Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe (2013)

Eine Filmkritik von Melanie Hoffmann

Das Recht auf Liebe

Gabrielle ist Anfang 20 und das erste Mal verliebt. Sie hat Martin in dem Chor kennengelernt, in dem sie gemeinsam singen. Und Martin mag Gabrielle ganz offensichtlich auch sehr. Doch etwas ist anders bei den beiden. Der Chor ist der Chor einer Therapiegruppe, denn beide leiden unter einer geistigen Behinderung. Doch leiden sie wirklich darunter? Eigentlich sieht es ganz so aus, als würde es ihnen gut gehen und ihr Umfeld will sie nur in die Leidensrolle drängen. Gabrielle und Martin verbringen viel Zeit miteinander und in ihrem Heim macht sich darüber auch keiner der Sozialpädagogen Gedanken. Bis die beiden halbnackt und küssend in Martins Zimmer entdeckt werden. Sofort gibt es sehr entschiedene Stimmen von Seiten der Eltern gegen ein derartige Beziehung. Dabei könnte die Liebe doch so einfach sein.

Gabrielle hat das Williams-Beuren-Syndrom, das ihre kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigt und ihr ein kindliches Aussehen verleiht. Dessen ungeachtet oder vielleicht gerade desswegen ist sie der Sonnenschein ihrer Familie, bringt alle zum Lachen und strahlt selbst immer alle Probleme hinfort. Auch wenn ihre geistige Entwicklung nicht der einer „normalen“ Zwanzigjährigen entspricht, so hat sie doch den Drang sich zu verwirklichen und den Willen zur Selbständigkeit. Doch nach einem kleinen Küchenbrand in der Wohnung ihrer Schwester ist eine eigene Wohnung für die junge Frau in weite Ferne gerückt. Bleibt der Traum, gemeinsam mit dem Sänger Robert Charlebois aufzutreten, und tatsächlich will der mit dem Chor eine Benefizveranstaltung bestreiten. Und Martin?

Nicht nur in Deutschland ist die inklusive Pädagogik, also das gemeinsame Unterrichten von normalen und behinderten Kindern ein ganz aktuelles Thema. Diese kanadische Produktion verhilft dem Zuschauer auf ganz sanfte Weise die Sichtweise der oftmals Ausgegrenzten einzunehmen. Die fast intim wirkende Handkamera ist oft mitten im Geschehen dabei. Außerdem bleibt die Handlung ganz nah an der Protagonistin und hat keine ablenkenden Nebenstränge. Insbesondere der große Willen nach Selbständigkeit und das Unvermögen wirklich komplett eigenständig zu leben macht Gabrielle zu einer immerwährenden Teenagerin, die nicht erwachsen werden kann. Aber die Sehnsucht danach zu lieben und geliebt zu werden, das hingegen eint alle Menschen, gleich welchen Alters. Fertige Lösungen oder Antworten kann der Film nicht bieten, aber eine angeregte Diskussion auf Grundlage des Films ist gut möglich.

Besonders ehrlich und wahrhaftig wirkt der Film insbesondere durch die Wahl der Hauptdarstellerin Gabrielle Marion-Rivard. Sie hat das Williams-Beuren-Syndrom und spielt sich damit im Grunde selbst. Regisseurin und Drehbuchautorin Louise Archambault entwickelte den Film um Gabrielle herum, da Menschen mit kognitiver Einschränkung nur schwer etwas Fiktives spielen können. Sie lügen nicht und können auch niemand anderen darstellen. An Gabrielles Seite stand mit Alexandre Landry in der Rolle von Martin ein echter Schauspieler, der zugleich etwas die Schauspielregie übernahm, denn zwischen ihm und Gabrielle musste die Chemie stimmen. Alexandre musste sich konsequenterweise bereits einige Wochen vor Drehbeginn in den Chor und die Gruppe der Behinderten integrieren, damit er beim Dreh nicht als Fremdkörper von den anderen angesehen werden würde.

Obschon mit einer ambitionierten Botschaft versehen, ist Gabrielle — (k)eine ganz normale Liebe auch ein gutes Stück Unterhaltungskino. Die frankokanadischen Chansons, der Star Robert Charlebois und die zu Herzen gehende Geschichte gleiten glücklicherweise nicht ins Kitischige ab. Louise Archambault gelingt die Gratwanderung zwischen Botschaft und Unterhaltung wunderbar und nicht zuletzt dank der charmanten, unverdorbenen Gabrielle.
 

Gabrielle - (k)eine ganz normale Liebe (2013)

Gabrielle ist Anfang 20 und das erste Mal verliebt. Sie hat Martin in dem Chor kennengelernt, in dem sie gemeinsam singen. Und Martin mag Gabrielle ganz offensichtlich auch sehr. Doch etwas ist anders bei den beiden. Der Chor ist der Chor einer Therapiegruppe, denn beide leiden unter einer geistigen Behinderung. Doch leiden sie wirklich darunter?

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Elfi Lodemann · 17.04.2014

Alleine schon der Trailer hat mich sehr berührt ! Ich werde diesen Film auf jeden Fall anschauen !
Und ein Thema ,worüber sich jeder mal Gedanken machen sollte !