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Berlinale

Life

Ein Beitrag von Sonja Hartl

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Mit seinem ersten Spielfilm Control hat Regisseur Anton Corbijn über den Joy Division-Sänger Ian Curtis eine Künstlerbiographie vorgelegt, in der die Bildsprache sowohl die Getriebenheit und widerspruchsvollen Charakter des Protagonisten als auch die Zeit und die Branche hervorragend widerspiegelt. Deshalb sind die Erwartungen an ein weiteres Biopic sicherlich hoch, zumal er in Life von der Freundschaft zwischen James Dean und dem Magnum-Fotografen Dennis Stock erzählt — eine Beziehung, die den Mythos James Dean und die Karriere Dennis Stocks entscheidend geprägt hat.


(Filmbild aus Life, Copryright See-Saw Films)

Der Film beginnt im Jahr 1955. James Dean (Dane DeHaan) hat gerade Jenseits von Eden abgedreht, als er auf einer Party von Regisseur Nicholas Ray dem Fotografen Dennis Stock (Robert Pattinson) begegnet. Dennis macht hauptsächlich Pressebilder am Set, Standbilder, die die Studios verwenden können. Er träumt von einer eigenen Ausstellung und will als Künstler wahrgenommen werden. James Dean sieht sich hinegen bereits als Künstler, er hat Theater in New York gespielt und ist nun in Los Angeles gelandet, um ein Star zu werden — obwohl er mittlerweile daran zweifelt, dass es eine richtige Entscheidung war. Schon bei ihrer ersten Begegnung sieht Dennis etwas in James und beschließt, ein Fotoessay über ihn zu machen, das er an das Life-Magazin verkaufen will. Es dauert eine Weile, bis es zu der Zusammenarbeit kommt, dazwischen liegen Gespräche und Erlebnisse von den Protagonisten, in denen sie näher charakterisiert und die Zeit porträtiert werden soll. Beide wissen nicht, was sie vom Leben wollen. James hadert mit den Möglichkeiten und Erwartungen, Dennis sucht hingegen eine Chance, sich endlich zu beweisen. James vermisst seine verstorbene Mutter, Dennis musste zu jung Verantwortung übernehmen und hat sich bisher seiner Verantwortung als Vater abgesehen von finanzieller Unterstützung weitgehend entzogen.

Deshalb könnte der Film von der Freundschaft dieser Männer erzählen oder die Geschichte James Deans, bevor er ein Star wurde. Oder der Fotograf Anton Corbijn könnte einen Film über einen Fotografen drehen, über die Bedeutung der Fotografie und die Möglichkeiten dieses Mediums. Doch Life will all das sein und ist deshalb nichts wirklich. Dane DeHaan strengt sich zu sehr an, James Dean möglichst ähnlich zu wirken, sich ähnlich zu bewegen, zu gucken, zu rauchen und zu sprechen. Dadurch nähert er sich nicht dieser Rolle, sondern ist ein Schauspieler, der versucht, James Dean zu spielen. Robert Pattinson muss einem berühmten Vorbild weitaus weniger entsprechen — schließlich wissen viel weniger Zuschauer, wie Dennis Stock aussah, geschweige denn gewirkt hat — aber es gelingt ihm nicht, den Konflikt dieser Figur auch nur annähernd anders auszudrücken als in den Worten, die ihm das Drehbuch vorgibt.

Doch nicht nur die Schauspieler sind in ihren Bemühungen, der Zeit zu entsprechend, zu angestrengt, auch die Bilder versuchen allzu offensichtlich, heutige Vorstellungen vom Hollywood der 1950er Jahren einzufangen. Der Himmel hat das vermeintlich typische Türkisblau und alle Bilder einen gefilterten Retrostich, nur auf James Deans heimatlicher Farm in Indiana ist etwas von Corbijns eigener Bildsprache zu erkennen. Hier überzeugen manche Einstellungen mit ihrem Sinn für Einsamkeit und Verlorenheit und sagen mehr über das Leben aus, als alle Worte könnten. Doch im Gegensatz zu Corbijns vorhergehenden Filmen ist seine künstlerische Vision kaum zu erkennen, vielmehr scheinen die fotografischen Vorbilder ihn eher zu lähmen denn zu inspirieren. Und das ist sehr zu bedauern. Denn für einen Film mit einer Laufzeit von über zwei Stunden sind einige gute Momente zu wenig.

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