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Streaming-Tipp des Tages: Doch das Böse gibt es nicht

Ein Beitrag von Mathis Raabe

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Filmstill zu There is no Evil (2020) von Mohammad Rasoulof
There is no Evil (2020) von Mohammad Rasoulof - Filmstill

Auch dieses Jahr gibt es im Programm der Berlinale wieder einen iranischen Film, dessen Macher*innen aufgrund der Unterdrückung kritischer Stimmen durch das Regime nicht nach Berlin reisen dürfen: My Favourite Cake von Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha. 2020 war davon sogar der Gewinner des Hauptpreises betroffen: Doch das Böse gibt es nicht wurde mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet, Regisseur Mohammad Rasoulof erhielt aber keine Reiseerlaubnis und wurde wenige Tage nach der Preisverleihung wegen angeblicher „Propaganda gegen das System“ zum wiederholten Male zu einer Haftstrafe verurteilt. Aktuell befindet sich Rasoulof wohl nicht mehr hinter Gittern, aber auch nicht in Bewegungsfreiheit. Eine Einladung in die Cannes-Jury konnte er letztes Jahr nicht wahrnehmen.

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Doch das Böse gibt es nicht musste, wie das meiste iranische Kino, das man bei internationalen Festivals findet, unter umständlichen Bedingungen gedreht und eingereicht werden. Auch zu diesem Zeitpunkt war gegen Rasoulof einmal wieder ein Urteil ergangen. Trotzdem hat der Film vier verschiedene Drehorte und einigen Produktionsaufwand – im Gegensatz etwa zu Werken seines Kollegen und Unterstützers Jafar Panahi wie This Is Not a Film, der den Hausarrest explizit zum Thema macht und mit einem iPhone gedreht ist. Womöglich konnte die Produktion gelingen, indem Doch das Böse gibt es nicht den Behörden als mehrere voneinander unabhängige Kurzfilme verkauft wurde.

Denn der Film besteht aus vier Episoden, die nur lose zusammenhängen und das Regime nur indirekt thematisieren. Es wird die Todesstrafe verhandelt. Laut der Menschenrechtsorganisation HRANA wurden im Iran 2023 etwa 750 Menschen hingerichtet. Das Evin-Gefängnis, in dem auch Rasoulof und Panahi zuletzt einsaßen, ist besonders berüchtigt für die Hinrichtung politischer Gefangener. Doch das Böse gibt es nicht bearbeitet dieses Thema anhand moralisch ambivalenter Figuren – vom Insassen zum Henker bis hin zu Figuren, die zurückgezogen von der Gesellschaft leben und dem Thema trotzdem nicht entkommen können – und mittels düsterer Pointen. Auch der Titel dürfte ironisch zu verstehen sein. Es ist ein Film, der erst im Wissen über die Hintergründe seine volle Kraft entfaltet, was man ihm nicht als Nachteil auslegen sollte.

„Doch das Böse gibt es nicht“ ist jetzt bei MUBI zu sehen.

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