Ice Age 4 - Voll verschoben

Auf Eis gelegt

Eine Filmkritik von Lida Bach

Das Warten hat ein Ende. Das auf den Beginn der Pressevorführung von Steve Martino und Mike Thurmeiers Animationsabenteuer und das auf den dort gezeigten Film. Zugegeben, ein bewusstes Warten war es nur in erstem Falle in der Reihe vor den Namenslisten und an der Taschenabgabe. In zweitem Falle war es genaugenommen die Erkenntnis des nichtsahnenden Wartens. Erwartet, dass nach Ice Age, Ice Age 2: Jetzt taut´s und Ice Age 3: Die Dinosaurier sind los noch ein vierter Teil der dreidimensionalen Familienfilm-Reihe den Zuschauern beschert werden würde, hat man sicher. Aber darauf gewartet?
Diplomatisch formuliert etwa so sehnlich wie auf Für immer Shrek oder Der gestiefelte Kater. Einst schien es so, als sei nach drei Teilen eine Kinofortsetzung ausgeschlossen, da dann auch der letzte Nebenhandlungsstrang zerfasert, die Charaktere allesamt Großfamilien haben und der Humor zu einer unendlichen Folge von Running Gags degeneriert ist. Außerdem ist Trilogie ein schönes Wort, während Quatrolo- oder Quintu– Quintra–... Wie gesagt: Trilogie ist ein schönes Wort. Nach Vollendung einer solchen hofft man nicht mehr auf die nächste Fortsetzung, sondern ahnt, dass etwas in diese Richtung kommen wird. Manny (Sprecher: Ray Romano), Diego (Denis Leary) und Sid (John Leguizamo) ahnen nichts. Scrat (Chris Wedge) hingegen weiß genau, was Sache ist. Dieser dramaturgische Gegensatz ist vermutlich eine clevere Metapher auf den Antagonismus zwischen dem vagen deutschen Verleihtitel und dem unmissverständlichen Original oder den Zuschauern, die sich mit der auf Vorkenntnis aufbauenden Handlung herumschlagen und jenen, die das zentrale Protagonisten-Trio selbstverständlich als ein Wollmammut, einen Säbelzahntiger und ein Riesenfaultier kennen.

Scrat ist ein Eichhörnchen, aber er gehört nicht zum Protagonisten-Trio. Grund dafür ist nicht, das Trio ein schönes Wort ist; das sind Quartett und Quintett auch. Grund ist, dass Scrat der Grund ist und zwar für so ziemlich alles in den vorangehenden Fortsetzungen wie auch der jüngsten, was sonst nicht erklärt werden könnte. Wenn irgendein konstruierter Handlungskatalysator wie Eisbrüche, Erdrisse oder die titelgebenden Plattenverschiebung von Continental Drift (so zumindest der Originaltitel) erfolgt, ist es die Schuld von Scrat. Wenn es nicht Scrats Schuld ist, ist es eine unplausible Plotwendung von Michael Berg, Jason Fuchs und Lori Forte. Die Produzentin aller bisherigen Ice Age-Filme eint die Kinoserie, nicht durch ihren Beitrag zur Story durch die Injektion eines dramaturgischen Motivs, das laut Pressetext "das starke emotionale Fundament, auf dem die Komik und die Abenteuer aufbauen", liefert. Die Familie sei immer das eigentliche Thema gewesen, erklärt Fort: "Ganz egal, welche Story wir in den Ice Age-Filmen erzählt haben." Ganz egal.

Das dies wörtlich zu nehmen ist, führt die behelfsmäßige Geschichte mittels tektonischer Verschiebungen und drakonischer Piraten, mit denen es die Hauptcharaktere in Allianz mit ungewöhnlicher Verstärkung aufnehmen müssen, in makelloser CGI-Optik vor. Hätte das Autoren-Duo nur einen Bruchteil der Sorgfalt, die aus der plastischen Handlungskulisse spricht, auf die Handlung selbst verwandt, und hätte das Regie-Duo auch nur einen Bruchteil der Originalität, die das Charakterdesign als hervorstechende Stärke der beiläufigen Unterhaltung auszeichnet, den Charakteren verliehen, hätte der vierte Teil gleich dem letzten der Toy Story-Serie ein reifer Abschluss der sympathischen Reihe werden können. So reicht es nur für ein lose Gag-Folge, die noch richtungsloser als die Seefahrt der den perfiden Verlockungen von Piraten und Sirenen widerstehenden Protagonisten scheint.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/ice-age-4-voll-verschoben