Magnus - Der Mozart des Schachs

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Einem Genie auf der Spur

Chennai, Indien im Jahr 2013. Der Weltmeisterschaftskampf im Schach steht unmittelbar bevor. Zwölf Partien zwischen dem 22-jährigen Magnus Carlsen und dem amtierenden Weltmeister Viswanathan Anand sind angesetzt, sie werden zu einer Auseinandersetzung zwischen Intuition und analytischem Denken. Doch zunächst geht der Dokumentarfilm Magnus von dem norwegischen Regisseur Benjamin Ree in die Kindheit von Magnus Carlsen. Videoaufnahmen zeigen einen kleinen Jungen, dazu erzählt dessen Vater aus dem Off, dass sie sich anfangs Sorgen um ihn gemacht hätten. Er schien körperlich weniger geschickt als gleichaltrige Kinder oder seine Schwestern. Magnus‘ Mutter ergänzt, dass sie immer den Eindruck hatte, Magnus müsse jede Bewegung erst durchdenken. Als er im Alter von 4 Jahren stundenlang einen Lego-Zug zusammenbaute, bewies er nicht nur Ausdauer, sondern saß anschließend stundenlang gedankenversunken auf dem Sofa, als müsse er nachträglich prozessieren, was er dort eigentlich getan habe. Als er ein Buch mit Wappen und Flaggen nach kurzer Zeit auswendig konnte, hatte sein Vater schließlich die Vermutung, dass sein Sohn gut mit Zahlen und Strukturen umgehen kann – und eventuell mal ein guter Schachspieler werden würde. Damit hat er recht behalten: Bereits mit 13 Jahren wurde Magnus jüngster Großmeister und errang ein Unentschieden mit dem damaligen weltbesten Schachspieler Garry Kasparov. Seither gehört er zu den besten Spielern der Welt – und ihm wurde im Mai 2014 die höchste Elo-Zahl zugeschrieben, die jemals vergeben wurde.
Gemäß einem biographischen Dokumentarfilm folgt Magnus dem Heranwachsen von Magnus Carlsen und nähert sich seinem Protagonisten mit Neugier und Sympathie. Sehr deutlich wird, dass Magnus‘ Eltern früh erkannt haben, dass ihr Sohn nicht nur ein außergewöhnliches Talent hat, sondern insbesondere Unterstützung braucht, damit umzugehen – nicht indem sie ihn antreiben, sondern ihm helfen, sich wohlzufühlen. Magnus spielt intuitiv Schach, wenn er auf das Schachbrett blickt, ergeben sich Muster und Strukturen, die in dem Film teilweise symbolisiert werden. Deshalb ist für ihn entscheidend, dass er entspannt ist, wenn er spielt, sonst fließen seine Kreativität und Imagination nicht und er verliert. Hierbei helfen ihm seine Schwestern, für die er – im Gegensatz zu seinen Schulkameraden – nicht ein Sonderling war, der Schach spielte, sondern einfach ihr Bruder, mit dem sie spielten. Daher begleiten sie ihn teilweise auf Reisen, albern herum und machen, was Geschwister eben tun.

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Fast mühelos gelingt Magnus, was zuletzt der fiktionale Schachfilm Bauernopfer – Spiel der Könige nicht vollbrachte: Er erzählt von der Faszination für dieses Spiel und einem spannenden Weltmeisterschaftskampf, obwohl dessen Ausgang weithin bekannt ist und kommt dabei der Spielweise von Magnus Carlsen näher, der stets versucht, seine Gegner durch Züge von ihrem System oder erlernten taktischen Zügen abzubringen. Es gelingt Benjamin Ree, seinen Protagonisten, der von vielen als „Mozart des Schach“ bezeichnet wird, trotz aller bemerkenswerten und erstaunlichen Fähigkeiten als jungen Menschen zu zeigen, der mit der Welt und den Erfordernissen der Industrie bisweilen hadert, aber insbesondere von seiner Familie und Freunden am Boden gehalten wird. Kritische Töne kommen in diesem Dokumentarfilm indes nicht vor, vielmehr folgt er weitgehend der Narration von Magnus‘ Vater. Dadurch ist nicht zu sehen, ob es Konflikte innerhalb der Familie gibt, ob Magnus jemals mit seinem Talent haderte, ob er eine Freundin hatte, ob die vielen Familienfilme auf ein Hobby des Vaters zurückzuführen sind oder ob er bereits ahnte, dass sie einst von besonderem Interesse sein könnten. Da der Film jedoch niemals eine Perspektive von außen einnimmt, sondern stets innerhalb der Familie bleibt, funktioniert er während seiner Laufzeit tadellos – und diese Fragen stellen sich erst im Nachhinein ein.

Magnus - Der Mozart des Schachs

Chennai, Indien im Jahr 2013. Der Weltmeisterschaftskampf im Schach steht unmittelbar bevor. Zwölf Partien zwischen dem 22-jährigen Magnus Carlsen und dem amtierenden Weltmeister Viswanathan Anand sind angesetzt, sie werden zu einer Auseinandersetzung zwischen Intuition und analytischem Denken.
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