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Kritik oder Werbung? Filme über Produkte

Barbie everywhere! Aber welche Filme über Produkte gab es eigentlich noch? Wir haben man ein paar Beispiele rausgekramt. 

Meinungen
Transformers / The Lego Movie / Barbie

Die Marketingkampagne, die Greta Gerwigs Barbie begleitet, wird wohl eines Tages studiert werden. Schon seit die ersten Fotos vom Set aufgetaucht sind, auf denen Margot Robbie und Ryan Gosling Neonfarben und Rollschuhe tragen, macht sich das halbe Internet durch Memes und Tweets bereitwillig zu unbezahlten Warner-Bros.-Mitarbeitenden. Zwar ist zu erwarten, dass das Drehbuch-Team aus Gerwig und Noah Baumbach einige subversive und auch feministische Ideen eingebaut hat. Schon in den Trailern ist das zu sehen: Das binäre Gender-Konzept der Mattel-Puppen wird kommentiert, und Barbie und Ken wissen nicht, was Sex ist – sie haben ja auch keine Geschlechtsorgane. Aber kann ein Film wirklich subversiv sein und sich davon frei machen, Werbung zu sein, wenn er das Produkt schon im Namen trägt?

Dieser Frage will die Kino-Zeit-Redaktion nachgehen – auch wenn die aktuelle Häufung von Filmen, die bei Vermarktern am Reißbrett entstanden zu sein scheinen, natürlich eine Entwicklung ist, die wir grundsätzlich kritisch sehen. Es folgen Besprechungen von positiven, negativen oder auch nur besonders skurrilen Beispielen für Filme über Marken und Produkte.

The Lego Movie

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein Lego-Film klar und deutlich macht, was die Matrix ist, aus der es auszubrechen gilt: Nicht was auch immer Verschwörungserzähler darunter verstehen, sondern natürlich der Konsumkapitalismus. The Lego Movie erzählt die Geschichte des Bauarbeiters Emmett, der mehr oder weniger versehentlich die Revolution gegen einen Weltherrscher namens President Business anzettelt. Dieser ist Politiker und Wirtschaftsboss zugleich, dessen Unternehmen unter anderem „alle Geschichtsbücher“ sowie die Wahlcomputer herstellt und durch dessen Propaganda längst niemand mehr auf die Idee kommt, den Status Quo zu hinterfragen und über ein anderes Gesellschaftssystem nachzudenken, solange es Taco Tuesdays und einen einzigen (!) eingängigen Pop-Song gibt: „Everything is awesomeee…“

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Das Ganze könnte der Plot sowjetischer Agitprop sein, würde es nicht in einer Bausteinwelt spielen, inklusive Wild-West-Stadt, Mittelerde, Piratenschiff, Raumschiff und Gastauftritten diverser Popkultur-Figuren. Dank Phil Lord und Chris Miller, die auch die kreativen Köpfe hinter der animierten Spider-Man-Trilogie um Miles Morales und seine Multiverse-Kollegen sind, ist The Lego Movie charmant ruckelig animiert und birst fast aus den Nähten vor Kreativität.

Auf der Meta-Erzählebene gibt’s auch noch einen Appell für Fantasie und das innere Kind: Der Papa (Will Ferrell) will mit Lego-Steinen nicht kreativ werden, sondern sie nur einmal strikt nach Anleitung aufbauen und dann als Sammlerstück und Deko herumstehen lassen. Für Emmett, Batman und Co. würde das natürlich den Tod bedeuten.

von Mathis Raabe

Transformers

Manchmal braucht es nur eine zündende Idee, um aus einem bereits existierenden Produkt einen Erfolg zu machen. Ein solchen Schicksal ereilte auch die Transformers, ursprünglich Spielzeuge japanischer Bauart, die sich von Fahrzeugen in Roboter und umgekehrt verwandeln ließen, damals noch unter den Namen „Micro Change“ und „Diaclone“. Doch erst als der US-Spielzeughersteller Hasbro einige Jahre später (1983, um genau zu sein) auf die Plastikfiguren aufmerksam wurde, wurde daraus ein Erfolg. Denn bevor man die Figuren in den USA an den Start brachte, beauftragte man Marvel mit der Produktion einer Comicreihe und einer TV-Serie – und fügte den Figuren damit etwas hinzu, das ihnen bislang fehlte: ein Narrativ, eine Geschichte, einen Konflikt zwischen Gut und Böse, den die Kiddies fortan im Kinderzimmer nachspielen und über den sie sich auf dem Schulhof austauschen konnten. Diese Multimedialität hatte für Hasbro bereits bei G.I. Joe sehr gut funktioniert. Und sie funktioniert bekanntlich noch bis heute.

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Bei den Transformers kam der Erfolg aber wenig überraschend. Autos und Kampfroboter in einem? Das ist doch auf dem Papier der feuchte Traum eines jeden (männlichen) Heranwachsenden. Mit dieser kindlichen Fantasie spielte auch Michael Bay in seinen ab 2007 erschienenen Kinofilmen, bot grooooßes Spektakel, platteste Geschichten und Figuren (John Turturro als Comic Relief, Megan Fox als Male-Gaze-Objekt, Shia LaBeouf als möglichst profilarmer Held) und überdrehten Pipi-Kacka-Humor (Hat Bumblebee den Geheimdienstchef da gerade mit Motoröl vollgepinkelt?).

Doch mit jedem neuen Teil (kürzlich ist Nummer 6 gestartet) brachen die Filme immer weiter unter dem Gewicht der klassischen Hollywood-Sequel-Formel „Größer, schneller, weiter“ zusammen. Immer größeres Effektgewitter, immer neue Figuren und absurdeste, aus dem Hut gezauberte Mysterien, die irgendwann bis ins Mittelalter zurückreichten (herrje, muss das Schreiben dieser Drehbücher schmerzhaft gewesen sein…), und natürlich muss auch die Bedrohung jedes Mal noch größer und fundamentaler sein als im Vorgänger. Mit der Folge, dass all das immer banaler, vergessenswerter und wirrer wurde. Auch die Transformers-Reihe blieb nicht vom Marvel-Effekt verschont. Einzig das Spin-off Bumblebee von 2018 brach aus diesem Muster aus, erzählt es doch eine angenehm kompakte Coming-of-Age-Geschichte im nostalgischen 80er-Jahre-Setting ohne den visuellen und erzählerischen Overkill eines Michael Bay, dafür mit einigen durchaus echten emotionalen Momenten.

Wo die ursprüngliche Serie klar als Werbung für die Figuren konzipiert wurde, ist die seit 2007 andauernde Filmreihe dem längst entwachsen und zu einem eigenen Produkt geworden, das auch unabhängig von den Figuren funktioniert. Wie es um die Verkäufe des Plastikspielzeugs steht, ob die Filme also für einen Verkaufsschub gesorgt haben, das lässt sich jedenfalls nicht rausfinden.

von Christian Neffe

Avengers und das MCU

Es ist der heilige Gral des gegenwärtigen Blockbuster-Kinos: das MCU. Diese epische Superhelden-Oper, mit all ihren Neben- und Seitenwegen wird leidenschaftlich geliebt. Iron Man, Captain America und Thor sind die Helden ganzer Generationen, und Disney hat daraus eine Marketingmaschine gemacht, die so clever ist, dass man nicht mehr dagegen ankommt. Da können die Avengers-Filme noch so sehr auf ihren großen episch-narrativen Bogen um Thanos und das Ende der Welt (was auch sonst) beharren: Im Grunde ist das ganze Treiben leer, ein Schaulaufen von Figuren, die ihre Rollen zu spielen haben und im dramaturgischen Aufbau ihre Zeit im Schaufenster beanspruchen. Von Actionfiguren über Shirts bis zum nutzlosen Nippes aus Plastik – der Rubel rollt, und jeder Film variiert nur die Grundkonstellation, um neue Waren vorzustellen.

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Man denke nur an die Marvel-Sets von Lego, die sich unmöglich zu einer ganzen Welt zusammensetzen lassen. Sicher, man könnte auch Star Wars als Beispiel nehmen. Der Unterschied liegt darin, dass niemand vorhersagen konnte, dass aus Luke, Han und Darth Vader ein großer Verkaufsschlager werden würde. Das MCU ist ein aus dem Boden gestampftes, durchkalkuliertes Kaufhaus: verführerisch, bunt und scheinbar unendlich dehnbar. Ein bisschen mehr subversives Gegenwirken würde den Filmen auf jeden Fall nicht schaden.  

von Sebastian Seidler

Mac and Me

Halb Rip-off von E.T. – Der Außerirdische, halb schamloser Werbespot für die berühmteste Fast-Food-Kette der Welt: In Mac and Me lernt ein Menschenjunge eine „Mysterious Alien Creature“ kennen, kurz: Mac. Nicht nur findet eine Schlüsselszene in einer McDonalds-Filiale statt, inklusive einer Tanz-Performance von Ronald McDonald, der dafür eine Goldene Himbeere gewann. Die Medizin, die auf der Erde gestrandeten Aliens das Leben retten kann, ist natürlich: Coca Cola.

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Produzent R. J. Louis bestreitet zwar wenig glaubwürdig, dass McDonalds seinen Film mitfinanziert hat. Er hat aber auf jeden Fall die zweifelhafte Ehre, einer der ersten Filmemacher zu sein, die mit dem Unternehmen einen Cross-Promotion-Deal eingingen. Disney hat es ihm seitdem diverse Male nachgemacht und zuletzt etwa Happy Meals mit Guardians-of-the-Galaxy- oder Arielle-Thema gesponsert. Er hat außerdem die zweifelhafte Ehre, einen jener Filme gemacht zu haben, die gerne in Anti-Kanons der schlechtesten Filme aller Zeiten gelistet und von Trashfilm-Fans ironisch bei einem Kasten Bier geguckt werden.

von Mathis Raabe

Glücksbärchis

Glücksstrahlen los! So lautet der Ausruf dieser Kuschelhelden, wenn sie ihre stärkste Waffe einsetzen: Aus ihren Bäuchen schießen sie sogenannte Glücksstrahlen, die dem Bösen den Garaus machen, indem sie – nun ja – für Glück und Zufriedenheit sorgen. Ihre Heimat haben diese lebendigen Kuscheltier-Wesen im Herzbärchi-Reich hoch oben in den Wolken. Ursprünglich waren diese Figuren das Produkt einer amerikanischen Grußkartenfirma. Diese fand in den frühen 80ern allerdings so großen Anklang, dass man gleich eine ganze Merchandise-Maschine aufsetzte.

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Die Folgen für zarte Kinderseelen: Mehrere Serien und Filme. Netflix hat von 2015 bis 2016 eine Neufassung produziert – kaum zu fassen. Legendär ist der erste Film von 1985; und ich muss gestehen, dass ich ihn als Kind geliebt habe. Wenn ich mir das heute so ansehe, kann ich mir das nicht mehr erklären. Die Story ist – egal! Irgendein Kind befreit eine dunkle Macht, die das Glück von der Erde fegen will. Die Bärchis kommen und machen alles gut. Fertig.

Viel wichtiger in unserem Zusammenhang: Wie sehr das ganze zuckersüße Treiben auf dem Reißbrett entworfen wurde, nur um Dinge zu verkaufen. In jeder Sekunde spürt man, dass es bei diesen Bären nicht um lebendige Figuren geht. Vielmehr wurde ihnen eine Handlung übergestülpt. Über die grausig naive Verniedlichungspädagogik müssen wir uns an dieser Stelle nicht weiter auslassen: Kinder haben mehr verdient.

von Sebastian Seidler

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