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Pandabär Po soll als Drachenkrieger abtreten und zu einem spirituellen Führer werden, muss aber vorher noch gegen ein machthungriges Chamäleon antreten. „Kung Fu Panda 4“ trumpft mit spektakulär choreografierten Actionsalven auf, schert sich aber wenig um erzählerische Feinheiten.

Kung Fu Panda 4 (2024)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

In der Unruhe liegt die Kraft?

Die Lücke war größer als je zuvor. Lagen zwischen dem 2008 veröffentlichten Animationsfilm „Kung Fu Panda“ und seinen beiden Nachfolgern drei bzw. fünf Jahre, brauchte es nun ganze acht Jahre, um einen viertes Abenteuer an den Start zu bringen. Hungern mussten Fans der Reihe in der Zwischenzeit allerdings nicht, da mit „Kung Fu Panda: Die Tatzen des Schicksals“ und „Kung Fu Panda: Der Drachenritter“ gleich zwei Streaming-Serien das Licht der Welt erblickten. Die Rückkehr des Pandabären Po auf die große Leinwand dürfte dennoch bei vielen Fans für große Freude sorgen. Denn hier nahm alles seinen Anfang, hier kommen die erneut irrwitzigen Actioneinlagen voll zur Geltung. Zu erzählen haben die Verantwortlichen rund um Mike Mitchell („The LEGO Movie 2“) und Koregisseurin Stephanie Stine („Sha-Re und die Rebellen-Prinzessinnen“) jedoch nichts, was eine Fortsetzung zwingend nötig gemacht hätte.

Am Ende von Kung Fu Panda 3 erhielt der schon im ersten Teil zum sagenumwobenen Drachenkrieger avancierte Po (deutsche Stimme: Hape Kerkeling) in der Geisterwelt von der Schildkröte Oogway den Stab der Weisheit. Dessen Bedeutung wird dem Panda aber erst im vierten Film bewusst. Kung-Fu-Lehrmeister Shifu eröffnet ihm, dass er auserwählt sei, Oogways Platz einzunehmen, also zum spirituellen Führer im Tal des Friedens aufzusteigen. Der Haken an der Sache: Dafür muss Po sein Leben als aktiver Kämpfer aufgeben. Eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu benennen, fällt ihm allerdings schwer. Zu sehr identifiziert er sich noch mit seiner Rolle als Drachenkrieger.

Hinauszögern kann der Pandabär seine Entscheidung, weil plötzlich eine neue Gefahr aufzieht. Hat es zunächst den Anschein, als sei der Schneeleopard Tai Lung, Pos Widersacher aus dem ersten Kapitel, zurückgekehrt, erfährt er von der unverhofft auftauchenden Steppenfüchsin Zhen, dass sich hinter dem Antlitz der Raubkatze tatsächlich ein Chamäleon verbirgt, das jede erdenkliche Gestalt annehmen kann und finstere Pläne verfolgt. Um diese zu vereiteln, reisen der Drachenkrieger und Zhen in die Großstadt Juniper City. Ihnen auf den Fersen: das knuffige Gespann Mr. Ping und Li Shan, Pos Adoptivvater und sein leiblicher Vater, die sich um ihren Sohn sorgen.

Positiv zu vermerken ist als Erstes, dass Kung Fu Panda 4 seltener auf die Körperfülle des Protagonisten und seinen Heißhunger zu sprechen kommt. Zielte im Ursprungsfilm trotz löblicher Bleib-wie-du-bist-Botschaft noch gefühlt jeder zweite Gag auf das Gewicht des Protagonisten und seine damit verbundene Tollpatschigkeit ab, herrscht inzwischen mehr Zurückhaltung. Hier und da wird natürlich trotzdem betont, dass Po Klößchen und andere Leckereien liebt. 

Kreativ zeigt sich der vierte Teil vor allem in Sachen Actioninszenierung. Zahlreiche ausgeklügelte Verfolgungs- und Kampfchoreografien gibt es zu bestaunen, bei denen die Settings oft sehr gut in den Ablauf integriert werden. Mitreißend und spektakulär ist etwa eine Jagd durch die wuseligen Straßen und über die Dächer von Juniper City, bei der ein verrückter Stunt auf den nächsten folgt. Pure kinetische Energie, die allerdings auch ein bisschen anstrengend werden kann. Überspitzt formuliert ist Kung Fu Panda 4 ein einziger großer, mit viel Slapstick-Humor gewürzter Actionparcours, der weder den Figuren noch dem Publikum wenig Zeit zum Durchschnaufen lässt.

Handlung und Charakterbögen sind eher schmückendes Beiwerk, fallen flach und nicht sehr überraschend aus. Die Beziehung zwischen Po und Zhen hätte man durchaus interessanter gestalten können, schließlich haben die beiden ähnliche Backstorys. Die wandlungsfähige Gegenspielerin wiederum verkörpert schlicht den typischen Größenwahn böser Leinwandfiguren und mutiert im Finale zu einem Over-the-top-Monster, das in seiner Beliebigkeit jegliches Profil vermissen lässt.

Erstaunlich ist, wie düster Kung Fu Panda 4 phasenweise daherkommt. Nicht nur der in Fantasy-Getöse ausartende Showdown könnte jüngere Zuschauer*innen verängstigen. Auch vorher gibt es Szenen, die es in sich haben. Am meisten verstören wohl drei putzig aussehende Hasen aus der Unterwelt von Juniper City, die sich binnen Sekunden in wilde Bestien verwandeln und mehrfach Gewalt explizit abfeiern. Vor allem der letzte Punkt hat in einem Familienfilm einen höchst unangenehmen Beigeschmack.

Dass selbst der vierte Teil einer Animationsreihe noch echte inhaltliche Impulse bieten kann, beweist zum Beispiel A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando. Wie liebevoll dort die Geschichte des Spielzeugcowboys Woody und seiner Kinderzimmerbuddys weitergesponnen wird, ist berührend und clever zugleich. Für Kung Fu Panda 4 gilt das nicht. Dabei hätte es schon geholfen, ein wenig auf Lehrmeister Shifu zu hören. In seinen Kurzauftritten weist er schließlich daraufhin, dass auch in der Ruhe große Kraft liegen kann.

Kung Fu Panda 4 (2024)

In „Kung Fu Panda 4“ erlebt der Drachenkrieger mit dem gesegneten Appetit sein bisher größtes Abenteuer. Als spiritueller Führer des Tals des Friedens bekommt er es mit neuen – und alten – Widersachern zu tun. Po als spiritueller Führer? Das kann nur eine Reihe von Problemen nach sich ziehen. Denn erstens weiß Po ungefähr so viel über spirituelle Führung wie über Low-Carb-Diäten, und zweitens muss er rasch einen neuen Drachenkrieger finden und ausbilden, bevor er seine wichtige neue Position einnehmen kann. Zu allem Überfluss ist vor Kurzem eine mächtige Super-Schurkin auf der Bildfläche erschienen: Das Chamäleon ist in der Lage, sich im Handumdrehen in jede beliebige Kreatur zu verwandeln, ganz gleich, ob groß oder klein. Po kann etwas Unterstützung also gut gebrauchen. Er findet sie – mehr oder weniger – in Form der im wahrsten Sinne des Wortes ausgefuchsten Diebin Zhen: Die clevere Steppenfüchsin geht Po zwar ganz schön auf die Nerven, doch ihre Fähigkeiten erweisen sich als äußerst wertvoll. Um das Tal des Friedens vor den Klauen des Chamäleons zu beschützen, bleibt dem ungleichen Duo nichts anderes übrig, als sich zusammenzuraufen.

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