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Unter der Regie von Trần Anh Hùng lässt Juliette Binoche als „Geliebte Köchin“ das Herz eines Gourmets höher schlagen. Bon Appétit!

Geliebte Köchin (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Köstliches Kino

Schon in seinem Spielfilmdebüt „Der Duft der grünen Papaya“ (1993), das bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes mit der Caméra d’Or ausgezeichnet wurde, setzte der 1962 in Vietnam geborene französische Drehbuchautor und Regisseur Trần Anh Hùng die Zubereitung von Nahrungsmitteln ungemein appetitanregend in Szene. In seinem neuen Werk „Geliebte Köchin“ schließt er nun nahtlos daran an.

Der Plot, der auf dem 1924 veröffentlichten Roman La vie et la passion de Dodin-Bouffant, gourmet von Marcel Rouff basiert, ist im Frankreich des späten 19. Jahrhunderts angesiedelt. Zu Beginn sehen wir die Köchin Eugénie (Juliette Binoche), die seit zwei Dekaden für den renommierten Gastronomen Dodin (Benoît Magimel) tätig ist, im Garten eines Herrenhauses Gemüse ernten. Sie trägt einen schönen Sonnenhut und wirkt von Glück beseelt. Die Vögel zwitschern. Das Gemüse sieht prächtig aus. Es bedarf gar nicht vieler Bilder, um in dieser angenehmen, in leuchtenden Farben eingefangenen Welt anzukommen – und sich auf das Essen zu freuen, das selbstverständlich von zentraler Bedeutung sein wird.

Mit seinem Kameramann Jonathan Ricquebourg erfasst Trần Anh Hùng nachfolgend in einer langen Sequenz das ruhige Treiben in der Küche. Die Choreografie, die dabei von Eugénie, Dodin, der jungen Bediensteten Violette (Galatea Bellugi) und dem Mädchen Pauline (Bonnie Chagneau-Ravoire) aus der Nachbarschaft vollführt wird, lässt an Kino-Musicals und Sportfilme denken – wobei sich die Musik und der Tanz beziehungsweise die sportliche Disziplin hier aus den Vorbereitungs- und Kochgeräuschen, aus den geschickten Handgriffen und dem routinierten Zusammenwirken des Quartetts ergeben.

Es dampft aus Töpfen, es brutzelt in Pfannen. Flusskrebse und Kalbfleisch werden verarbeitet. Die Kamera bewegt sich agil, aber ohne Hektik zwischen den Beteiligten; zuweilen fährt sie auf eine Herdplatte zu oder zeigt etwas im Detail. Die verbale und nonverbale Kommunikation zwischen den Figuren unterstreicht das Eingeübte der Situation. Wenn der leidenschaftliche Feinschmecker Dodin die begabte kleine Pauline alle Zutaten einer raffinierten Soße durch kurzes Probieren erraten und aufzählen lässt, mutet dies wie eine Solonummer in einem Stück an, die das Talent des (Wunder-)Kindes demonstrieren soll.

Der Film versteht Kochen als Kunst, wenngleich Eugénie bescheiden abwinkt, als Dodins verzückte Gäste sie als Künstlerin bezeichnen. Das damit verbundene Handwerk wird indes nicht als Zauberei verklärt. Als ein Omelette Norvégienne serviert wird – ein mit Alkohol übergossenes und flambiertes Dessert, das unter einer gebackenen Oberfläche mit gefrorenem Speiseeis zu überraschen vermag –, wird das Geheimnis der ausgeklügelten Herstellung direkt gelüftet.

Ein Konflikt in dieser Welt, die in erster Linie aus kulinarischen Genüssen zu bestehen scheint, kündigt sich derweil an, als Eugénie in der Küche einen ersten Ohnmachtsanfall hat. Geliebte Köchin wandelt sich allmählich in ein Drama, vermeidet dabei allerdings eine aufdringliche Rührseligkeit und bewahrt sich stets einen stillen Humor. So gibt Trần Anh Hùng seiner Hauptdarstellerin Juliette Binoche zahlreiche Gelegenheiten, in ihrer Rolle herzhaft zu lachen und zu strahlen.

Obendrein wird eine sinnliche, reife Liebesgeschichte erzählt, die gekonnt mit der Begeisterung für gutes Essen kombiniert wird. Denn Dodin, der Eugénie schon mehrere vergebliche Heiratsanträge gemacht hat, fasst eines Tages den Entschluss, nun zur Abwechslung mal sie, die „Geliebte Köchin“, zu bekochen. Wenn Dodin Eugénie daraufhin fragt, ob er ihr beim Essen zuschauen könne, hat das eine besondere Erotik. Die Chemie zwischen Binoche und Magimel ist stimmig; jederzeit würden wir einer Essenseinladung dieses Paares folgen. Den beiden hier zuzuschauen, ist ein großes Vergnügen.

Gesehen beim Internationalen Filmfestival von San Sebastián.

Geliebte Köchin (2023)

Das Historiendrama spielt im 19. Jahrhundert und handelt von einer hervorragenden und freiheitsliebenden Köchin, die von ihrem Arbeitgeber umworben wird. Als Vorlage diente der Roman La vie et la passion de Dodin-Bouffant gourmet (1924) von Marcel Rouff.

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Meinungen

Heike · 22.04.2024

Um diesen Film zu mögen, muss man 2 Voraussetzungen mitbringen: 1. viel Lust am Kochen und Essen, sowie Interesse für die klassische französische Küche des ausgehenden 19. Jahrhunderts 2. Sitzfleisch. Was man nicht sein sollte: Veganer. Die rennen sicher schreiend aus dem Kinosaal.
Die erste halbe Stunde habe ich die üppig-schönen Bilder genossen und mich an der tollen Ausstattung und dem wunderbaren Ambiente erfreut. Danach war da nur noch gepflegte Langeweile. Keine nennenswerte Handlung, kein Spannungsbogen, kein Twist, keine Entwicklung, nur Kochen und Essen in Dauerschleife. Das reicht für mich nicht für einen guten Film. Entschleunigung ist was Schönes, aber zum Wegnicken kann ich mir auch eine Koch- und Reisesendung im Fernsehen anschauen. Und ein wenig Ekel angesichts der Dekadenz und totalen Fixierung aufs Essen hat sich in mir auch geregt. Kurz gesagt: tolle Bilder, von denen ich schon nach 30 min pappsatt war.