zurück zur Übersicht
Specials

Zum 65. Geburtstag: Unsere liebsten Performances von Gary Oldman

Jede*r hat sie wohl im Kopf, diese eine Performance von Gary Oldman, die für immer im Gedächtnis bleiben wird. So geht es jedenfalls uns, und was wäre ein besserer Anlass als der Geburtstag des nunmehr 65-jährigen Briten, diese mal gemeinsam aufzuschreiben? Et voilà, hier sind sie!

Meinungen
Gary Oldman in Bram Stoker's Dracula / Leon der Profi / Harry Potter
Gary Oldman in Bram Stoker's Dracula / Leon der Profi / Harry Potter

Léon — Der Profi

Ich weiß noch genau, wie ich als frischgebackener Teenager — ich war definitiv zu jung für die FSK-Freigabe — eines späten Abends vor dem Fernseher saß und mit großen Augen auf die Ankündigung blickte, dass da gleich ein Film namens Léon — Der Profi laufen werde. Jean Reno? Den kannte und mochte ich. Der spielt einen Profikiller? Umso besser! Und ich wurde nicht enttäuscht. Erst diese unglaublich coole Eröffnungssequenz, in der Léon das Domizil eines Drogenhändlers infiltriert und die mich völlig in ihren Bann zog. Und schließlich, nach ein wenig mehr Exposition, der Auftritt des Antagonisten: ein korrupter Polizist, der eine ganze Familie — Nachbarn von Léon — auslöscht, weil der Vater sein Geld unterschlagen hat. Das hallte nach.

Einerseits wegen der schockierenden Gewalt (allein die Einstellung mit der Badewanne!), andererseits wegen eben jenem Cop Norman Stansfield, der sich vor der Erstürmung der Wohnung nochmal aufputscht, mit großen Augen und dicken Adern am Hals zur Decke blickt, verkrampft, über Beethoven faselt, sich bereit macht für den Kampf, die Gewalt, die Gnadenlosigkeit. „I like these calm little moments before the storm…“ Herrje, machte mir der Kerl Angst! Auch über die weitere Laufzeit hinweg. Umso befriedigender war es schließlich, als er, Léon feige in den Rücken geschossen und triumphal über ihm stehend, seinen letzten Atemzug machte.

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen

Léon — Der Profi war daraufhin lange Zeit mein Lieblingsfilm, zum einen wegen der berührenden Freundschaft zwischen den Figuren von Natalie Portman und Jean Reno, zum anderen wegen Gary Oldman, den ich dort erstmals bewusst als Schauspieler wahrnahm und der mich sofort in seinen Bann zog. Heute hadere ich ein wenig damit, mir den Film nochmal anzusehen, in der Angst, diese Performance als viel zu überspielt wahrzunehmen, mich in meiner wohligen Nostalgie getäuscht zu fühlen. Doch selbst wenn das der Fall sein sollte: Dieser Erstkontakt mit Oldman ist bis heute ein einschneidendes Filmerlebnis.

von Christian Neffe

Bram Stoker’s Dracula

Ein kleiner Seitenhieb muss sein: Gary Oldmans jüngste schauspielerische Großtat, also sein Versuch, Finchers Mank betrunken zu einem Netflix-Oscar zu monologisieren, ist mir eher auf die Nerven gegangen. Trotzdem hat der britische Schauspieler einen Platz in meinem Herzen sicher, und zwar vor allem für die Performance, die seinen Durchbruch in den USA bedeutete. Dort durfte er dann im Laufe der Neunziger vor allem Bösewichte spielen, weil er hier den ultimativen Bösewicht gespielt hatte: den Fürsten der Finsternis Graf Dracula.

Oldman trat damit in große Fußstapfen. Kein Horrorstoff ist häufiger verfilmt worden als Dracula und die Darbietungen von Bela Lugosi und Christopher Lee in der Rolle sind legendär. Was Oldmans Performance, ebenso wie den ganzen Film von Francis Ford Coppola, gelingen lässt, ist dass sie einen völlig neuen Ansatz wählen. Statt des schwarzen Umhangs und des zurückgekämmten Haars tritt Oldman abwechselnd als faltiger alter Mann und als Steampunk-Schönling mit Sonnenbrille und Zylinderhut auf.

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen

Oldman trug für viele seiner berühmtesten Rollen extravagante Kostüme, ohne dass seine Schauspielleistung dahinter versteckt bliebe. Wenn Dracula hier seine monströsen Tierformen annimmt, ist die Transformation des Briten durch Latex und Prothesen aber auf die Spitze getrieben. Coppolas operatischer, in Rot- und Grautönen durchgestylter Film (Kamera: Michael Ballhaus) ist vor allem deshalb eine der besten Dracula-Verfilmungen, weil die vielen Wiedersprüche der Figur – ein blutrünstiges Monster, ein romantischer Verführer, ein Aristokrat aus einer anderen Zeit mit gebrochenem Herzen – nie so nachvollziehbar bebildert wurden wie durch die vielen Gesichter Gary Oldmans.

von Mathis Raabe

Romeo Is Bleeding

Peter Medaks Thriller aus dem Jahre 1993 ist ein vergleichsweise unbekannter Film in Gary Oldmans Filmographie und ehrlich gesagt frage ich mich schon, warum das so ist. Erstklassig besetzt (neben Gary Oldman unter anderem mit Lena Olin, Juliette Lewis, Roy Scheider, Ron Perlman und einigen anderen großen Namen), hinreißend düster und in manchen Szenen geradezu brachial, atmet dieser Film trotz kleinerer inszenatorischer Schwächen den Geist eines echten Neo-Noir, wie er in den 1990er Jahren durchaus typisch war. 

Oldman spielt darin den korrupten Cop Jack Grimaldi, der auf der Gehaltsliste der Mafia steht und der für den Schutz von Zeugen zuständig ist. Neben seiner Ehefrau hat er noch eine Geliebte, kassiert heimlich groß ab und ist dennoch ein Gefangener seines Doppellebens. Dieses Kartenhaus bricht zusammen, als er die Russin Mona Demarkov (Lena Olin) beschützen soll, zu der er sich hingezogen fühlt. Sein Mafia-Auftraggeber Don Falcone (Roy Scheider) aber will die Frau am liebsten tot sehen — und so gerät Jack zwischen alle Fronten und in ein Spiel, dem er nicht gewachsen ist. 

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen


Leider ist Romeo Is Bleeding derzeit bei keinem Streaming-Anbieter zu sehen, der Film kann aber als DVD oder Blu-ray erworben werden — zum Beispiel hier

von Joachim Kurz

Die Harry-Potter-Reihe

In Harry Potter und der Gefangene von Askaban (2004), der Verfilmung des dritten Romans um den jungen titelgebenden Zauberer, übernahm Alfonso Cuarón die Regie. Die ersten beiden Leinwand-Adaptionen, in Szene gesetzt von Familienkino-Profi Chris Columbus, waren perfekte Feiertagsunterhaltung mit kuschelig-schöner Atmosphäre. Nun trat das Düstere deutlich stärker hervor – und dies lag nicht zuletzt an der Figur des Sirius Black. Sowohl in der literarischen Vorlage als auch in der filmischen Umsetzung ist Sirius eine äußerst ambivalente Figur, die zunächst als enorme Bedrohung erscheint. Sirius soll Harrys Eltern an den fiesen Voldemort verraten haben, weshalb er schließlich ins Zauberergefängnis kam. Wenn wir im Laufe des dritten Abenteuers erfahren, dass Sirius ausgebrochen ist, sorgt das für reichlich Grusel.

Dass dies derart gut funktioniert, ist im Film vor allem Oldmans Spiel zu verdanken. Allein schon durch seine Rollenbiografie ist der Brite ein absolut überzeugender potenzieller Schurke, dem wir das Schlimmste zutrauen. Doch für eine rundum gelungene Interpretation ist noch mehr als ein finsterer Blick und eine beängstigende Aura nötig. Denn die Backstory von Sirius hält einige Wendungen bereit – bis es dann am Ende von Harry Potter und der Orden des Phönix (2007) zu einem hochdramatischen Moment kommt, der Harry tief prägen wird. Die Wucht dieser Sequenz geht zum einen auf Daniel Radcliffes intensive (und oft unterschätzte) Performance als Harry zurück und zum anderen auf die emotionale Basis, die Oldman seit seinem Auftritt in Harry Potter und der Gefangene von Askaban geschaffen hat.

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen

Oldman hat mitten im Mainstream, mitten in einem riesigen Franchise eine sehr komplexe Figur zum Leben erweckt. Für solche Parts gibt es zumeist keine Oscars – sie sollten aber als bemerkenswerte Leistungen (an-)erkannt werden.

von Andreas Köhnemann

Das fünfte Element

Luc Bessons Space-Opera bietet nicht nur einen wahnsinnig gut aufgelegten Bruce Willis, der als Taxi-Fahrer mal eben – wie soll es auch anders sein – die Welt retten muss. An seiner Seite kämpft auch Milla Jovovich, die jedoch die meiste Zeit nur ein (auch noch leicht bekleidetes) Anhängsel bleibt. Die Story ist völlig egal. Es geht um irgendwelche Elemente und eine außerirdische Kraft, die natürlich die Erde bedroht. Es geht hier in der Tat nur um den Look, die Kostüme und Setdesigns, die Das fünfte Element bis heute zu einem der besten Popcorn-Abenteuer der 90er machen.

Externen Inhalt ansehen?

An dieser Stelle möchten wir Ihnen ein externes Video von YouTube präsentieren. Dafür benötigen wir Ihre Zustimmung in die damit verbundene Datenverarbeitung. Details in unseren Angaben zum Datenschutz.

Zustimmen und ansehen

Und dann ist da Gary Oldman, der in einer aberwitzigen Reminiszenz an seine Rolle in Léon — Der Profi (auch von Luc Besson) völlig aufgeht und das Böse völlig schräg und neben der Spur anlegt. Egal wie sehr das Kostüm dabei an den Faschismus erinnert, dieser Zorg, Waffenhändler und Großindustrieller, ist eine Witzfigur, deren Pointen allerdings ziemlich fies sein können. Oldman spielt einen Menschen, der um Haltung bemüht ist, doch jederzeit die Kontrolle verlieren könnte. Herrlich!

von Sebastian Seidler

Meinungen