The Complex

Da wurden die Genrefans gleich ein bisschen hibbelig, denn direkt nach Sundance kündigte das Internationale Filmfestival Rotterdam den neuen Film von Hideo Nakata The Complex an. Nakata ist ja der eigentliche „Herr der Ringe“, immerhin löste er mit seinem Ring — Das Original / Ringu (1998) einen J-Horror Sturm und eine darauf folgende Remake-Welle aus. Doch das ist schon lange her. Nach vielen anderen Projekten ist er nun auch filmisch zu seinen Wurzeln in Japan zurückgekehrt. Und so schlugen die Herzen seiner Fans noch einmal schneller, als bekannt wurde, dass Nakatas neuer Film wieder dort anknüpft, wo Ringu einst endete: Mit Schockattacken auf sein Publikum. Und so wagte sich die Rezensentin todesmutig ins Nachtschattenschwarz des Kinos und harrte halb ängstlich, halb gespannt der Dinge, die da von der Leinwand auf sie zukommen würden.
Den Konventionen des Genres entsprechend beginnt der Film mit einem Blick auf eine vermeintlich heile Welt, auf eine anscheinend idyllische Familie. Gerade in einen neuen Wohnkomplex gezogen, erfährt die junge Asuka (Atsuko Maeda, die in Japan vor allem als früheres Mitglied der Band AKB48 bekannt wurde), dass a) ihr direkter Nachbar gruselige Geräusche macht und nie zu sehen ist und b) niemand in diesen Häusern wohnen will, denn dort spukt es. Kein guter Anfang eines neuen Lebensabschnitts für die junge Frau, doch Gott sei Dank ist sie nicht allein, denn ihre Eltern und ihr kleiner Bruder Satoshi sind mit dabei. Dann trifft sie auf dem Spielplatz in der Nähe des Hauses einen kleinen Jungen, der dort ganz alleine spielt. Schon bald ahnt Asuka, dass irgendwas nicht stimmt, die Geräusche von nebenan werden immer lauter, ihre Eltern wiederholen stets und unbeirrt die gleichen Sätze und nach wie vor sind keine anderen Bewohner zu sehen…

Nun ist es ja immer so, dass Regisseure, die eine Kultfilm hingelegt haben, von diesem Zeitpunkt an immer ihrem Erfolg hinterher rennen und jedes weitere Werk mit dem großen Klassiker verglichen wird. Ein schweres Los, das beispielsweise Francis Ford Coppola nach Der Pate oder M. Night Shymalan nach The Sixth Sense ereilte. Betrachtet man The Complex (so gut es geht) für sich und außerhalb des naheliegenden aber nicht zielführenden Vergleichskategorie mit Ring, so lässt sich dennoch nicht allzu viel Gutes sagen. Der Film ist seinem Publikum stets zwei Schritte hinterher; wer auch nur ein bis zwei J-Horrorfilme (oder Remakes) kennt, kann faktisch schon voraussagen, was als nächstes passieren wird. Dabei gelingt es Nakata auch nicht, ein mehr oder minder böses Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers zu treiben, dazu bleibt The Complex einfach zu flach und berührt zu wenig. Das zeigt sich schon daran, dass man der Protagonistin im Verlauf des Filmes emotional nicht nah genug kommt, als dass es wirklich interessieren würde, ob sie überlebt oder nicht. Dazu eine kurze Erinnerung: in Wes Cravens Scream (1996) braucht Drew Barrymore ganze zwei Minuten, bis man sich für sie interessiert und es einen tatsächlich interessiert, was mit ihr geschehen wird. Eine solche starke emotionale Verbindung zwischen seiner Protagonistin und dem Publikum kann Nakata in den ganzen 106 Minuten Laufzeit nicht knüpfen.

Von ein paar hübsch anzuschauenden Kamerafahrten und zwei halbwegs guten Ideen abgesehen, ist The Complex also leider enttäuschend und so ungruselig, dass die Rezensentin am Ende des Films sogar entspannt im Kino saß und mit dem Kollegen neben ihr gleich mal ausmachen konnte, dass danach ein Besuch beim Japaner keine schlechte Idee wäre. Immerhin etwas…

(Festivalkritik vom 42. Internationalen Filmfestival Rotterdam, Beatrice Behn)

The Complex

Da wurden die Genrefans gleich ein bisschen hibbelig, denn direkt nach Sundance kündigte das Internationale Filmfestival Rotterdam den neuen Film von Hideo Nakata „The Complex“ an. Nakata ist ja der eigentliche „Herr der Ringe“, immerhin löste er mit seinem „Ring — Das Original“ (1998) einen J-Horror Sturm und eine darauf folgende Remake-Welle aus. Doch das ist schon lange her. Nach vielen anderen Projekten ist er nun auch filmisch zu seinen Wurzeln in Japan zurückgekehrt.
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