Miss Sixty

Eine Filmkritik von Paul Collmar

Forever young

Die derzeit recht umstrittene Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff fände diesen Film vermutlich überhaupt nicht gut – ob das allerdings als Qualitäts(ausschluss)kriterium genügt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Überhaupt sollte man Sigrid Hoerners ziemlich überdrehte Komödie Miss Sixty nicht allzu sehr auf tiefsinnige Diskurse abklopfen – es wäre nämlich gut möglich, dass es einem dabei recht hohl entgegenschallt. Wer freilich statt Tiefsinn eher leichte Unterhaltung mit vergnügt aufspielenden Darstellern und ohne allzu große Verhaftung in der Realität sucht, der kann mit Miss Sixty durchaus seinen Spaß haben. Wobei vermutet werden darf, dass die Freude an der turbulenten Farce mit Screwball-Anleihen linear zum Alter der Zuschauer steigen dürfte. Wer selbst wie die Protagonistin Luise Jansen das sechste Lebensjahrzehnt erreicht hat, dürfte wohl eher empfänglich sein für die Probleme, mit denen sich die von Iris Berben dargestellte Molekularbiologin herumplagt.
Dass ihr in ihrem Leben etwas anscheinend ganz Elementares fehlt, merkt die zwar erfolgreiche, aber nicht übermäßig beliebte Wissenschaftlerin erst, als es urplötzlich vorbei ist mit der Karriere. Ein Missgeschick im Labor nimmt Luises Chef und vormaliger Liebhaber Professor Minsk (Bernhard Götz) zum willkommenen Anlass, um die Zicke vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Weil die Aussichten auf die kommende, nur von gelegentlichen Kreuzfahrten mit ihrer Mutter (Carmen-Maja Antoni) unterbrochene Langeweile der Forscherin ein Graus ist, besinnt sie sich plötzlich auf einen Wunsch, der auf den ersten Blick unmöglich zu verwirklichen scheint — sie will ein Kind bekommen, ein eigenes zumal. Da trifft es sich gut, dass sie aufgrund ihrer Tätigkeit im Forschungslabor noch einige eingefrorene Eizellen besitzt, die eigentlich nur noch auf den richtigen Samenspender warten. Der allerdings ist gar nicht so leicht zu finden – nur eines scheint sicher zu sein: Der Galerist Frans Winter (Edgar Selge), dem sie im Park begegnet und der eigentlich eher ein Auge auf deutlich jüngere Frauen geworfen hat, ist es sicher nicht. Viel eher schon dessen Sohn Max (Björn von der Wellen), den Luise via Internet ausfindig gemacht hat und den sie seitdem heimlich beobachtet. Doch erstens kommt es anders…

Trotz einiger recht wilder Volten ahnt man natürlich schnell, wie die Kabbeleien der beiden Streithähne enden werden, denn auch für fortgeschrittenere Semester gelten schließlich die gleichen Regeln wie bei den RomComs für jüngere Semester: „Was sich neckt, das liebt sich“. Dank teilweise sehr treffsicherer Dialoge und einer großartig aufspielenden Iris Berben, deren Rolle eine beachtliche Bandbreite mit zahlreichen Stärken und Schwächen aufweist, macht der Film über weite Strecken Spaß und ist erstaunlich kurzweilig.

Etwas mehr Probleme hat da schon Edgar Selge, dem das Drehbuch einige harte Nüsse zu knacken gibt. Diese bestehen weniger in den überwiegend ins karikaturenhaft abgleitenden Einfällen, die Winters panische Angst vor dem Alter illustrieren sollen als vielmehr in dessen nicht gerade grundsympathischem Charakter. Was die selbstbewusste und kluge Luise Jansen ausgerechnet an diesem präpotenten Stiesel finden soll, gehört zu den großen Rätseln der Geschichte – und es ist vor allem Selges wie stets engagiertem Spiel zu verdanken, dass man irgendwann diese Behauptung einfach schluckt.

Schade ist bei dieser temporeichen, aber handwerklich nicht immer souveränen Farce vor allem, dass dem unbestreitbaren Unterhaltungswert des Filmes dessen gesellschaftspolitische Fragestellungen geopfert werden: Der Diskurs über die alternde Gesellschaft und deren Jugendwahn dient hier vor allem der Belustigung. Frau Lewitscharoff muss sich für ihre steilen Thesen über künstliche Befruchtung also doch andere Verbündete suchen – und das ist auch gut so.

Miss Sixty

Die derzeit recht umstrittene Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff fände diesen Film vermutlich überhaupt nicht gut – ob das allerdings als Qualitäts(ausschluss)kriterium genügt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Überhaupt sollte man Sigrid Hoerners ziemlich überdrehte Komödie „Miss Sixty“ nicht allzu sehr auf tiefsinnige Diskurse abklopfen.
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