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In „Was von der Liebe bleibt“ zeigt Kanwal Sethi, wie der Mord an einer kurdisch-stämmigen Frau den systemischen Rassismus in Deutschland offenbart.

Was von der Liebe bleibt (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Die ewig Fremden

In ihrem Dokumentarfilm „Spuren – Die Opfer des NSU“ (2019) schilderte die Regisseurin Aysun Bademsoy, wie sich die Polizei nach den Morden der rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in ihren Ermittlungen zunächst auf das Umfeld der nicht-deutschen Opfer mit Verdacht auf Drogenhandel und organisierte Kriminalität beschränkte. Die Angehörigen der Opfer mussten eine Stigmatisierung erleben, die sich aus strukturellem Rassismus ergab. Fatih Akins Drama „Aus dem Nichts“ hatte diese Problematik im Jahr 2017 in fiktionalisierter Form behandelt.

In seinem neuen Werk Was von der Liebe bleibt beleuchtet nun auch der indisch-deutsche Filmemacher Kanwal Sethi das komplexe Thema. Er erzählt, wie er in einem Regiestatement formuliert, „vom institutionellen, systemischen Rassismus, der gesichtslos und fest in der Mitte der Gesellschaft verankert“ sei. Die Wut über das diskriminierende Verhalten der Behörden, durch das die Opfer der NSU-Verbrechen postum kriminalisiert wurden, und die Trauer der Hinterbliebenen dienten als Ausgangspunkt; das von Sethi verfasste Drehbuch entwirft jedoch wie in Akins Film eine fiktive Story.

Im Mittelpunkt steht das Paar Ilyas (Serkan Kaya) und Yasemin (Seyneb Saleh). Wir begleiten die beiden über einen Zeitraum von 15 Jahren. Er ist türkisch-, sie kurdisch-stämmig. „Ich bin Berliner“, meint Ilyas bei der ersten Begegnung. Yasemin fragt, ob er sich schäme – letztlich blieben sie „Kanaken“, ruft sie provokant in die Berliner Nacht hinein. Im Laufe von diversen Zeitsprüngen gewinnen wir ein Bild der Beziehung, zu der bald noch die gemeinsame Tochter Senna (Amira Demirkiran) gehört.

Vom Heiraten hält Yasemin wenig; sie ist indes an einer Existenzgründung interessiert – und bewegt ihren Freund dazu, etwas zu riskieren. Ilyas kündigt nach anfänglichem Zögern seinen Job als Banker und eröffnet mit ihr ein Café. Als Yasemin eines Tages bei einem Anschlag auf das Café von Unbekannten erschossen wird, droht das Leben von Ilyas und der adoleszenten Senna aus den Fugen zu geraten. Rasch beginnen die Verdächtigungen seitens der Polizei: Hat Yasemin die in Deutschland verbotene kurdische Untergrundorganisation PKK finanziell unterstützt? Hatte sie eine lesbische Affäre? Ilyas muss erkennen, wie tief der Rassismus in dem Land verwurzelt ist, das er so lange als seine Heimat begriffen hat.

Es gelingt der Inszenierung, die Liebesgeschichte stimmig mit dem politischen Sujet zu verbinden. Ilyas und Yasemin sind – auch dank der intensiven Darstellung von Serkan Kaya und Seyneb Saleh – keine austauschbaren Figuren, sondern spannende Charaktere, die in ihrem Alltag mit etlichen persönlichen Konflikten und Herausforderungen konfrontiert werden. Sind sie gute Eltern? Sollen sie ihre beruflichen Träume verwirklichen, auch wenn die Gefahr besteht, damit zu scheitern? Auch die Vorwürfe, die sich Ilyas nach Yasemins Tod macht, und der zunehmende Vertrauensverlust in die polizeilichen Ermittlungen werden von Kaya überzeugend gespielt.

Was von der Liebe bleibt ist ein Film, der einerseits von Stärke erzählt: von großen Gefühlen, vom Willen, das Leben auf die Reihe zu kriegen und zusammen etwas aufzubauen. Andererseits zeigt er uns schonungslos und ohne Romantisierung, dass unsterbliche Liebe und beherztes Streben nach Glück im Endeffekt nichts an der Tatsache ändern, dass Rassismus tötet.

Was von der Liebe bleibt (2023)

Ilyas (Serkan Kaya) und Yasemin (Seyneb Saleh) sind ein Liebespaar, seit fünfzehn Jahren. Dann geschieht etwas Entsetzliches: Aus dem Nichts wird Yasemin bei einem Anschlag auf ihr Café von Unbekannten erschossen. Ilyas Leben und das der gemeinsamen Tochter Senna (Amira Demirkiran) gerät aus den Fugen, besonders als Ilyas selbst von der Polizei verdächtigt wird, seine Frau erschossen zu haben. Außerdem tauchen Gerüchte auf, Yasemin habe ein Doppelleben geführt, sie habe die verbotene PKK unterstützt. Die Polizei ermittelt, doch eine Antwort bleibt sie schuldig. Je länger diese Verdächtigungen andauern, desto mehr stellt Ilyas sich die Frage: War Yasemin wirklich die Frau, die er geliebt hat? Was bleibt von der Liebe?

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