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In „The American Society of Magical Negroes“ widmet sich Kobi Libii in satirischer Form und mit Elementen der Fantastik einem problematischen erzählerischen Mittel.

The American Society of Magical Negroes (2024)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

In Angst leben

In vielen Geschichten findet sich der Topos des Magical Negro, der erstmals von Spike Lee benannt und kritisiert wurde. Die Rollen von Morgan Freeman in „Miss Daisy und ihr Chauffeur“ (1989) und von Michael Clarke Duncan in „The Green Mile“ (1999) gehören zu den bekanntesten filmischen Beispielen. Es handelt sich dabei um Schwarze Nebenfiguren, deren einziger Zweck darin zu bestehen scheint, den weißen Held:innen zu helfen – durch weise Ratschläge oder gar durch Zauberkräfte. Über eigene Bedürfnisse scheinen sie nicht zu verfügen.

Der bis dato vor allem als Schauspieler aktive Kobi Libii befasst sich in seinem Regiedebüt The American Society of Magical Negroes nun auf ungewöhnliche Weise mit dem Thema – in einer Mischung aus spätem Coming-of-Age-Drama, Gesellschaftssatire und Fantasy. Wir lernen den 27-jährigen Afroamerikaner Aren (Justice Smith) in seinem Arbeitsumfeld kennen: In einer Galerie in L.A. versucht er, wohlhabende Sammler:innen für seine aus Garn gefertigte Kunstinstallation zu begeistern. Er stößt jedoch nur auf Unverständnis. Auf dem Heimweg wird Aren von dem älteren Roger (David Alan Grier) aus einer gefährlichen Situation gerettet – und erfährt, dass Roger Teil des titelgebenden Geheimbundes ist und ihn rekrutieren will.

Wenn wir zusammen mit dem Protagonisten in die Regeln der Organisation eingeführt werden, erinnert dies an Harry Potter und der Stein der Weisen (2001) und die darin gezeigte Vorstellung der Hogwarts-Schule. Libii, der auch das Skript schrieb, beweist hier mit diversen kleinen Details seinen Einfallsreichtum. Zugleich offenbaren sich in diesen Sequenzen nach einem spannenden Einstieg allerdings erste Schwächen. Zum einen wollen die Komödienanteile nicht recht funktionieren; die meisten Gags verpuffen wirkungslos. Zum anderen werden die notwendigen Expositionsdialoge inszenatorisch eher uninspiriert eingestreut, worunter häufig das Tempo leidet.

„Je glücklicher sie sind, desto sicherer sind wir“, meint Roger zu seinem irritierten Schüler über die Weißen. Der Bund hat es sich als Reaktion auf den herrschenden Rassismus im Land zur Aufgabe gemacht, weißen Mitbürger:innen die Angst und die Sorgen zu nehmen, um damit die (Lebens-)Bedrohung für Schwarze Menschen zu verringern. Die Kritik an der weißen Mehrheitsgesellschaft, die in dieser Idee steckt, ist treffend. „Wessen Komfort und Sicherheit hat Vorrang und wessen nicht?“, sei eine der Fragen gewesen, die er sich gestellt habe, erklärt Libii in einem Statement. In der Umsetzung wirkt das Werk indes zuweilen unausgegoren; die klugen Ansätze fügen sich nicht zu einem stimmigen Ganzen zusammen.

Aren bekommt als ersten Klienten den Webdesigner Jason (Drew Tarver) zugeteilt, der in einem Start-up-Unternehmen tätig ist. Dieser bleibt eine völlig reizlose Figur, die sich kaum eignet, um Interessantes oder Entlarvendes über (Alltags-)Rassismus zu erzählen. Als Konflikt wird eine Dreiecksbeziehung aufgebaut: Jason ist nicht nur beruflich frustriert, sondern zudem noch in seine Kollegin Lizzie (An-Li Bogan) verliebt, mit der Aren zuvor schon ein Meet Cute in einem Café hatte. Soll Aren, wie es die Organisation von ihm verlangt, die Wünsche seines weißen Mitmenschen über die eigenen stellen?

Als Romanze hat The American Society of Magical Negroes ein paar schöne Momente – was in erster Linie an der Chemie zwischen Justice Smith und An-Li Bogan liegt. In diesen Passagen gelingen überdies einige Meta-Beobachtungen und eine clevere Schlusspointe. Ohnehin sorgt Smith, der sich bereits in der Indie-Perle I Saw the TV Glow (2024) mit Hingabe in die Verkörperung eines Außenseiters warf, mit seinem Spiel dafür, dass der Film auch in seinen weniger überzeugenden Szenen noch eine gewisse emotionale Kraft hat. Wie sich Aren immer wieder als Abwehrmechanismus für alles entschuldigt und allmählich begreift, wie sehr er den systemischen Rassismus selbst verinnerlicht hat, wird von Smith eindrücklich vermittelt.

The American Society of Magical Negroes (2024)

In der Komödie „The American Society of Magical Negroes“ wird der junge Afroamerikaner Aren von Agent Roger für eine geheime Vereinigung angeworben. Diese hat es sich zum Ziel gesetzt, das Leben ihrer weißen Mitbürger zu verbessern, um die Bedrohung für Schwarze Menschen zu verringern. Aren steht vor seiner größten Herausforderung, als er sich in dieselbe Frau verliebt wie sein Schützling, denn diese Dreiecksbeziehung könnte die gesamte Mission gefährden.

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