die emotionale Grundierung sorgen soll. The Tomorrow War bleibt allerdings stets nur an der Oberfläche. Schuld daran ist auch Chris Pratt, dessen darstellerische Qualitäten definitiv woanders liegen als in leisen Charakterszenen. Selbst mit seinem sympathischen Lächeln gelingt es dem US-Schauspieler nicht, die Mängel und Unebenheiten dieses merkwürdig antiquierten Science-Fiction-Spektakels zu kaschieren.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-tomorrow-war-2021