The School for Good and Evil (2022)

Wem kommt das bekannt vor?

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Als die damals bereits extrem erfolgreichen Harry-Potter-Romane erstmals ins Kino kamen, war das für viele Studios offenbar ein Signal. Denn wenn man sich den ersten Harry-Potter-Film als Stein vorstellt, der ins Wasser geworfen wurde, so starren die großen Studios seitdem auf diese Oberfläche und pflücken jeden Halm heraus, an dem sich die Potter-Welle bricht. Manchmal ist das erfolgreich, vor allem wenn es kaum Ähnlichkeiten in den Storys gibt wie bei der "Tribute von Panem"-Reihe. Aber die meisten Versuche, einen Young-Adult-Fantasy-Roman in einen erfolgreichen Film umzumünzen, scheiterten deutlich. Nichtsdestotrotz schickt Netflix nun die Verfilmung einer weitere YA-Romanreihe ins Rennen um die Streamer-Gunst, bei der die offenkundige Nähe zu Harry Potter kaum zu übersehen ist. Und holte sich dafür mit Paul Feig einen erfahrenen Regisseur, der mit dem missglückten "Ghostbusters"-Reboot zumindest Erfahrung im Bereich des Übernatürlichen gesammelt hat und hier auch für das Drehbuch mitverantworlich war. 

Geholfen hat das nur bedingt. Denn tatsächlich sind die Parallelen zu Harry Potter – eine Burg als Schule für Zauberer, Prinzen und Hexen, in der es ständig Streit zwischen den Häusern, pardon, den beiden Schulzweigen Gut und Böse gibt – derart unübersehbar, dass sich The School for Good and Evil an den acht Kinohits der J.K.-Rowling-Reihe messen lassen muss. Und da verliert der Film trotz ordentlichen Budgets auf ganzer Linie. Obwohl die Länge mit 150 Minuten Potter-Format aufweist, schafft Feig es nicht, seine Story durchgehend spannend zu halten. Wie der erste Potter-Film von Chris Columbus leidet auch Feigs Ausflug in die Fantasy an einer zu langen Exposition und dem ausführlichen Worldbuilding. Erst nach gut einer Stunde hat der Regisseur endlich alle Charaktere dort platziert, wo die eigentliche Story beginnt.

Und die bietet genau eine frische Idee. Denn die Schüler:innen der Schule sollen später als Held:innen und Schurk:innen agieren und so Inspiration für neue Märchen geben. Leider macht Feig aus dem wirklich netten Einfall sehr wenig und konzentriert sich auf reichlich Hokuspokus und immerhin optisch ansprechende Sets und Kostüme. Die eigentliche Story hingegen bleibt dünn und vorhersehbar – und manche Szene dürfte Harry-Potter-Fans darüber hinaus sehr bekannt vorkommen, etwa ein nächtliches Abenteuer in einem düsteren Wald. Auch der Bösewicht der Geschichte weist Ähnlichkeit mit einem gewissen Lord Voldemort auf, verfügt aber über deutlich weniger unheimliches Charisma als der dunkle Lord. Dass das Grundkonzept von Gut und Böse, wie es in den Schulen gezeigt wird, nicht auf Dauer standhält, ist dem Publikum nach wenigen Minuten klar. Lediglich die Schlusspointe des Plots ist tatsächlich eine kleine Überraschung – leider zu wenig, um den Gesamteindruck des Films noch zu retten.

Denn auch in Sachen Starpower ist The School for Good and Evil eine kleine Mogelpackung. Laurence Fishburne als Schulleiter ist fünf Minuten im ganzen Film zu sehen, ähnlich verhält es sich mit Michelle Yeoh. Kerry Washintgon und Charlize Theron als zuständige Lehrerinnen für die gute und die böse Seite haben etwas mehr Screentime, spielen aber ebenfalls keine große Rolle. Die beiden Hauptdarstellerinnen Sophia Anne Caruso als Möchtegern-Prinzessin Sophie, die in der Schule des Bösen landet, und Sofia Wylie als vermeintliche Hexe Agatha auf der hellen Seite haben zwar durchaus ihren Charme, können das klobige Vehikel aber nie so richtig auf Kurs bringen. Da helfen auch Feigs opulente Bilder und der zielgruppenaffine Soundtrack mit Billie EIlish und Olivia Rodrigo nicht weiter.

Denn bei aller gelungenen Optik in den Sets wie der Bibliothek des Schulleiters oder den Partysälen der Schulen sind die CGI-Kreaturen bestenfalls Durchschnitt und passen qualitativ nicht zum Rest. Das reißt das Publikum nicht nur immer wieder aus der Illusion der Story heraus, sondern wirkt in einem ansonsten so üppig ausgestatteten Film einfach deplatziert.

So kann sich das aufwendig produzierte und mit Stars gespickte Fantasy-Abenteuer zu keinem Zeitpunkt aus dem übermächtigen Schatten des Jungen, der überlebte, lösen und kaschiert dies nur dürftig mit hübschen Bildern. Für Fantasy-Einsteiger mag The School For Good and Evil noch funktionieren, das Kunststück, auch ältere Zuschauer:innen abzuholen, wie das Harry Potter glückte, gelingt Paul Feig mit seiner Netflix-Produktion allerdings nicht. Dazu gibt es einfach zu viel Bling-Bling und zu wenig Story-Substanz. Dank weiterer Romane der Reihe ist eine Fortsetzung aber nicht ausgeschlossen. Die darf dann aber gern origineller werden.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/the-school-for-good-and-evil-2022